Prisma

Im Augenblick verfliegt die Zeit

Wie die Bildwahrnehmung mit unserem ­Zeitempfinden zusammenhängt

Foto: DenisNata – stock.adobe.com

us | Alle Eltern kennen die Frage: „Wann sind wir endlich da?“ Und meistens lautet die Antwort: „Gleich, es dauert nicht mehr lang.“ Was für einen Erwachsenen eine kurze Autofahrt ist, kann einem Kind wie eine kleine Ewigkeit erscheinen. Dieses Phänomen verstärkt sich mit dem Alter, die Tage erscheinen immer kürzer, obwohl die mit der Uhr messbare Zeit immer gleich schnell fließt. Verantwortlich dafür ist die Rate, mit welcher der Verstand Veränderungen der Umgebung wahrnimmt. Wechselt das wahrgenommene Bild, signalisiert dies dem Verstand, dass Zeit vergeht. Ein junges Gehirn verarbeitet an einem Tag mehr Bilder als ein älteres Gehirn. Ein Grund dafür ist, dass der Weg, den ein Reiz vom Sinnesorgan bis zum Cortex zurücklegt, umso weiter ist, je größer und komplexer der Organismus ist. Außerdem sinkt die Geschwindigkeit und Effizienz der Signalweiterleitung mit dem Alter. Auch Augenbewegungen, auch Sakkaden genannt, spielen eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Bildern. Unter normalen Bedingungen machen Erwachsene in einer Sekunde drei bis fünf Augenbewegungen, unterbrochen von fixierenden Perioden von 200 bis 300 Millisekunden. Bei Kindern sind die Fixierungszeiten kürzer, sie nehmen also mehr Bilder auf als ältere Menschen, bei denen mit zunehmendem Alter die Präzision der Sakkaden sinkt und die Latenz steigt. Ermüdung führt zu verlängerten oder überlappenden Sakkaden. Wer vor einer Prüfung die Nacht durchbüffelt, muss also damit rechnen, dass die Prüfungszeit schneller verfliegt als für den ausgeruhten Schüler. |

Literatur

Bejan A (2019) Why the Days Seem Shorter as We Get Older. European Review 27:187–194. doi:10.1017/S1062798718000741

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