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DAZ aktuell
Gewappnet für den Stich in der Apotheke
Der Weg zur Zusatzqualifikation Grippeschutzimpfung
Die Lizenz zum Impfen
Die gesetzlichen Grundlagen für die Grippeschutzimpfung in deutschen Apotheken traten schon am 1. März 2020 mit dem Masernschutzgesetz in Kraft. Seitdem legt der Gesetzgeber im § 132j SGB V auch den sozialrechtlichen Rahmen für die Schulungen fest, die Apotheker vor dem Impfen durchlaufen müssen. Am 10. September 2020 verabschiedete die Bundesapothekerkammer das Curriculum für die Zusatzqualifikation „Grippeschutzimpfung in öffentlichen Apotheken – Theorie und Praxis“. In neun Stunden unterrichten impferfahrene Ärzte die Teilnehmer zur Immunisierung gegen Influenza. Die Zertifikate der Zusatzqualifikation werden mindestens über den Zeitraum der Modellprojekte (bis zu fünf Jahre) gültig sein.
Die Grippe in der Theorie
Die Themen der ersten beiden Seminarblöcke bieten einige Apothekerkammern aktuell als Webinare an. Diese Vorträge dürfen auch von Apothekern gehalten werden. Das erste Seminar beleuchtet die Theorie hinter der Influenza. Wie sind Influenza-Viren aufgebaut, wie verbreitet ist die Grippe und wie therapieren Mediziner erkrankte Patienten? Das Seminar dauert circa eine Stunde.
Die Bedeutung des Impfens als Webinar
Im zweiten Theorie-Webinar stellen die Dozierenden in etwa zwei Stunden Informationen zur Impfung vor, die Apotheker einerseits für die medizinische Betrachtung und andererseits für die Praxis benötigen. Neben der Pharmakologie hinter der Immunisierung stehen auch Impfquoten, rechtliche Grundlagen wie das Infektionsschutzgesetz sowie Anregungen zur weiteren Informationsbeschaffung auf der Agenda. Mehr Wissenswertes zur Grippeschutzimpfung finden Sie in unserem Influenza-Schwerpunkt in der DAZ 2020, Nr. 38, S. 46.
Anamnese stellen und beraten
Die Praxisseminare nehmen insgesamt eine Zeit von sechs Stunden in Anspruch und müssen als Präsenzveranstaltungen mit maximal 25 Teilnehmern organisiert werden. Sie beginnen mit einer kurzen Lernerfolgskontrolle, in der die Teilnehmer Fragen zu Inhalten der beiden theoretischen Seminare beantworten. Zunächst vermitteln die schulenden Ärzte die Impfanamnese, mit der Apotheker feststellen, ob ein Patient für die Vakzination in der Apotheke infrage kommt (siehe Kasten). Wenn alle Ein- und Ausschlusskriterien erfüllt sind, wird ihnen in diesem dritten Block der Zusatzqualifikation vermittelt, welche Aspekte sie in der Beratung vor der Vakzination ansprechen. Auch Fragebögen oder Hilfsmittel bei Sprachbarrieren können Apotheker bei der Patientenaufklärung nutzen, diese ersetzen aber niemals das unmittelbare Gespräch.
Ausschlusskriterien beim Impfen
Folgende Patienten sollten Apothekerinnen und Apotheker nicht in der Apotheke impfen, sondern an den behandelnden Arzt überweisen:
- Personen mit akuten bzw. fieberhaften Infekten (> 38,5°C)
- antikoagulierte Patienten (z. B. Patienten mit Marcumar®-Therapie)
- schwangere Patientinnen
- geplante Operation innerhalb der nächsten drei Tage
- Überempfindlichkeit gegen einen Inhaltsstoff
Die ideale Injektion
Der vierte Teil der Schulung „Durchführung der Grippeschutzimpfung“ bildet wohl das Herzstück der Schulung. Dabei behandeln die Dozierenden zunächst die logistischen und räumlichen Anforderungen an die Apotheke vor der ersten Impfung. Dann üben und erproben die approbierten Apotheker unter Anleitung des Arztes die richtige Technik für die schmerz- und komplikationsfreie Impfung. Auch die Vor- und die Nachbereitung inklusive Dokumentation stellen die Ärzte in diesem Unterrichtsblock vor. Die meisten Teilnehmer werden in diesem Teil der Zusatzqualifikation ihre ersten Patienten – die eigenen Kollegen – impfen. Deswegen sollten sie vorab ihren Hepatitis-B-Status überprüfen und sich gegebenenfalls dagegen impfen lassen.
Mit dem Poster „Intramuskuläre Injektion in den Musculus deltoideus“ als Beilage in dieser Ausgabe der DAZ haben Sie die Technik für den perfekten Piks immer blickbereit.
Gewappnet für den Notfall
Auch wenn schwere Impfreaktionen bei der Grippeschutzimpfung sehr selten vorkommen, müssen impfende Apothekerinnen und Apotheker auf sie vorbereitet sein. Der Gesetzgeber fordert in § 132j Abs. 5 Nr. 3, dass diese Kompetenz impfenden Apothekern vermittelt wird. Die erfahrenen Ärzte erläutern in der Schulung, wie Apotheker für die Praxis einen Notfallplan erstellen, die Vitalfunktionen und das Bewusstsein eines Patienten testen sowie Erste Hilfe bei anaphylaktischen Reaktionen leisten können (im Bild: Injektion von Adrenalin). Die Notfallmaßnahmen, die die Mediziner an die Apotheker vermitteln, stellen eine qualifizierte Erste Hilfe dar. Mit diesen Maßnahmen würden Apotheker im Notfall rechtlich nicht Gefahr laufen, unzulässig die Heilkunde auszuüben.
Wo Kammern heute schulen
Die deutschen Städte sind voll von Plakaten der Bundesregierung, die die Bevölkerung zur Grippeschutzimpfung aufrufen. Das Ziel, mithilfe der Apotheker die Impfquoten zu erhöhen, gelingt erst in wenigen Regionen Deutschlands, da die Verhandlungen mit Krankenkassen sich vielerorts in die Länge ziehen.
Die Vertragspartner der Modellvorhaben wie Apothekerverbände und Krankenkassen schließen für die Zusatzqualifikation Verträge mit Anbietern von Schulungen, die nicht zwingend die Landesapothekerkammern sein müssen. Da das Schulungskonzept im Vertrag zu einem Modellvorhaben mit vereinbart sein muss, geben viele Vertragspartner erst ihr Schulungsangebot bekannt, nachdem ein Vertrag geschlossen wurde. Aktuell bieten die Apothekerkammern im Saarland, in Nordrhein, in Niedersachsen und in Bayern erste Schulungen an. Doch bald könnten weitere folgen.
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