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Therapien im Gespräch
Gegen die Hoffnungslosigkeit
Neue Therapieansätze versprechen Hilfe bei Depressionen
Sprühen gegen Depressionen? Das verspricht zumindest das Esketamin-haltige Nasenspray Spravato® (s. DAZ 10, S. 42). Der Wirkstoff, der ursprünglich aus der Anästhesie bekannt ist, soll die Ausschüttung von Neurotrophinen, den Wachstumsfaktoren von Neuronen, stimulieren und so die bei einer Depression gestörten Synapsenfunktionen wiederherstellen. Bereits im Dezember 2019 hat das Nasenspray grünes Licht von der Europäischen Kommission bekommen. Durch die Zulassung kann es somit zusammen mit einem selektiven Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI) oder einem selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) bei einer therapieresistenten Major Depression eingesetzt werden. Leider lässt die Nutzenbewertung durch den gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) immer noch auf sich warten, sodass der Hersteller Spravato® bis heute noch nicht auf den deutschen Markt gebracht hat. Jeder Applikator des Nasensprays enthält genau 28 mg Esketamin, wovon jeweils 14 mg in jedes Nasenloch gesprüht werden müssen. In der Apotheke sollte daher bei einer Abgabe in der Zukunft darauf hingewiesen werden, dass auf keinen Fall zuvor ein Funktionstest des Nasensprays durchgeführt werden darf. Als häufigste Nebenwirkungen wurde über Schwindel, Übelkeit, Dissoziationen, in einzelnen Fällen auch von Euphorie und Halluzinationen berichtet. Um einem Missbrauch vorzubeugen (Esketamin ist auch in der Partyszene beliebt), soll das Spray ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden.
Wie uns Prof. Dr. med. Malek Bajbouj, Charité Berlin, berichtet hat, wird Ketamin in intravenöser Form bereits bei Patienten angewendet, die nicht ausreichend auf anderen Antidepressiva oder Psychotherapie angesprochen haben. Jedoch kann es auch unter dieser Therapie zu Rückfällen kommen, es wird seiner Meinung nach daher kein Wundermedikament darstellen. Einen großen Vorteil in dem Nasenspray sieht der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie jedoch in der Applikationsform.
Faltenfrei und sorgenlos?
Einen weiteren spannenden Ansatz der Depressionstherapie stellen Botulinumtoxin-Injektionen dar (s. DAZ 45, S. 42), die seit Langem in der kosmetischen Medizin zur Bekämpfung von Falten eingesetzt werden. Bereits in Studien zuvor konnte ein antidepressiver Effekt des hochgiftigen Proteins, das ursprünglich aus der Bakterienspezies Clostridium botulinum stammt, ausgemacht werden. Erstmals wurde dieses Jahr dieser Effekt auch an Probanden gesehen, die die Injektion nicht in die Glandulafalte zwischen den Augen bekommen hatten, sondern bei denen das Nervengift aufgrund verschiedener Indikationen (z. B. Blasenfunktionsstörungen, Spasmen, Hyperhidrose) an anderen Orten appliziert wurde. Der genaue Wirkmechanismus ist weiterhin unklar. Jedoch wird das Nervengift bereits im Off-Label-Use an der Asklepios-Klinik in Hamburg verwendet, wie uns Priv.-Doz. Dr. Marc Axel Wollmer im Interview verraten hat. Die Botox-Therapie sollte aber keinen Ersatz für Antidepressiva darstellen, sondern vielmehr als zusätzlicher Baustein zu anderen Behandlungsoptionen gesehen werden. Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass der antidepressive Effekt, ähnlich wie der Antifalteneffekt, etwa vier Monate anhält. Damit Botulinumtoxin offiziell zur Behandlung von Depressionen zugelassen werden kann, bedarf es weiterer randomisierter kontrollierter Studien. Es bleibt also spannend, im Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit. |
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