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Die Seite 3
Grippeschutz dank Coronaviren
35.712 labordiagnostisch bestätigte Infektionen, davon 7356 Hospitalisierungen, 57 Todesfälle – nein, keine Panik! Die Coronaviren stecken nicht dahinter. Es handelt sich um die Zahlen, die das Robert Koch-Institut Woche für Woche zum Verlauf der Influenzavirus-Infektionen 2019/2020 in Deutschland veröffentlicht und die den Stand seit der 40. Meldewoche 2019 bis zum 31. Januar 2020 wiedergeben. Betrachtet man dagegen die 43.119 weltweit erfassten und bestätigten Coronavirus-Fälle mit 974 Todesfällen allein in dem von der Epidemie am stärksten betroffenen Gebiet in der chinesischen Provinz Hubei und 1018 Todesfällen insgesamt (Stand 11. Februar 2020), dann werden die Dimensionen deutlich.
Ungeachtet dessen scheint die Angst hier in Deutschland vor Coronavirus-Infektionen wesentlich größer zu sein als vor der echten Grippe, vor der uns doch eine Impfung schützen könnte und die heute immer noch sinnvoll ist, weil der Höhepunkt der Grippewelle noch nicht erreicht ist.
Prof. Dr. Thoma Weinke vom Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam hat beim diesjährigen Pharmacon in Schladming eindrucksvoll erklärt, wie Influenzavirus-bedingte Entzündungsprozesse Gefäße schädigen und so die kardiovaskuläre Mortalität erhöhen (s. DAZ 2020, Nr. 5, S. 65). Eine Influenzaimpfung kann davor schützen und darüber hinaus auch vor lebensbedrohlichen Superinfektionen wie bakteriellen Pneumonien, so seine Botschaft.
Sie wurde nun auch von Pharma-Fakten, einer Initiative der Arzneimittelhersteller in Deutschland, aufgegriffen: „Grippeschutzimpfung dringend empfohlen, auch bei Herzerkrankungen und wegen Coronavirus“, so der Titel einer Pressemitteilung. Während die Empfehlung „bei Herzerkrankung“ durchaus nachvollziehbar ist, irritiert der Bezug zu den Coronaviren und macht neugierig. Am Ende des Textes erfolgt dann die Auflösung: Wegen der ähnlichen Symptomatik einer Coronavirus- und Influenzavirus-Infektion – trockener Husten, Fieber, Muskelschmerzen, Atemnot – bestehe die Gefahr, dass „Influenzapatienten“ unter Coronavirus-Verdacht geraten und irrtümlich auf einer für Coronavirus-Infizierte vorgesehenen Isolierstation landen könnten. Aha – ja, davor könnte dann eine Influenzaimpfung schützen!
Irgendwie absurd, dass anstelle von auf der Hand liegenden Zahlen und Fakten nun die übertriebene Angst für eine hierzulande wesentlich geringere Bedrohung genutzt werden muss, um Menschen von einer lebensrettenden Impfung zu überzeugen. Influenzaschutz dank Coronaviren! Nun gut, der Zweck heiligt die Mittel. Und das könnte sogar noch auf anderer Ebene gelingen:
Denn die Sorge vor einer Ansteckung mit Coronaviren und die Beherzigung von Hygienemaßnahmen (s. S. 20) können durchaus den positiven Nebeneffekt haben, dass die eine oder andere Influenzainfektion verhindert wird.
Doris Uhl
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