Foto: Romolo Tavani – stock.adobe.com

Management

Wertschätzung – mehr als eine Floskel?

Wie Apothekenleiter ihre Kunden und Mitarbeiter überzeugen können

Wertschätzung – davon ist oft die Rede. Der Begriff droht zur Floskel zu verkommen. Was bedeutet eine wertschätzende Haltung wirklich? Apotheken­leiter, die ihre Mitarbeiter und ihre Kunden wahrhaft wertschätzen wollen, können an vielen Punkten ansetzen.

Wertschätzung ist eine Frage der Haltung und der Einstellung. Für Apothekenleiter spielt sie gleich in zweifacher Hinsicht eine bedeut­same Rolle: Sie wollen sowohl den Kunden als auch den Mitarbeitern wertschätzend begegnen.

Wertschätzende Kunden­beziehungen

Wertschätzende Apothekenleiter versuchen, zu den Kunden ein stabiles Vertrauensverhältnis aufzubauen, das möglichst zu einer lebenslangen Kundenbeziehung führt. Zentral ist das Erfahrungsvertrauen: Der Apothekenleiter – und seine Mitarbeiter – belegen durch ihre aktiven Handlungen, dass und wie sie den Kunden wertschätzen. Sie verhelfen dem Kunden im Gespräch und in der Beratung zu der spürbaren Erfahrung, dass er, der Kunde, im Moment des Kundenkontakts für das Apothekenteam der wichtigste Mensch auf der Welt ist.

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In Wertschätzung steckt Schatz und Wert – um das mit Leben zu füllen, könnte man sich immer wieder fragen, wie sehr man Kunden, Mitarbeiter und sein Umfeld schätzt. Und wie man das wirklich zeigen kann.

Dies gelingt durch eine dienende Haltung. Damit ist allerdings keine unterwürfige Demut gemeint, sondern vielmehr die strikt kundenzentrierte Einstellung, sich mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür zu engagieren, die Wünsche und Erwartungen des Kunden zu 100 Prozent zu erfüllen.

Ob dies tatsächlich funktioniert, ist eine andere Frage, entscheidend ist die Haltung, es zu versuchen und sich die dafür notwendigen Kompetenzen anzueignen.

Das Individuum sehen

Welche konkreten Handlungen führen dazu, dass sich der Kunde wertgeschätzt fühlt? Es beginnt schon bei der Begrüßung: Indem der Apothekenleiter den Kunden namentlich begrüßt, zeigt er, dass er ihn als Individuum wahrnehmen und wertschätzen möchte. Bei Neukunden könnte eine der ersten Frage lauten: „Wie heißen Sie?“ Wahrscheinlich ist dies in der Alltagsrealität nicht bei jedem Kunden möglich, zumal es durchaus auch problematische Kundenbeziehungen gibt. Allerdings: Wiederum zählt die entsprechende Absicht – der Apothekenleiter hat es sich zum Ziel gesetzt, in jedem Kunden eine Persönlichkeit zu sehen, der er einen größtmöglichen Nutzen stiften und absolute Topqualität bieten will.

Die Welt des Kunden betreten

Das Streben nach Vollkommenheit insbesondere bei den Service­aktivitäten des Apothekenteams stellt einen elementaren Wertschätzungs-Faktor dar. Mit Serviceaktivitäten sind Handlungen gemeint, die über die reine Rezeptbelieferung hinausgehen: die professionelle Beratung, auch im OTC- und Freiwahlbereich; das Angebot, die Bestellung nach Hause zu liefern; das Angebot, nach Terminabsprache ein kundenindividuelles Be­ratungs­gespräch mit einem bestimmten Mitarbeiter zu führen, der sich – zum Beispiel – auf Hautprobleme oder Asthma spezialisiert hat und die spezi­fischen Fragen des Kunden dazu beantworten kann.

Wertschätzung im Umgang mit Kunden entsteht, wenn der Apothekenleiter mit einem hohen Maß an fachlichem und methodischem Know-how ausgestattet ist und als integre Persönlichkeit mit gesundem Menschenverstand, Wahrhaftigkeit und sensiblem Fingerspitzengefühl die Welt des Kunden betreten und sich dessen Wahrnehmungsbrille aufsetzen kann.

Natürlich: Das ist ein anspruchsvolles Qualifikationsprofil. Aber Apothekenleiter, die sich durch eine wertschätzende Haltung von der Konkurrenz abheben wollen, sind bestrebt, es Schritt für Schritt zu realisieren.

Menschen arbeiten meistens dort gern und mit Freude, Herzblut und Leidenschaft, wo sie und ihre Arbeit anerkannt werden und ein angenehmes Betriebsklima existiert.

Wertschätzende Mitarbeiterbeziehungen

Immer wieder belegen Umfragen und Studien, dass für Mitarbeiter weniger das Gehalt ein wichtiger Zufriedenheitsfaktor ist, sondern vor allem das Verhältnis zu den Kollegen und den Vorgesetzten. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group hat zusammen mit StepStone und The Network in einer weltweiten Befragung von mehr als 366.000 Menschen herausgefunden, dass in der Rankingliste der zehn wichtigsten Jobfaktoren für Berufstätige in Deutschland die Wertschätzung auf Platz 1 rangiert, das gute Verhältnis zu den Kollegen folgt auf Platz 2.

Für Apothekenleiter heißt das: Es liegt in ihrem ureigenen Interesse, den Mitarbeiter wahrhaftige Wertschätzung entgegenzubringen. Denn Menschen arbeiten meistens dort gern und mit Freude, Herzblut und Leidenschaft, wo sie und ihre Arbeit anerkannt werden und ein angenehmes Betriebsklima existiert. Der Apothekenleiter sollte darum die Wertschätzung der Mitarbeiter in den Mittelpunkt seiner Führungsarbeit stellen.

Begründete Anerkennung und konstruktive Kritik

Die begründete Anerkennung und das ernsthaft gemeinte Lob, mit dem der Apothekenleiter zeigt, dass er die exzellenten Leistungen eines Mitarbeiters wahrgenommen hat, gehören zu den wichtigen Wertschätzungs-Faktoren im Umgang mit dem Apothekenteam. Vielleicht ist es sogar möglich, einen Mitarbeiter bei Topleistungen zum „Mitarbeiter des Monats“ zu küren, dem verbalen Lob also eine Anerkennung folgen zu lassen, die zu dessen Reputation beiträgt. Noch zielführender ist es, das gesamte Team auszuzeichnen und erreichte Ziele mit einem gemeinsamen Essen oder einem Betriebsausflug zu belohnen.

Eine dezidierte Feedbackkultur trägt gleichfalls zur wertschätzenden Atmosphäre bei: Indem der Apothekenleiter konsequent und regelmäßig im Mitarbeitergespräch und in Sitzungen Rückmeldungen gibt, belegt er, dass er Leistungen wahrnimmt – sowie Fehler und Rückschläge. Denn Feedback gibt es auch, wenn etwas nicht optimal läuft. Kritik kann ein Zeichen der Wertschätzung sein – wenn das Feedback zielführend und förderlich ist und in die Zukunft gerichtete Verbesserungen intendiert. Neben das begründende Lob tritt die konstruktive Kritik.

In Fortbildung investieren

Fort- und Weiterbildung ist ein weiteres Feld, auf dem der Apothekenleiter den Mitarbeitern seine Wertschätzung zeigen kann: „Sie liegen mir so sehr am Herzen, dass ich Sie bei Ihrer beruf­lichen und persönlichen Weiterentwicklung tatkräftig unterstützen will!“ – so das Signal, das er verstärken kann, indem er im ­Beurteilungs- und Fortbildungsgespräch gemeinsam mit dem Mitarbeiter die Fort- und Weiterbildungsinitiativen plant und festlegt. Mitarbeiter reagieren meistens erfreut, wenn sie merken, dass der Chef ihnen helfen will, Stärken weiter aus­zubauen und Kompetenzdefizite auszugleichen. Ratsam ist es daher, ihnen regelmäßig einen Kompetenz-Check anzubieten.

Bleibt die Möglichkeit, Wertschätzung mithilfe eines ausgeprägten Delegationsmanagements unter Beweis zu stellen. Dazu überträgt der Apothekenleiter den Mitarbeitern verantwortungsvolle Auf­gaben: „Ich traue Ihnen zu, dies eigenständig und in Selbstverantwortung zu erledigen!“

Fazit

Mit all diesen Maßnahmen füllt der Apothekenleiter den Begriff „Wertschätzung“ mit Leben – im Umgang mit den Kunden und den Mitarbeitern. So darf er mit Recht hoffen, durch Wertschätzung auch die Wertschöpfung positiv zu beeinflussen. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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