Gesundheitspolitik

Strafverfahren gegen Bellartz vorläufig eingestellt

Apotheke-Adhoc-Herausgeber muss 52.800 Euro zahlen

ks | Thomas Bellartz, früherer Pressesprecher der ABDA und heutiger Apotheke-Adhoc-Herausgeber, könnte um eine Neuauflage des „Datenklau-Prozesses“ vor dem Landgericht Berlin herumkommen. Nach Auskunft der Gerichtssprecherin wurde das Verfahren vor­läufig eingestellt – Bedingung für die endgültige Einstellung ist, dass ­Bellartz binnen vier Monaten 52.800 Euro zahlt.
Foto: Philipp Külker

Thomas Bellartz 2019 im Gericht

Es ist schon mehr als zehn Jahre her, dass Bellartz, damals ABDA-Pressesprecher, aber auch schon mit dem Portal Apotheke Adhoc aktiv, mit dem Systemadministrator Christoph H. auf Spurensuche im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ging. Christoph H. war dort als externer IT-Fachmann beschäftigt und hatte in seiner Funktion relativ leichten Zugriff auf E-Mails und sonstige elektronisch gespeicherte Informationen diverser Ministeriumsmitarbeiter. Auch wenn die technischen Hürden für ihn gering gewesen sein mögen: Diese Interna waren keinesfalls für ihn bestimmt und auch nicht gänzlich ungeschützt. Doch H. zapfte sie ab – die entsprechenden Aufträge gab ihm Bellartz, der ihn dafür bezahlte.

Nach langjährigen Ermittlungen startete im Januar 2018 der Strafprozess gegen die beiden Männer vor dem Landgericht Berlin. Ihnen wurde vorgeworfen, gemeinschaftlich Daten aus dem BMG ausgespäht zu haben (§ 202a StGB). Auch die Beweisaufnahme im Prozess zog sich in die Länge. Erst im April 2019 sprach das Gericht sein Urteil. Bellartz wurde zu 300 Tagessätzen zu je 220 Euro verurteilt – 60 Tagessätze davon galten bereits als vollstreckt. Der mitangeklagte H. wurde überdies wegen weiterer Straftaten verurteilt, etwa einem Wohnungseinbruch, mit denen Bellartz nicht in Verbindung stand. Er erhielt eine Freiheitsstrafe.

Bundesgerichtshof: Anstifter statt Mittäter

Bellartz und H. wollten das Urteil nicht akzeptieren und gingen in Revision. Doch der Bundesgerichtshof entschied im Mai vergangenen Jahres nicht in ihrem Sinne: H.s Revision wurde gänzlich verworfen – nur weniger Geld aus seinen Taterträgen muss er zurückzahlen. Und das Urteil gegen Bellartz wurde zwar aufgehoben, aber zugleich wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

Der Karlsruher Strafsenat machte in seinem Beschluss deutlich, dass er keine Zweifel hat, dass H. den Tatbestand des Ausspähens von Daten erfüllt hatte. Allerdings war er nicht davon überzeugt, dass das Landgericht Bellartz als Mittäter von H. qualifiziert hatte. Mittäterschaft heißt, aufgrund eines gemeinsamen Tatplans die Tatausführung gemeinsam zu verwirklichen. Dazu erklärte der Senat: „Auf die konkrete Tatbegehung, das Aus­spähen von Daten, hatte der Angeklagte B. keinen Einfluss und konnte auch keinen nehmen. Ihm war auch nicht bekannt, wie H. eine mögliche Zugangssicherung überwinden würde; er nahm allein an, dass dieser dabei möglicher­weise würde ‚tricksen‘ müssen.“ Zwar habe er ein erhebliches In­teresse am Taterfolg und durch die Bezahlung sowie die konkrete Nennung der auszuspähenden Postfächer auch Einfluss auf H.s Tat gehabt. Damit unterscheide er sich aber nicht von anderen Fällen am Taterfolg interessierter Anstifter, denen es an der Einflussnahme auf die konkrete Tathandlung fehle. Sprich: Der Bundesgerichtshof geht von einer Teilnahmehandlung statt Mittäterschaft aus. Allerdings: Sowohl Mittäter als auch Anstifter sind gleich dem Täter zu bestrafen.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss erwogen, selbst den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Anstiftung zu ändern. Doch letztlich sah er sich daran gehindert (durch § 265 Abs. 1 StPO): Es sei nämlich nicht gänzlich ausgeschlossen, dass sich Bellartz gegen diesen Vorwurf „anders – und zwar erfolgreicher – als bislang geschehen verteidigt hätte“.

Und so ging die Causa Bellartz zurück ans Landgericht Berlin, wo man fortan auf eine neue Terminierung wartete. Das ohnehin überlastete Strafgericht hatte nun auch mit der Corona-Pandemie zu kämpfen, Verfahren, die keine Haftsachen waren, hatten keine besondere Priorität.

Einstellung unter Auflagen

Nun erklärte die Sprecherin des Berliner Landgerichts, dass das Verfahren gegen Thomas Bellartz am 12. April 2021 mit Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten vorläufig eingestellt wurde. § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung ermöglicht eine solche Einstellung unter Auflagen. Bellartz wurde aufgegeben, „zur Beseitigung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung binnen vier Monaten 52.800,00 Euro an die Kosteneinziehungsstelle der Justiz zu zahlen“, so die Sprecherin.

Diese Summe entspricht exakt der Höhe der ursprünglichen Geldstrafe, die der Bundesgerichtshof mit seinem Beschluss aufgehoben hatte. Sollte Bellartz diesen Betrag binnen der Frist vollständig zahlen, würde das Verfahren endgültig eingestellt werden. Der Apo­theke-Adhoc-Herausgeber müsste damit zwar genau so viel zahlen, wie das Gericht wollte – doch ihm blieben weitere Gerichtstermine erspart. Und vor allem: Nach einer Verfahrenseinstellung gilt er nicht als vorbestraft. |

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