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Management

Der Apotheker als Manager

Aus der Praxis für die Praxis – Teil 1: Sich selbst organisieren

Vielleicht kennen Sie das Gefühl der ständigen Hetze und der gleichzeitigen frustrierenden Erkenntnis, immer mehr vor sich herzuschieben, der Angst, Wichtiges zu vergessen und die daraus resultierende innere Unruhe und Unzufriedenheit. Als Unternehmer oder Führungskraft wird Ihnen das nicht fremd sein. Bilder eines Hamsterrades, in dem wir uns täglich müde laufen, kommen uns dabei in den Sinn.

In regelmäßiger Folge werden an dieser Stelle Themen des Managements für Apotheker behandelt. Autor ist Herr Ralf König, Vorstand der GUB AG, einer Beratungsgesellschaft mit jahrzehntelanger Erfahrung im Gesundheitswesen, insbesondere im Bereich Coaching und Organisation.

Das erste Kapitel behandelt Fragen der Selbstorganisation.

Nachfolgend möchte ich Ihnen ein paar einfache Regeln vorstellen, die Ihnen dabei helfen können, etwas dagegen zu tun:

REGEL 1: Erfassen Sie Ihre Ressourcen, Ihre Aufgaben und Termine und ordnen Sie diese

Legen Sie sich einen Wochenplan an, tragen Sie Ihre tägliche Verfügbarkeit ein, und buchen Sie täglich zu Beginn des Tages 10 bis 15 Minuten mit sich selbst, wo Sie Ihren Tag reflektieren und falls möglich aufgrund aktueller Ereignisse den ursprünglichen Plan anpassen. Dann tragen Sie die festen Termine ein, an denen Sie teilnehmen wollen oder müssen (z. B. Teammeeting etc.). Planen Sie auch feste Zeiten ein, zu denen Sie in der Apotheke für Ihre Kunden „sichtbar“ sind.

Ein Serientermin für regelmäßige Verpflichtungen füllt (wenn Sie z. B. Outlook nutzen) die restlichen Wochen des Jahres automatisch. Den Rest der Woche füllen Sie dann mit der Zeit, die Sie für die Erledigung Ihrer anderen Aufgaben brauchen.

Das setzt voraus, dass sich alle Aufgaben, die Sie zu erledigen haben, vollständig in einem „Wartezimmer“ (z. B. Outlook Aufgabenliste) vergleichbar einer Arztpraxis befinden.

Dort tragen Sie alle Aufgaben, am besten zeitnah, ein, legen eine Priorität und einen Erledigungstermin fest.

Bei vorgegebenen Erledigungs­terminen sollten Sie für sich einen etwas früheren Termin vermerken, um einen Puffer zu haben. Überhaupt sind Puffer ein wich­tiges Element für ein etwas stressfreieres Dasein. Versuchen Sie auch grob, eine voraussichtliche Erledigungszeit (in Minuten oder Stunden) für die jeweilige Aufgabe einzutragen.

Nach diesen Schritten wissen Sie, wie viel Zeit Sie in der laufenden Woche für die Aufgabenerledigung haben, wie groß Ihr Aufgabenberg aktuell insgesamt ist und welche Aufgaben zeitkritisch sind.

Hüten Sie sich aber davor, sich vollständig zu verplanen. Ein Viertel Ihrer Arbeitszeit sollte unverplant bleiben.

Ich versichere Ihnen, dass Sie dort trotzdem keine Langeweile haben werden, da genug Unvorhergesehenes auf Sie wartet.

Prüfen Sie immer wieder die Prioritäten Ihrer Aufgaben und über­legen Sie, was Sie gegebenenfalls an andere delegieren können. Nicht alles muss an Ihnen hängen.

Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mit­arbeiter Ihnen Aufgaben abnehmen können. Unterstützen Sie sie dabei, solche Delegationsaufgaben qualifiziert übernehmen zu können. Und vor allem geben Sie nicht zu früh auf: „Der kann das nicht, ich muss es doch wieder selbst machen.“ Geben Sie Aufgaben auch immer mit Termin und Priorität an den Betroffenen weiter. Gewöhnen Sie Ihr Umfeld an klare Kommunikation und einheitliche Terminologie.

„Wenn Sie Zeit haben, kümmern Sie sich bitte um …“ hört sich anders an als „Bitte erledigen Sie das bis spätestens …“.

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Kennen Sie das: Dauernd ist man beim Multitasking, die Aufgaben wollen nicht weniger werden, man hetzt und hetzt... Die gute Nachricht: Mit gutem Selbstmanagement kann es gelingen, das Hamsterrad zu verlassen.

REGEL 2: Nutzen Sie Ihre persönliche Leistungskurve und Ihre Präferenzen

Sie haben Ihre Gewohnheiten, die sich zum Teil aus Ihrer persönlichen Leistungskurve ableiten lassen und zum Teil fremd­gesteuert sind.

Wann fällt es Ihnen leichter, sich zu konzentrieren? Morgens oder eher nachmittags? Wann ist die Gefahr externer Störungen größer? In ruhigere Zeiten gehören dann die eher komplexen Auf­gaben, in hektischen Zeiten sollten Sie sich kurze, einfache Aufgaben vornehmen. Halten Sie keine Meetings ab, wenn in der Apotheke der Bär tobt. Passen Sie Ihre Arbeit an Ihren Rhythmus an, soweit Sie es in der Hand haben. Ver­suchen Sie, einen festen Arbeits­beginn einzuhalten, ebenso ein spätestes Arbeitsende. Zumindest an festen Tagen („Dienstags, donnerstags und freitags verlasse ich um 18.00 Uhr die Apotheke“). Schaffen Sie Strukturen, die Sie entlasten – beispielsweise Jour fixe mit Außendienstmit­arbeitern statt ständige Ad-hoc-Terminierung zuzulassen.

Sagen Sie nein dort wo Sie nein meinen, steuern sie Ihr Umfeld in Ihren Plan. Machen Sie es freundlich und zuverlässig. Zeigen Sie die Vorteile Ihrer Lösung auf (Ich habe dann mehr Ruhe, mich mit Ihnen auszutauschen). Lösen Sie sich damit schrittweise aus der Umklammerung der Fremd­bestimmung. Reflektieren Sie – mindestens einmal wöchentlich – was an Ihrem Arbeitsstil besser geworden ist und woran Sie noch verstärkt arbeiten müssen. Schreiben sie ein persönliches Entwicklungsbuch. Geschriebenes haftet besser.

REGEL 3: Überprüfen Sie Ihre Art der Aufgabenerledigung, analysieren und optimieren Sie Prozesse

Ein weiteres Instrument zur besseren Bewältigung der Arbeitsflut ist die Betrachtung und Optimierung des mit der Aufgabenerledigung verbundenen Prozesses. Betrachten Sie beispielsweise den Prozess der jährlichen Inventur. Was beinhaltet er, wie läuft er ab, was läuft gut, was eher holprig? Beteiligen sie Ihre Mitarbeiter bei der Analyse und der Neuausrichtung von Abläufen. Erstellen Sie Checklisten, die Ihnen Zeit schenken und die einen hervorragenden Einstieg in die Delegation von (Teil-)Aufgaben bieten.

Erstellen Sie eine Liste relevanter Prozesse und nehmen Sie sich einen Prozess nach dem anderen vor.

Beginnen Sie mit den Prozessen, die besonders häufig sind oder mit denen, die besonders belastend und vielleicht konfliktträchtig sind. Vermitteln Sie neugestaltete Prozesse allen Mitarbeitern und fordern Sie deren Einhaltung ein.

Erfassen Sie Ihren Digitalisierungsgrad und suchen Sie ständig nach den nächsten sinnvollen Schritten, ihn weiter zu steigern. Ob Aufbau einer Kundendatenbank, Gestaltung Ihrer Website oder die Einführung einer App, erstellen Sie Ihren ganz persön­lichen Digitalisierungsplan und gestalten Sie ihn nach Ihren per­sonellen und materiellen Möglichkeiten. Die aktuelle politische Vorgabe der Telematikinfrastruktur ist dafür ein guter Einstieg.

Priorisieren Sie Arbeitserleich­terung zunächst höher ein als Imagewirkung. Schaffen Sie sich zuerst Freiräume, dann sind Sie kreativer für den Rest.

REGEL 4: Bringen Sie Ordnung in Ihren Arbeitsplatz

Räumen Sie alles Überflüssige und Störende von Ihrem Schreibtisch. Schaffen Sie bewusst Platz für Ihren neuen Arbeitsstil. Legen Sie systematisch ab, was Sie gerade nicht bearbeiten oder irgendwann mal lesen wollen. Schreiben Sie keine kleinen Zettel mit Aufgaben voll, sondern tragen Sie alles im Wartezimmer ein. Nehmen Sie sich jede Woche eine Stunde Zeit fürs Ausmisten, Wegwerfen, Zuordnen oder fürs Lesen.

Digitalisieren Sie möglichst viel und schaffen Sie eine kongruente digitale/analoge Ablage. Die meisten von uns sind Jäger und Sammler. Wir ersticken in Papieren, die wir lesen wollen, die uns interessant erscheinen. Deren Anblick aber verschafft uns ein zunehmend schlechtes Gewissen: „Ich komme schon lange nicht mehr dazu, diese Dinge zu lesen …“. Die Angst davor, etwas vermeintlich Wichtiges zu über­sehen oder gar wegzuwerfen, ist wohl eine der häufigsten aller Berufstätigen. Überwinden Sie diese Angst und trennen Sie sich von der Informationsflut, zumindest im täglichen Anblick auf Ihrem Schreibtisch. Das gilt natürlich nicht gleichermaßen für die Fachpresse: Planen Sie für deren Lektüre feste Zeiten ein, damit Sie stets auf dem neuesten Wissensstand sind.

Die Menge ungelesener oder un­bearbeiteter Vorgänge im Sicht­bereich Ihres Arbeitsplatzes signalisiert dem neutralen Beobachter eher Unvermögen statt Genialität. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Arbeitsmittel funktionieren. Ein Locher, der nur noch die Hälfte der be­absichtigten Löcher in das zu lochende Dokument stanzt, fordert Nachbesserung, eine Heftklammermaschine, die nicht vollständig heftet, führt in der Nachbehandlung oft zu Fingernagelzerstörung, und ein Drucker, der das Papier nicht richtig einzieht, zu sehr aufreibenden Technikseminaren am Arbeitsplatz.

Doch das gehört nicht zu den Kernaufgaben eines Apotheken­leiters.

Fortsetzung folgt … |

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