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Wirtschaft
Die Krise als Wendepunkt
Apothekenklima-Index 2021: Apotheken bereiten sich auf E-Rezepte und Dienstleistungen vor
Die Stimmung habe sich gebessert, eröffnete ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening am vergangenen Mittwoch in Düsseldorf die Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag 2021 und stellte wie gewohnt die Ergebnisse des Apothekenklima-Index vor. Einmal jährlich soll dieser das Stimmungsbild unter den Apothekeninhabern abbilden. Im Vergleich zum Vorjahr mache sich seit dem Jahr 2019 ein klein wenig mehr Zuversicht breit, betonte Overwiening. Daher sei der Begriff „Krise“ anhand seiner griechischen Bedeutung zu gebrauchen: Wendepunkt. Die Corona-Pandemie könne im positiven Sinne ein Wendepunkt für die Selbstbetrachtung der Vor-Ort-Apotheken sein.
Aber Sorgen bleiben: Weiterhin belastet der Personalmangel die Apotheken. Egal ob Apothekeninhaber approbierte Apotheker, PTA, PKA oder Nachfolger suchen – die meisten erwarten, auf Stellenausschreibungen einen Interessenten, höchstens aber vier zu finden. Um den Personalmangel abzufedern, versuchen Apothekeninhaber, mehr ihrer Teilzeitangestellten in Vollzeit zu beschäftigen. Dass zwei Drittel der Inhaber (64,6%) aktuell pharmazeutisches Personal suchen, stellt einen historischen Höchstwert seit dem ersten Apotheken-Klimaindex im Jahr 2017 dar.
Doch zwei Drittel der Befragten gehen auch davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage der Apotheken verschlechtert. Aber, so Overwiening, es seien inzwischen einige Kollegen dabei, die bessere Zeiten erwarten. Weniger als die Hälfte der Befragten glaubt, innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre wirtschaftlich schlechter dazustehen als aktuell.
Ärgernisse und Motivatoren
Das zeige sich auch an der Investitionsbereitschaft der Apothekeninhaber. Nicht nur, dass sie im Vergleich zu den Vorjahren mehr PTA und Pharmazeuten im Praktikum ausbilden als bisher: 60 Prozent planen in Kürze konkrete Investitionen, insbesondere für die technische Ausstattung zur Vorbereitung auf das E-Rezept und die räumliche Erweiterung ihrer Apotheke. Mehr als die Hälfte plant für pharmazeutische Dienstleistungen Geld in Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter zu stecken. 80 Prozent gaben an, sich schon jetzt auf die pharmazeutischen Dienstleistungen vorzubereiten (s. hierzu Tabellen 1 und 2).
Geplante Maßnahmen | Anteil der Befragten n = 500 (100%) |
---|---|
Fort- und Weiterbildung | 271 (54,2%) |
Investition in Software/Technik | 213 (42,6%) |
Neuorganisation der Arbeitsabläufe | 176 (35,2%) |
Investition in Marketingmaßnahmen vor Ort | 125 (25,0%) |
Erhöhung der Personalkapazitäten | 85 (17,0%) |
Investition und Umbau der Offizin | 66 (13,2%) |
keine Maßnahmen | 100 (20,0%) |
Geplante Maßnahmen | Anteil der Befragten n = 500 (100%) |
---|---|
Team und Arbeitsabläufe umstrukturieren | 335 (67,0%) |
Botendienste erweitern | 256 (51,2%) |
In digitales Marketing investieren | 190 (38,0%) |
Telepharmazeutische Beratung anbieten | 121 (24,2%) |
Bestehende Versandhandelsaktivität ausbauen | 47 (9,4%) |
Versandhandel etablieren | 47 (9,4%) |
keine Maßnahmen | 67 (13,4%) |
In der Liste der größten Ärgernisse führt der bürokratische Aufwand (92,8%) weiter das Ranking an, gefolgt von den Personalsorgen (70,2%). Die größten Motivatoren dagegen sind Beratung (79,0%), Selbstständigkeit (69,0%) und Teamwork (61,6% )
Undurchsichtige Zukunft
Aber was für pharmazeutische Dienstleistungen sollen das nun sein, auf die Patienten bereits in einigen Monaten Anspruch haben sollen? Auf Nachfrage möchte die ABDA-Spitze keine Details aus den Verhandlungen zwischen DAV und GKV-Spitzenverband preisgeben – und bittet um Verständnis. Die zunächst gescheiterten Verhandlungen mit den Kassen sollen jetzt durch eine Entscheidung der Schiedsstelle zum Abschluss kommen.
Auch beim E-Rezept blicken die befragten Apotheker hierzulande in eine unsichere Zukunft. Denn zwar sollen aktuell Erfahrungen zum E-Rezept in der Fokusregion Berlin-Brandenburg gesammelt werden. Bisher sind aber nur sehr wenige Ergebnisse bekannt. Genaue Zahlen, wie viele Apotheken überhaupt mitmachen und wie viele Rezepte bisher eingelöst wurden, konnte Overwiening nicht nennen.
Auch wenn ein Teil der Pharmazeuten im Zuge der Einführung des elektronischen Rezepts mit Vorteilen für die Arzneimittelversorgung rechnet – die allermeisten fürchten sich, dass die digitale Verordnung den Plattformbetreibern Fahrtwind beschert und die Apotheken vor Ort weiter schwächt. Aber sind die Sorgen der Apothekerschaft berechtigt? ABDA-Präsidentin Overwiening erklärt dazu: „Jede Änderung, jede Neuerung macht natürlich unsicher. Wir wissen noch nicht, wie es genau sein wird.“ Nach dem EuGH-Urteil 2016 zur Arzneimittelpreisbindung wären sich alle sicher gewesen, dass man binnen weniger Jahre Rezepte an den Versandhandel verliert. „Und was ist passiert? Wir haben sie nicht verloren!“ Es habe sich überhaupt nichts getan bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, „weil niemand diesen Versand braucht“. |
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