Gesundheitspolitik

Große Erleichterung über Verlängerung der Testphase

E-Rezept: Leistungserbringer fordern Behebung der technischen Probleme und sichere Prozesse

ks | Vergangene Woche zog das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Notbremse und verschob die für den 1. Januar 2022 vorgesehene verpflichtende Einführung des E-Rezepts auf unbestimmte Zeit. Zu groß war offenbar der Druck, dass es im neuen Jahr zu Ausfällen bei der Arzneimittelversorgung kommen könnte. Wenig überraschend sind daher die positiven Reaktionen der Leistungserbringer.

Die Erleichterung dürfte bei den allermeisten, die an der Verordnung, Abgabe und Abrechnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel beteiligt sind, groß gewesen sein, als das BMG sinngemäß mitteilte, dass der Stichtag 1. Januar 2022 für eine verpflichtende Einführung des E-Rezepts nicht zu halten ist. Nun soll erst einmal weitergetestet und ansonsten das rosa Rezept weiterhin genutzt werden.

Foto: Martin Jehnichen

DAV-Chef Thomas Dittrich Retaxierungen wegen des E-Rezepts sind nicht akzeptabel.

Aus Sicht des Deutschen Apothekerverbands (DAV) ist die Ansage aus dem BMG nur konsequent. Der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich betont in einer Pressemitteilung: „Wir sind generell für das E-Rezept und seine zügige Einführung. Was die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur angeht, sind die Apotheken auch längst E-Rezept-ready.“ Betrachte man jedoch den kompletten Prozess von der Verordnung über die Einlösung und Quittierung bis hin zur Abrechnung des E-Rezepts, dann gebe es noch erhebliche technische Probleme. „Sie sollten vor der Einführung behoben sein“, so Dittrich, „sonst wird die Versorgungssicherheit der Patienten gefährdet. Und die ist in der laufenden Pandemie doppelt wichtig.“

Eine Pflichteinführung des E-Rezeptes zum Jahreswechsel hätte laut Dittrich auch wirtschaftliche Risiken für die Apotheken mit sich gebracht. So seien sie etwa wegen Unstimmigkeiten im elektronischen Signaturverfahren gefährdet, retaxiert zu werden. „Das ist nicht akzeptabel“, so der DAV-Chef. Die Verlängerung der Testphase biete jetzt die Chance, die technischen Probleme zu lösen und den flächendeckenden Rollout dann in einem geordneten und sicheren Verfahren zügig zu bewerkstelligen.

Foto: imago images/tagesspiegel

KBV-Vorstandschef Andreas Gassen

Auch die KBV, die zuletzt am deutlichsten auf Konfrontationskurs mit dem BMG ging, ist erfreut: „Es ist richtig, dass das Bundesgesundheitsministerium den Fakten Rechnung trägt und die Testphase für das E-Rezept verlängert hat“, erklärt KBV-Vorstandschef Andreas Gassen. Vorstandsmitglied Thomas Kriedel betont, die bisherige Testphase mit nur wenigen beteiligten Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern sei nicht aussagekräftig. Er verweist zudem darauf, dass die KBV eine pragmatische Übergangslösung für die Praxen geschaffen habe – in Form einer Richtlinie, die es zulasse, dass weiterhin dort, wo das E-Rezept nicht funktioniert, bewährte Papierlösungen eingesetzt werden können. „Das hilft den Praxen und sichert letztlich die Patientenversorgung.“

Auch Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt ist erleichtert, dass das BMG die Warnungen der Leistungserbringer-Organi­sa­tionen in der Gematik ernst nimmt. „Das E-Rezept verändert bestehende, eingespielte Arbeitsabläufe in Praxen und Kliniken. Ärztinnen und Ärzte werden dies nur akzeptieren können, wenn die neuen Prozesse sicher, störungsfrei und zügig ablaufen. Dafür sind inten­sive und flächendeckende Tests in einer dauerhaft betriebenen Pilotregion notwendig. Zudem muss die Beendigung der erfolgreichen Testung an transparente Qualitätskriterien geknüpft werden, die jeder Anbieter zu erfüllen hat.“ |

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