Arzneimittel und Therapie

Früher Insulinpumpeneinsatz lohnt sich

Kinder profitieren von zeitnahem Therapiestart

In Deutschland sind etwa 32.000 Kinder und Jugendliche an Typ-1-­Diabetes erkrankt. Eine Insulintherapie mittels Pumpe ermöglicht den Betroffenen nicht nur eine freiere Gestaltung des Tagesablaufs und eine dadurch verbesserte Lebensqualität, sondern auch eine bessere Stoffwechseleinstellung. Doch wann ist der optimale Zeitpunkt für den Start einer Pumpentherapie bei Kindern?
Foto: click_and_photo/AdobeStock

2018 wurden 91,1% der unter fünfjährigen Diabetiker mit einer Insulinpumpe behandelt, bei jugendlichen Diabetikern zwischen 15 und 20 Jahren waren es 46,6% [4].

Geleitet vom technologischen Fortschritt hat sich die Insulinpumpe seit ihrer Entwicklung in den 1970er-Jahren zu einem alltagsfähigen Begleiter bei einer Diabetes Erkrankung etabliert. Einst in Rucksackgröße auf den Markt gebracht, haben die meisten Pumpensysteme heute Hosentaschenformat und vereinfachen die Kontrolle über die Krankheit. Durch die Pumpe wird das Insulin gleichmäßig an den Körper abgegeben, viele Geräte ermöglichen zudem eine genaue Überwachung des Insulinbedarfs und eine einfache Steuerung der Dosierung. Neben der verbesserten Blut­zuckerkontrolle sind auch die psychosozialen Vorteile gut belegt [1].

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Vor allem bei Kindern, die an Typ-1-­Diabetes erkrankt sind, kommt die Pumpentherapie häufig zum Einsatz. Die Wahl des richtigen Zeitpunkts für den Start einer Therapie kann dabei entscheidend für den Verlauf der Krankheit sein. Im Rahmen einer im Fachjournal „The Lancet“ publizierten Studie wurden dazu Daten aus der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV) analysiert [2]. Die DPV bietet ein zentrales Informationsregister und bezieht ihre Daten aus 501 Diabeteszentren in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Daten von circa 80% der (pädiatrischen) Patienten werden hier aufgenommen. Aus den Jahren 2004 bis 2014 wurden insgesamt Daten von 8332 Patienten aus 311 Diabeteszentren ausgewertet. Das Alter der Patienten lag bei Diagnosestellung zwischen sechs Monaten und 15 Jahren (das mittlere Alter lag bei 6,1 Jahren). Die Krankheitsdauer lag im Schnitt bei 6,7 Jahren. Um eine Aussage über einen optimalen Therapiestart mit der Insulinpumpe treffen zu können, wurden Daten von Patienten mit frühem Therapiestart, also innerhalb der ersten sechs Monate, oder ver­zögertem Therapiestart, also im zweiten bis dritten Jahr nach Dia­gnosestellung, ausgewertet. Dabei wurden nur Patienten erfasst, die mindestens ein Jahr mit der Pumpe behandelt worden waren

Signifikant bessere Outcomes

Beim Vergleich der HbA1c -Werte, kardiovaskulärer Risiken, akuter Kom­plikationen und Diabetes-bedingter Krankenhausaufenthalte konnte bei den Früh-Startern jeweils ein positiver Effekt gezeigt werden. So waren die HbA1c-Werte bei den Kindern, die innerhalb von sechs Monaten mit der Pumpentherapie begonnen hatten, mit einem mittleren Wert von 62,6 mmol/mol (7,9%) signifikant niedriger als bei den Spät-Startern (64,1 mmol/mol, 8,0%, p = 0,006). Zudem konnte der frühe Therapiestart mit einer Insulinpumpe das Risiko für Hypoglyk­ämien (Risiko Reduktion: 0,44) und Krankenhausaufenthalte vermindern (Risiko Reduktion: 0,86, p = 0,016). Daneben kann von einem verminderten kardiovaskulären Risiko bei einem frühzeitigen Beginn der Pumpentherapie ausgegangen werden, was sich in den besseren Blutdruck-, Cholesterol- und Triglycerid-Werten im Vergleich zur Kontrollgruppe widerspiegelte.

Ergebnis hilft bei der Entscheidungsfindung

Die Daten der Studie zeigen, dass eine Therapie mit der Insulinpumpe ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung erfolgen und sich der frühe Einsatz langfristig positiv auf den Erkrankungsverlauf auswirken kann. In einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zeigt sich Professor Dr. med. Andreas Neu, Vizepräsident der DDG, von der Studie ermutigt: Jede Dia­gnose sei ein Einzelfall und die Entscheidung über die richtige Therapie individuell. Die Daten der Studie würden in Zukunft bei der Entscheidungsfindung helfen [3]. |
 

Literatur

[1] Rosner B, Roman-Urrestarazu A. Health-related quality of life in paediatric patients with Type 1 diabetes mellitus using insulin infusion systems. A systematic review and meta-analysis. PLoS One. 2019 25;14(6):e0217655. doi: 10.1371/journal.pone.0217655

[2] Kamrath C et al. Early versus delayed insulin pump therapy in children with newly diagnosed type 1 diabetes: results from the multicentre, prospective diabetes follow-up DPV registry. Lancet Child Adolesc Health. 2021;5(1):17-25. doi: 10.1016/S2352-4642(20)30339-4

[3] Frühzeitiger Einsatz einer Insulinpumpe verbessert die Behandlungsergebnisse. Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft DDG, 23. Februar 2021

[4] Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2020. Eine Bestandsaufnahme. Factsheet der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitsbericht_2020.pdf, Abruf am 11. April 2021

Laura Kneller, MSc Toxikologie

Das könnte Sie auch interessieren

Leitliniengerechte Therapie des Typ‑1-Diabetes im Kindes- und Jugendalter

Kinder mit Diabetes

Welche Systeme gibt es und für wen sind sie geeignet?

Mit Insulinpumpen den Alltag erleichtern!

Rasante Fortschritte in der Diabetestherapie bei Kindern und Jugendlichen

Für eine unbeschwerte Kindheit

Strategien gegen Typ-1-Diabetes bei Kindern

Früh erkennen und gegensteuern

Kinder mit Typ-1-Diabetes sind nach Insulin-Injektionsbehandlung schlechter eingestellt

Pumpe schlägt Pen

Eine Insulin-Alternative bei Typ-3-Diabetes

Repaglinid für Mukoviszidose-Patienten

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.