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EU-Kommission will Rx-Boni-Verbot „nicht weiter nachgehen“
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland soll eingestellt werden
Mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach langem Ringen nicht nur mit dem Koalitionspartner SPD, sondern auch mit den Kollegen aus der eigenen Fraktion die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Sozialrecht verankert. In Kraft getreten ist das Gesetz bereits Mitte Dezember 2020 – doch ob es vor der EU-Kommission bestehen würde, war fraglich. Denn die Kommission hatte bereits im Jahr 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie der Auffassung war, dass ein Rx-Boni-Verbot, das damals in der Arzneimittelpreisverordnung festgeschrieben worden war, den freien Warenverkehr innerhalb der EU einschränke. Das Boni-Verbot erschwere den Marktzugang für importierte Rx-Arzneimittel. Zudem entziehe es den EU-Versendern „ihren größten Wettbewerbsvorteil“. Auch der Europäische Gerichtshof hatte in seinem berühmten Urteil vom Oktober 2016, in dem er die Rx-Preisbindung für EU-Versender gekippt hatte, vergleichbar argumentiert.
Akzeptanz war lange fraglich
Unter anderem das Bundesjustizministerium meldete mit Blick auf die Neuregelung im VOASG Zweifel an, ob diese in Europa akzeptiert werden würde. Das scheint nun aber doch der Fall zu sein: Wie das „Handelsblatt“ in seinem „Inside Digital Health“-Newsletter berichtet, sei aus dem Umfeld der Brüsseler Behörde zu vernehmen, dass diese den Fall schließen und das noch immer laufende Vertragsverletzungsverfahren einstellen wolle. Zudem sei im Juli ein Schreiben der Kommission bei den betroffenen Online-Versendern eingegangen, in dem die Generaldirektion für Binnenmarkt informiere, dass eine Einstellung des Verfahrens bevorstehe. Man werde dem Kommissionskollegium vorschlagen, der Beschwerde gegen Deutschland „nicht weiter nachzugehen“.
Wird der EU-Binnenmarkt infrage gestellt?
Damit würde nun eine Kehrtwende vollzogen, denn noch im Jahr 2019 hatte die EU-Kommission die Bundesregierung im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens offiziell ermahnt. Deutschland solle innerhalb von zwei Monaten die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln für EU-Versender aufheben, sonst drohe der Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, hieß es damals. Dieser Forderung kamen Spahn und sein Ministerium nicht nach – ohne dass es zwischenzeitlich Folgen gehabt hätte. Und nun wird es wohl auch keine mehr geben. Was für deutsche Vor-Ort-Apotheken erfreulich ist, findet auf EU-Ebene allerdings nicht nur Zuspruch. Zitiert werden in dem Bericht EU-Rechtsexperten, die die Entscheidung kritisieren. „Was den Fall ungewöhnlich macht, ist die Tatsache, dass die Kommission zwar sagt: Es liegt ein Bruch des EU-Rechts vor und ein Verstoß gegen das Binnenmarkt-Prinzip des freien Warenverkehrs. Aber sich dann aus politischen Gründen entscheidet, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen“, heißt es. Für die EU sei das problematisch. „Denn es bedeutet, dass die EU-Kommission das EU-Recht und die Regeln des Binnenmarktes nicht konsequent durchsetzt.“ Damit stelle sie letztlich den ganzen EU-Binnenmarkt infrage. |
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