Arzneimittel und Therapie

Fluoxetin nach Schlaganfall enttäuscht

Antidepressivum kann Depressionssymptomatik nicht bessern

Einer von drei Erwachsenen erleidet klinisch signifikante Depressionssymptome im ersten Jahr nach einem Schlaganfall. Die Evidenz zur unterstützenden Antidepressiva-Therapie ist jedoch rar. In einer Sekundärdatenanalyse im Rahmen der AFFINITY-Studie konnte die tägliche Einnahme von Fluoxetin nicht überzeugen.

Fluoxetin ist ein Antidepressivum aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Es ist u. a. zur Behandlung von Zwangsstörungen und Episoden einer Major Depression zugelassen. Ende letzten Jahres wurden die Ergebnisse zweier Studien (EFFECT und AFFINITY) vorgestellt, in denen Fluoxetin hinsichtlich der Verbesserung motorischer Fähigkeiten nach einem Schlaganfall untersucht worden war (s. a. DAZ 2020, Nr. 49, S. 42). Beide Studien waren ernüchternd – die Einnahme von Fluoxetin führte lediglich zu mehr Nebenwirkungen. Neben den motorischen Störungen ist auch das Auftreten depressiver Symptome nach einem Schlaganfall ein ernst zu nehmendes Problem. So wurde im Rahmen einer Sekundärdatenanalyse der AFFINITY-Studie untersucht, ob die tägliche Einnahme von 20 mg Fluoxetin die Entwicklung solcher Symptome verringern kann. Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte AFFINITY-Studie wurde im Zeitraum von Januar 2013 bis Juni 2019 an 43 Stroke Units in Australien, Neuseeland und Vietnam durchgeführt. Insgesamt wurden 1221 Patienten 2 bis 15 Tage nach dem Auftreten des Schlaganfalls in die Studie eingeschlossen. Davon erhielten 614 Teilnehmer (mittleres Alter 63,4 Jahre) einmal täglich 20 mg Fluoxetin und 607 Teilnehmer (mittleres Alter 64,3 Jahre) ein Placebo. Beide Gruppen waren hinsichtlich demografischer und klinischer Merkmale vergleichbar.

Foto: Satjawat/AdobeStock

Zur Beurteilung des Auftretens klinisch signifikanter Depressionssym­ptome wurde der 9-Punkte-Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-9) herangezogen (abrufbar unter [2]). Zu Beginn der Studie hatten 116 Patienten (18,9%) in der Fluoxetin-Gruppe und 112 Patienten (18,5%) in der Placebo-Gruppe einen PHQ-9 Score ≥ 9 und galten damit als depressiv.

Im Verlauf von 26 Wochen erreichten bezogen auf die gesamte Studienpopulation 121 von 598 (20,2%) Teilnehmern der Fluoxetin-Gruppe und 126 von 596 (21,1%) Teilnehmern der Placebo-Gruppe einen PHQ-9 Score ≥ 9 (p = 0,70). Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch bei den Schlaganfall-­Patienten, die zu Baseline einen Score < 9 aufwiesen und damit als nicht depressiv galten: Im Verlauf der Studie entwickelten 63 von 485 (13,0%) in der Fluoxetin-Gruppe und 72 von 488 (14,8%) in der Placebo-Gruppe einen PHQ-9 Score ≥ 9 (p = 0,43).

Die Rate an selbst berichteten und von Ärzten diagnostizierten Depressionen war unter Placebo geringfügig höher als unter der Einnahme von Fluoxetin (42 von 602 [7,0%] vs. 26 von 601 [4,3%]; p = 0,05). In Bezug auf die Mortalitätsraten gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen – nach 26 Wochen Follow-up starben 12 Teilnehmer der Fluoxetin-Gruppe vs. 14 in der Placebo-Gruppe (p = 0,67).

Fazit: Die Ergebnisse der Sekundär­datenanalyse zeigen, dass die tägliche Einnahme von Fluoxetin nicht zu einer signifikanten Verringerung depressiver Symptome nach einem Schlaganfall beitragen kann – auch in diesem Punkt konnte Fluoxetin nicht überzeugen. |

Literatur

[1] Almeida OP, Hankey GJ, Ford A et al. Depression Outcomes Among Patients Treated With Fluoxetine for Stroke Recovery. JAMA Neurol 2021; doi:10.1001/jamaneurol. 2021.2418

[2] Patientenfragebogen (PHQ-9), www.kvberlin.de/fileadmin/user_upload/vertraege_kv_berlin/fruehbehandlungsstrukturvertrag_aok_nordost/fruehbehandlung_aok_vertrag2015_anl1_modul_depression_fragebogen.pdf

Apothekerin Dr. Martina Wegener

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