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Einschränkungen durch „Bundesnotbremse“ waren verfassungsgemäß
Bundesverfassungsgericht billigt Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sowie Schulschließungen
In zwei umfassenden Beschlüssen setzen sich die Verfassungsrichter mit den im vergangenen April im Rahmen der „Bundesnotbremse“ eingeführten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sowie Schulschließungen auseinander. Die Kontaktbeschränkungen sahen vor, dass private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum nur gestattet waren, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnahmen. Ausnahmen von diesem Grundsatz waren vorgesehen. Im Zuge der „Notbremsen“-Ausgangsbeschränkungen war der Aufenthalt von Personen außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages untersagt. Auch diese Regelung enthielt verschiedene Ausnahmetatbestände. Die Maßnahmen sollten dazu beitragen, die Ausbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen.
Gut zwei Monate – vom 22. April bis zum 30. Juni 2021 – galten diese von der Großen Koalition in § 28b Infektionsschutzgesetz verankerten Maßnahmen. Dort fanden sich auch weitere Beschränkungen, etwa von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Ladengeschäften, Sport- und Gaststätten-Regelungen. Auch sie waren mit Verfassungsbeschwerden angegriffen worden, die jedoch schon daran scheiterten, dass sie nicht zulässig erhoben wurden.
Eine Gratwanderung für den Gesetzgeber
Von Anfang an gab es Zweifel, ob die massiven Grundrechtseinschränkungen gerechtfertigt waren. Wie weit darf der Staat die Freiheiten Einzelner einschränken, um die Gesundheit der gesamten Bevölkerung zu schützen? Der Gesetzgeber setzte darauf, die Maßnahmen stets nur über einen beschränkten Zeitraum zu beschließen – und zudem an die epidemische Lage von nationaler Tragweite zu koppeln, über deren Fortbestehen der Bundestag alle drei Monate neu befinden musste. Viele Gerichtsentscheidungen – oftmals im Eilverfahren getroffen – bestätigten die Maßnahmen, andere allerdings nicht. SPD, Grüne und FPD haben kurz nach der Bundestagswahl entschieden, die bisherige Gesetzeslage aufzuräumen – nicht zuletzt mit dem Hinweis darauf, dass die bisherige Rechtslage zu unsicher sei.
Legitime Ziele
Doch nun hat das Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Hauptsacheverfahren höchstrichterlich entschieden. Kurz gefasst kam der 1. Senat bei den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen zu dem Schluss: Die angegriffenen Maßnahmen waren Bestandteile eines Schutzkonzepts und dienten dem „Lebens- und Gesundheitsschutz sowie der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems“ – dies seien „überragend wichtige Gemeinwohlbelange“. Selbst wenn die Maßnahmen in erheblicher Weise in verschiedene Grundrechte eingegriffen haben: Nachdem der Senat die verfassungsrechtlichen Anforderungen geprüft hat, ist er überzeugt, „dass die hier zu beurteilenden Kontakt- und selbst die Ausgangsbeschränkungen in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie mit dem Grundgesetz vereinbar“ waren. Insbesondere seien sie auch verhältnismäßig gewesen.
Sowohl der Lebens- und Gesundheitsschutz als auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems seien schon verfassungsrechtlich legitime Gesetzeszwecke, konstatiert das Bundesverfassungsgericht. Zusätzlich könnte aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz, der den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner Gesundheit umfasst, eine Schutzpflicht des Staats folgen, die eine Vorsorge gegen Gesundheitsbeeinträchtigungen umfasst. Auch mit der Beurteilung der Gefahrenlage durch den Gesetzgeber hat der Senat kein Problem. Die Einschätzung habe auf tragfähigen tatsächlichen Erkenntnissen beruht, heißt es.
Richtig war es aus Sicht der Richter auch, dass die schweren Eingriffe zeitlich befristet wurden: „Freiheitsbeeinträchtigungen wiegen aber grundsätzlich umso weniger schwer, je kürzer sie gelten.“ Bei den Ausgangsbeschränkungen würdigte der Senat die vorgesehenen Ausnahmeregelungen – auch sie milderten das Gewicht der Eingriffe in einzelne Grundrechte ab. Gerade bei „umfassenden“ Ausgangsbeschränkungen betont der Senat nochmals, dass diese „nur in einer äußersten Gefahrenlage in Betracht“ kommen. Vorliegend sei eine solche „tragfähig begründet“ gewesen.
Was die Schulschließungen betrifft, hat das Bundesverfassungsgericht erstmals ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung anerkannt. In dieses Recht hätten die Schulschließungen in schwerwiegender Weise eingegriffen. Allerdings standen auch diesem Eingriff die genannten überragenden Gemeinwohlbelange gegenüber. „Nach der seinerzeit vertretbaren Einschätzung“ seien daher auch Schulschließungen möglich gewesen. |
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