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Arzneimittel und Therapie
Hilfreich bei ADHS und Alzheimer
Methylphenidat empfiehlt sich als Therapieoption bei Apathie
Apathie, die sich durch ein vermindertes Interesse, Aktivität und affektive Reaktion auf positive oder negative Ereignisse äußert, ist eines der prominentesten neuropsychiatrischen Symptome bei Morbus Alzheimer, insbesondere in den frühen Phasen der Erkrankung. Gerade in dieser Phase sollten sich die Betroffenen aber ausreichend bewegen, unternehmungslustig bleiben und soziale Kontakte haben, um die Progression der Krankheit positiv zu beeinflussen.
Im Rahmen der multizentrischen, randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studie ADMET(Apathie in Dementia Methylphenidate Trial)-2 sollte die Wirksamkeit von Methylphenidat auf Apathie-Phasen zusätzlich zur Standardtherapie untersucht werden. Eingeschlossen wurden 200 Alzheimer-Patienten (66% Männer, Durchschnittsalter 76 Jahre) mit häufiger und/oder schwerer Apathie. 99 der Probanden wurden zweimal täglich für drei Tage mit 5 mg Methylphenidat (10 mg täglich) behandelt, gefolgt von zweimal täglich zwei Kapseln (20 mg/Tag). Bei Nebenwirkungen wurde die Dosis reduziert. Die anderen 101 Probanden erhielten ein Placebo.
Nach sechs Monaten hatten mehr Patienten unter Methylphenidat eine Besserung der Apathie erfahren als unter Placebo. Auf der Apathie-Subskala des Neuropsychiatrischen Inventars (NPI) wurde ein mittlerer Unterschied von -1,25 zwischen den Gruppen (95%-Konfidenzintervall [KI]: -2,03 bis -0,47; p = 0,02) in Bezug auf den Ausgangswert gemessen. Der stärkste Rückgang des NPI-Apathie-Scores wurde in den ersten zwei Monaten beobachtet, mit einer signifikanten Hazard Ratio (HR) für den Anteil der Teilnehmer ohne Apathie-Symptome unter Methylphenidat im Vergleich zu Placebo (HR 2,16; 95%-KI: 1,19 bis 3,91; p = 0,01). Dagegen ergab sich kein Unterschied zwischen beiden Gruppen bei der Kognition und der allgemeinen Lebensqualität.
Knifflig: Gegenanzeigen und Interaktionen
Derzeit ist kein Methylphenidat-Präparat zur Anwendung bei älteren Personen zugelassen. Einige Fachinformationen ziehen die Grenze bei 60 Jahren (z. B. Ritalin® adult). Die ADMET-2-Studie beobachtete zumindest keine besorgniserregenden Sicherheitssignale in dieser Altersgruppe. Allerdings erschwert eine Reihe von Kontraindikationen den Einsatz im Alter. So sollte Methylphenidat beispielsweise nicht bei vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich schwerer Hypertonie, Herzinsuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit, Angina pectoris, Myokardinfarkt, potenziell lebensbedrohenden Arrhythmien sowie Schlaganfall angewendet werden.
Relevante Wechselwirkungen betreffen die Kombination mit Monoaminoxidasehemmern (Kontraindikation bis mindestens 14 Tagen nach Absetzen!) und dopaminergen Wirkstoffen. Zudem liegen Berichte vor, dass Methylphenidat die Wirkung von Antihypertensiva abschwächen und den Metabolismus von Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ, Antikonvulsiva (z. B. Phenytoin) und einigen Antidepressiva (tricyclische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren) hemmen kann. Bei gleichzeitiger Gabe von Antazida ist wahrscheinlich mit einer erheblich verschlechterten Resorption von Methylphenidat zu rechnen. Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen zählen Appetitlosigkeit und in der Folge Gewichtsverlust, was insbesondere für kachektische Patienten gefährlich werden kann.
Daneben noch Ergotherapie
In einem Editorial zu ADMET-2 wird Methylphenidat als effektive und sichere Therapieoption bei der Alzheimer-bedingten Apathie beschrieben. Es wird vermutet, dass es sich um eine direkte Wirkung von Methylphenidat und nicht um einen sekundären Effekt über eine Beeinflussung der Kognition handelt. Methylphenidat könnte die Symptomatik durch Verstärkung der Wirkung von Norephedrin und Dopamin in präfrontalen, striatalen und thalamokortikalen Kreisläufen verbessern. Von den Katecholamin-ähnlichen Wirkstoffen ist Methylphenidat am besten untersucht bei älteren Patienten. Ein Cochrane-Review kam bereits im Jahr 2018 zu dem Schluss, dass Methylphenidat möglicherweise nützlich zur Behandlung von Apathie bei Alzheimer sein könnte. Allerdings befürchtete man damals einen möglichen Publikationsbias und schätzte die Qualität der Evidenz als niedrig ein. ADMET-2 dürfte nun ein starkes Argument sein, Methylphenidat in dieser Indikation einzusetzen. Andere Strategien, darunter der Einsatz von Antidepressiva mit noradrenergen und dopaminergen Eigenschaften wie Bupropion, enttäuschten bisher in Studien. Ein wichtiger Teil der Therapie bleiben nichtmedikamentöse Verfahren, vor allem Ergotherapie und Hirnleistungstraining. |
Literatur
Mintzer J et al. Effect of Methylphenidate on Apathy in Patients With Alzheimer Disease: The ADMET 2 Randomized Clinical Trial. JAMA Neurol 2021;78(11):1324-1332
Vetter C. Morbus Alzheimer: Methylphenidat vermindert eine erkrankungsbedingte Apathie-Symptomatik. Dtsch Arztebl 2021;118(45): A-2115/B-1746
Ruthirakuhan MT et al. Pharmacological interventions for apathy in Alzheimer‘s disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 5. Art. No.: CD012197; doi: 10.1002/14651858.CD012197.pub2
Weih M. Bupropion ohne Effekt auf die Apathie bei nicht depressiven Alzheimer-Patienten. InFo Neurologie + Psychiatrie 2021;23(1)
Fachinformation Ritalin® adult (Stand: September 2020)
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