Gesundheitspolitik

Kein Anspruch auf Monopol-Stellung

Sanofi muss vorläufig weiter mit Konkurrenz für Efluelda leben / Gericht lehnt Eilantrag ab

ks | Auch für über 60-Jährige kann es nicht nur einen Grippeimpfstoff geben: Die Verordnung, die es befristet ermöglicht, dass Versicherte über 60 Jahren mit konventionellen Influenza-Vakzinen statt dem Hochdosis-Impfstoff geimpft werden können, bleibt vorerst bestehen. Sanofi Pasteur, Zulassungsinhaber von Efluelda, hatte im einst­weiligen Rechtsschutz versucht, die Verordnung außer Vollzug zu setzen – ohne Erfolg.

Ende 2020 änderte die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Empfehlung für die Influenza-Impfung von Personen ab 60 Jahren. Sie sollten fortan einen Hochdosis-Impfstoff mit einer vierfach höheren Dosierung im Vergleich zu den bisherigen quadrivalenten Grippeimpfstoffen erhalten. Der Grund: die signifikante, statistisch abgesicherte Überlegenheit der Impfwirksamkeit dieser Hochdosis-Vakzine bei älteren Menschen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss passte in der Folge seine Schutzimpfungs-Richtlinie entsprechend an. Versicherte ab 60 Jahren haben seit der Grippesaison 2021/22 Anspruch auf diese Vakzine. Allerdings gibt es hierzulande nur einen Anbieter des Impfstoffs: Sanofi Pasteur. Sein Efluelda wurde im Mai 2020 vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zuge­lassen. Aber würde das Efluelda-Angebot reichen? Und was wäre, wenn es zu Engpässen käme?

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wollte auf Nummer sicher gehen, dass es gerade in der Pandemie keine zusätzlichen Schwierigkeiten gibt. Im Frühjahr 2021 erließ es daher eine „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern“, die es ermöglichte, dass Versicherte ab 60 Jahren auch Anspruch auf die inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoffe haben. Der Anspruch auf einen Hochdosis-Influenza-Impfstoff blieb davon unberührt und eine entsprechende ärztliche Verordnung blieb wirtschaftlich. Diese Verordnung war zunächst bis zum 31. März 2022 befristet.

Im Sommer 2021 empfahl dann die STIKO für den Fall von Lieferengpässen, Versicherte ab 60 Jahren mit Influenza-Impfstoffen in Standarddosierung zu versorgen. Im Februar 2022 verlängerte das BMG die Befristung besagter Verordnung um ein weiteres Jahr – also bis zum 31. März 2023.

Durch diese Verlängerungsregelung sah sich Sanofi Pasteur in seinen Rechten verletzt und beantragte einstweiligen Rechtsschutz. Die Verordnung sollte außer Vollzug gesetzt werden, beantragte das Unternehmen vor dem Sozialgericht. Sonst drohe ein Umsatzverlust von mehr als 53 Millionen Euro.

Keine dringliche Notlage

Doch das Sozialgericht sowie das Hessische Landessozialgericht als Beschwerdeinstanz lehnten den Eilantrag ab. Es bestehe kein Anspruch, die Änderungsverordnung durch eine einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen. Das Frankfurter Unternehmen muss vielmehr eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten – das hält das Gericht für zumutbar. Das Unternehmen befinde sich nicht in einer dringlichen Notlage, die eine sofortige Entscheidung erfordere.

Gehe es – wie hier – um die wirtschaftlichen Folgen einer angefochtenen Regelung, sei nötig, dass das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht sei, heißt es in einer Pressemitteilung des Hessischen Landessozialgerichts. Eine wirtschaftliche Existenzgefährdung sieht das Gericht bei einem drohenden Umsatzverlust von mehr als 53 Millionen Euro nicht hinreichend belegt. Es verweist auf die Sanofi-Webseite, auf der sich Umsatzzahlen für 2020 in Höhe von rund 4,6 Milliarden Euro finden – für den weltweit tätigen Mutterkonzern sind es sogar rund 36 Milliarden Euro. Zudem sei nicht dargelegt, in welchem Umfang sich ein eventueller Umsatzrückgang bei dem Hochdosis-Impfstoff auswirke, da das Unternehmen auch den Standard-Impfstoff herstelle.

Grundgesetz schützt nicht vor Konkurrenz

Sanofi könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine Grundrechtsverletzung berufen. Das Grundgesetz schütze grundsätzlich nicht vor Konkurrenz. Durch die Verlängerung der Verordnung sei das Unternehmen nicht ungerechtfertigt schlechtergestellt. Es obliege weiterhin der fachlichen Einschätzung des behandelnden Arztes, ob einem Versicherten ab 60 Jahren der Hochdosis- oder der Standard-Impfstoff verabreicht werde.

Das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) begründe ferner keinen Anspruch auf eine „Monopolstellung auf dem Markt der Grippe-Impfstoffe für über 60-jährige Versicherte“. Und auch eine gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) verstoßende willkür­liche Benachteiligung sei nicht erkennbar.

Schließlich sei nicht zu beanstanden, aus Gründen der Versorgungs­sicherheit – insbesondere während der COVID-19-Pandemie – den Marktzugang für sämtliche zu­gelassene Influenza-Impfstoffe offenzuhalten, um hierdurch Versorgungsengpässe zu vermeiden.

Der Beschluss (Az. L 8 KR 125/22 B ER) ist unanfechtbar. |

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