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Gesundheitspolitik
„Viel zugemutet“
Apobank-Chef Schellenberg will Serviceerlebnis bieten
Matthias Schellenberg hat sich eine offene Kommunikation auf die Fahnen geschrieben. Dies macht er nicht nur deutlich, indem er acht Monate nach seinem Start bei der Apobank das Gespräch mit Journalisten sucht, um ihnen seine strategischen Überlegungen zu erläutern. Auch die Art, wie er mit schwierigen Themen umgeht, zeigt, dass er Dinge klar beim Namen nennt. Das gilt insbesondere für die verkorkste IT-Migration zu Pfingsten 2020, als das Geldhaus vom Kernbanksystem der Fiducia GAD hin zum Schweizer Anbieter Avaloq wechselte. In der Folge funktionierte vieles nicht korrekt. Zahllose Kunden waren verärgert, die Bank stand mächtig unter Druck. „Nicht alle Prozesse waren zum Zeitpunkt der Migration auf die neue IT-Welt angepasst“, gesteht Schellenberg ein. Die IT-Migrationsthematik sei „schmerzhaft“ gewesen und den Kunden aus Außensicht „viel zugemutet“ worden. Wenngleich viele Kunden dennoch eine hohe Loyalität zu der Bank gezeigt hätten, sei die „Zündschnur“ bei manchen mittlerweile „recht kurz“, wenn es mal wieder hake.
Mittlerweile sei die IT stabil. Handlungsbedarf herrscht nach Schellenbergs Worten dagegen nach wie vor bei verschiedenen Prozessen: „Das wird uns noch die nächsten Jahre begleiten.“ Sein Ziel sei es, in den nächsten drei Jahren die Qualität der Prozesse und digitalen Anwendungen spürbar zu verbessern. Dazu gehört auch die Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit. Der Prozess der digitalen Kontoeröffnung funktioniere hingegen mittlerweile zügig und sei innerhalb von 72 Stunden möglich. Aber Schellenberg ist noch nicht zufrieden: „Aus meiner Sicht müssen wir das Serviceerlebnis deutlich verbessern.“ Der Anspruch des neuen Vorstandsvorsitzenden ist es, den gesamten Umgang der Bank mit den Kunden effektiv und attraktiv zu gestalten.
Strategisch sieht der neue Apobank-Chef das Geldhaus ganz in Anlehnung an den Unternehmensnamen bei Apothekern und Ärzten verankert – selbstständig wie angestellt. In diesem Bereich sei man eine Fachbank mit entsprechendem Know-how – dieser Aspekt solle künftig stärker herausgestellt werden. Entsprechend seien die Kernaktivitäten des Unternehmens auf diese Gruppe fokussiert. Einige Dienstleistungen im Non-Banking-Bereich gehörten allerdings nicht zu diesem Kerngeschäft und kämen auf den Prüfstand. Dazu zählten beispielsweise die Plattformaktivitäten. Die Praxis- oder Apothekenbörse und das Angebot Optiprax stünden dagegen weiterhin im Fokus. Im Übrigen, so Schellenberg, sei es das Ziel als genossenschaftlich organisiertes Bankhaus, die Mitglieder wirtschaftlich zu fördern und zu begleiten. Vor diesem Hintergrund könne das Grundprinzip der Gewinnmaximierung im Einzelfall, beispielsweise bei Finanzierungen von investorengetriebenen MVZ, bewusst in den Hintergrund treten.
Die gehäuften Abgänge und Wechsel im Vorstand der Apobank in den vergangenen Monaten kamen nach den Worten Schellenbergs auch für ihn überraschend. Nachdem im Dezember 2021 der vorzeitige Abgang des ehemaligen langjährigen Apobank-Chefs Sommer verkündet worden war, wurde im September 2022 das abrupte Ausscheiden von Eckhard Lüdering und Jenny Friese mitgeteilt. Lüderings Vertrag lief eigentlich bis 2023, Friese war erst Anfang 2021 zu der Bank gekommen.
Mittlerweile wurden neue Vorstandsmitglieder verpflichtet: Thomas Runge wird ab 1. Januar 2023 für IT, Produkte und Prozesse verantwortlich zeichnen, Sylvia Wilhelm wird sich in Nachfolge von Lüdering um das Risikomanagement kümmern. Hinzu kam ein Wechsel an der Spitze der Kommunikationsabteilung: Henrik Hannemann hat nach nur eineinhalb Jahren seinen Posten geräumt. Seine Nachfolgerin seit Anfang September ist Ina Quilling.
Positiver Einlagenzins und „auskömmliche“ Dividende
Nachdem die Bank Ende Juli das Verwahrentgelt gestrichen hat, kündigt Schellenberg zeitnah die Rückkehr zu Positivzinsen für Tagesgeldkonten an. In wirtschaftlicher Hinsicht rechnet er, wie bereits bislang kommuniziert, damit, in diesem Jahr den Jahresüberschuss gegenüber dem Vorjahr leicht steigern zu können. Grundsätzlich erwarte er 2022 ein „befriedigendes Ergebnis“ und damit, auf dieser Basis in der Lage zu sein, eine auskömmliche Dividende zu zahlen. Ziel sei zudem, den Investitionsbedarf aus eigenen finanziellen Mitteln zu decken.
Die Auswirkungen der aktuell wirtschaftlich angespannten Situation wie auch der hohen Energiepreise und Inflation beobachtet das Management nach den Worten Schellenbergs „sehr genau“. Auf Grundlage verschiedener Szenarien habe man jedoch keine existenziellen Risiken für die Kunden wie auch keine systemischen Risiken für die Bank festgestellt. Allerdings stelle die aktuelle Lage durchaus eine Belastung für die Kunden dar – so würden beispielsweise Radiologen die gestiegenen Strompreise deutlich spüren.
Schellenbergs Auftrag zum Start bei der Apobank lautete nach eigenen Worten: „Der Bank einen klaren Fokus geben.“ Dazu hat er in den vergangenen Monaten eine umfangreiche Bestandsaufnahme und Analyse der Bankaktivitäten angestoßen. Wesentliche Aspekte der künftigen Strategie sollen nun im Dezember in einer „Agenda 2025“ zusammengefasst werden. |
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