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Arzneimittel und Therapie
Rätselhafte Hypoglykämien
AkdÄ bittet um Mitteilung von Verdachtsfällen unter Insulin glargin
Insulin glargin zählt zu den langwirksamen Insulinen, dessen Wirkung durchschnittlich erst nach etwa 1,5 Stunden eintritt. Dennoch erreichen die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) Berichte über sehr frühe Hypoglykämien nach Anwendung von Insulin glargin. Diese sollen bereits 15 Minuten nach Injektion eingetreten sein. Wie kann das sein? Liegt es tatsächlich am Insulin oder kommen auch andere Ursachen für die Hypoglykämien infrage? Auf der Suche nach Antworten bittet die Arzneimittelkommission, Fälle von frühen Hypoglykämien zu melden.
Hypoglykämien treten ungewöhnlich früh auf
Der AkdÄ zufolge waren einige der Patienten aufgrund der Schwere der Hypoglykämie auf fremde Hilfe angewiesen. Erklären kann sich die Kommission die hypoglykämischen Zwischenfälle nicht: Zwar werde die Hypoglykämie als „sehr häufige“ Nebenwirkung bei Insulin-glargin-haltigen Arzneimitteln genannt, doch informiert die Fachinformation auch über eine gleichmäßige Insulin-Wirkung ohne Spitzen. Den Wirkmechanismus erklärt Sanofi bei Lantus® wie folgt: „Insulin glargin ist ein Humaninsulin-Analogon mit einer geringen Löslichkeit im neutralen pH-Wert-Bereich. Im sauren pH-Wert-Bereich der Lantus-Injektionslösung (pH-Wert 4) ist es vollständig löslich. Nach der Injektion in das Subkutangewebe wird die saure Lösung neutralisiert, was zur Bildung von Mikropräzipitaten führt, aus denen kontinuierlich geringe Mengen von Insulin glargin freigesetzt werden. Dies hat ein gleichmäßiges, berechenbares Konzentrations-Zeit-Profil ohne Spitzen und eine langanhaltende Wirkdauer zur Folge“. Der AkdÄ kommen aufgrund des Wirkmechanismus „Hypoglykämien bereits kurz nach der Injektion ungewöhnlich“ vor, man wolle jedoch analysieren, ob ein „kausaler Zusammenhang zwischen der Applikation von Insulin glargin und frühen Hypoglykämien“ besteht.
Fertigarzneimittel mit Insulin glargin
Insulin glargin findet sich in Lantus® mit 100 Einheiten / ml (Sanofi), Toujeo® mit 300 Einheiten / ml (Sanofi), Abasaglar® mit 100 Einheiten / ml (Lilly) und Semglee mit 100 Einheiten/ml (Mylan). In Suliqua® wird Insulin glargin mit Lixisenatid kombiniert.
Was könnte eine Hypoglykämie begünstigt haben?
Allerdings kommen als Ursache oder Auslöser von Hypoglykämien auch andere Faktoren in Betracht, erinnert die AkdÄ. Deswegen bittet die Arzneimittelkommission, bei Meldung von Hypoglykämien im Zusammenhang mit Insulin glargin – neben dem verwendeten Insulin-Präparat, der Dosierung und dem zeitlichen Abstand zwischen Injektion und Hypoglykämie – besonderes Augenmerk auf folgende Punkte zu legen:
- Injektion kurzwirksamer Insuline mit Zeitangabe der letzten Injektion vor der Hypoglykämie,
- Einheiten der vorletzten Insulin-glargin-Dosis und zeitlicher Abstand zwischen den beiden letzten Insulin-glargin-Dosen,
- kürzlicher Wechsel des Insulins (NPH auf Insulin glargin) bzw. der Insulin-Konzentration (Wechsel von U100 auf U300 oder umgekehrt),
- Komedikation, Begleiterkrankungen,
- sportliche Aktivität,
- Nahrungsaufnahme im zeitlichen Zusammenhang (einschließlich Alkohol),
- Angaben zur Injektionsstelle / Wechsel der Injektionsstelle,
- erhöhte Insulin-Resorption, z. B. durch Applikation von Wärme, Massage an der Injektionsstelle,
- Möglichkeit eines technischen Fehlers bei Applikation (z. B. versehentliche intravasale Applikation),
- mögliche Verwechslung mit kürzer wirksamem Insulin. |
Literatur
Frühe Hypoglykämie nach Insulin glargin: Bitte um Fallmeldung. Drug Safety Mail der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), 2022–13, 2. März 2022
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