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Berufsbild

Höchstens „unter Aufsicht“

Die (Vertretungs-)Befugnisse für PTA werden seit jeher kontrovers diskutiert

Der Beruf der Pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) ist für die Apotheken unverzichtbar, denn ohne ihn würde die Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik Deutschland praktisch zusammenbrechen. Im Sommer 2021 forderte der sächsische Gesundheitspolitiker Alexander Krauß (CDU), dass PTA Apotheker vertreten dürfen. Diese Idee ist nicht neu, sie ist eng an die Entstehungsgeschichte des PTA-Berufs gekoppelt und immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen auf standespolitischer Bühne. | Von Christoph Friedrich und Wolf-Dieter Müller-Jahncke

Heute kann sich wohl keiner der jüngeren Kolleginnen und Kollegen mehr vorstellen, dass es eine Zeit gab, in der in Apotheken nur – überwiegend männliche – Apotheker oder solche, die sich in der Ausbildung befanden oder diese nicht weiterführten, tätig waren. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es neben dem Apothekenbesitzer als pharmazeutisches Personal nur Apothekergehilfen und Lehrlinge, die dort die dem Studium vorgelagerte Apothekerlehrzeit absolvierten. Erst im 20. Jahrhundert entstanden – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Medikalisierung der Gesellschaft und dem permanent steigenden Arzneimittelbedarf – weitere Berufe, die den Apo­theker bei seinen Tätigkeiten unterstützten [1].

Vorexaminierte oder Apothekerassistenten mit Vertretungserlaubnis

Nachdem 1920 das Abitur eine Vorbedingung für den Eintritt in den Apothekerberuf geworden war, wandelte sich der Lehrling, der bis dahin die Lehrzeit mit einer Gehilfenprüfung abgeschlossen hatte, zum Praktikanten, der ein Vor­examen ablegen musste, um das Studium der Pharmazie beginnen zu können. Die Vorexaminierten, seit 1973 als Apothekerassistenten bezeichnet, besaßen eine auf vier Wochen begrenzte Vertretungserlaubnis in der Apotheke. Eine Verordnung vom 15. Juni 1936 erlaubte eine Weiterbeschäftigung der älteren Vorexaminierten, die das Studium der Pharmazie nicht mehr anstrebten [2].

Doch mit den Vorexaminierten war das Problem des fehlenden pharmazeutischen Personals nicht gelöst, denn in Landapotheken arbeitete meist nur ein Apotheker mit einer Helferin.

Die Helferin – eine verbotene Notlösung

Schon vor 1914 waren weibliche Hilfskräfte in Apotheken tätig. Die Bewährung für diese Apothekenhelferinnen begann während des Ersten Weltkrieges, als viele Apotheker im Felde standen. Nach dem Krieg sahen die nun zurückkehrenden Apotheker in der Helferin eine Konkurrenz, die ihnen als billige Kraft die Arbeitsplätze streitig machte, was sich während der Inflation und Weltwirtschaftskrise besonders gravierend auswirkte, sodass viele Apotheker tatsächlich arbeitslos waren [3]. Das „Helferinnenunwesen“, also die vielfach geübte Praxis, Helferinnen mit pharmazeutischen Tätigkeiten zu betrauen, die sie nicht ausüben durften, wurde zu einer viel diskutierten Frage, der sich auch die nationalsozialistischen Apotheker in ihrem Braunschweiger Programm von 1932 annahmen [4]. Im Februar 1933 wurde ein zweiter sogenannter „Helferinnenerlass“ in Preußen verabschiedet, der die Beschäftigung von Helferinnen in den Apotheken einschränkte. Während des Zweiten Weltkrieges aber, als wiederum männliches Apothekenpersonal fehlte, kam es zu einem Umschwung: Der Beruf erhielt 1940 eine Ausbildungsordnung und die Leistungen der Helferinnen für das „Gesamtwohl des nationalsozialistischen Deutschlands“ wurden ausdrücklich hervorgehoben [5].

Nach 1945 erlebte der Beruf der Apothekenhelferin einige Veränderungen. 1962 beschloss die Bundesapothekerkammer eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, die die einzelnen Apothekerkammern weitgehend übernahmen. 1972 wurde eine bundeseinheitliche Ausbildungsordnung erlassen [6]. 1993 erfolgte schließlich eine Novellierung der Ausbildungsordnung. Die neue Berufsbezeichnung lautete nun „Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte“. Die Ausbildung wurde auf drei Jahre verlängert und insbesondere kaufmännisch-organisatorische Inhalte stärker berücksichtigt [7].

Ein neuer Beruf: Pharmazeutisch-technische ­Assistenten

Helferinnen durften nur eingeschränkt und unter Aufsicht pharmazeutische Tätigkeiten übernehmen und besaßen keine Vertretungserlaubnis. Daher war ein mittlerer pharmazeutischer Beruf erforderlich, da die Anzahl der Apothekerassistenten abnahm. Zudem erhöhte sich ab 1958, also nach Einführung der Nieder­lassungsfreiheit die Anzahl der Apotheken. Wegen der limitierten Aus­bildungsplätze an den Universitäten konnte die Studentenzahl jedoch nicht aufgestockt werden.

Die Landesapothekerkammer Südbaden hatte schon 1948 als neuen Beruf den eines Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) vorgeschlagen. Im Unterschied zum Apothekerassistenten war dieser eher als „Hilfskraft des Apothekers“ gedacht und seine Hauptarbeitsbereiche in der Defektur und Rezeptur vorgesehen [8]. Im Apothekenwesen hatten in den 1950er-Jahren zunächst Fragen zur Neuregelung des Apotheken- und Arzneimittelwesens Priorität. Aufgrund des Mitarbeitermangels wurde aber auf dem Apothekertag 1957 über das Thema PTA diskutiert. Die ABDA stellte 1959 Richtlinien für diesen Beruf vor, der sich von dem des Vorexaminierten hinsichtlich Ausbildung und Vorbildung (Mittlere Reife) unterscheiden sollte. Im März 1962 wurde ein Berufsbild des PTA von den Standesorganisationen beschlossen und dem Bundesgesundheitsministerium übergeben [9]. Eine strittige Frage war die vorgesehene selbstständige Abgabe von Arzneimitteln, die das Ministerium wegen ungenügender Sachkenntnis der PTA zunächst ablehnte. Diese sollte lediglich „dem Apotheker die Arzneimittel zureichen, der sie selbst an den Patienten abzugeben hat“ [10].

Erst 1966 übergab das Gesundheitsministerium den Entwurf zu einem PTA-Gesetz, der neben dem Realschulabschluss eine zweijährige Ausbildung in einer Lehranstalt und ein halbjähriges Apothekenpraktikum vorsah. Er fand breite Zustimmung und am 18. März 1968 wurde das Gesetz erlassen. Am 12. August 1969 folgte die „Ausbildungs- und Prüfungsordnung für pharmazeutisch-technische Assistenten“ [11]. Die Ausbildung erfolgte in PTA-Schulen, die sich entweder in öffentlicher, öffentlich-rechtlicher (Apothekerkammern bzw. -vereine) oder privater Trägerschaft befanden. Der Unterricht umfasste sowohl Theorie in den Fächern Pharmazeutische Chemie, Botanik und Arzneimittelkunde, als auch Laborpraktika, vor allem in der Pharmazeutischen Technologie, die mit Rezeptur und Defektur eine Hauptaufgabe der PTA darstellte [12].

Ende der 1980er-Jahre war eine Aktualisierung der PTA-Ausbildung erforderlich, wozu die Bundesapothekerkammer Vorschläge machte. Aufgrund einer EG-Richtlinie zog sich das Verfahren länger hin, erst nach fast zehnjähriger Diskussion trat zum 1. August 1998 eine neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung für PTAs in Kraft. Wesentliche Vorschläge der Bundesapothekerkammer wurden dabei berücksichtigt, wie die Einführung eines lehrgangbegleitenden Praktikums, die Reduzierung des laborpraktischen Unterrichts zugunsten theoretischer Fächer, die Intensivierung des Faches Arzneimittelkunde und die Aufnahme neuer Inhalte wie Körperpflegekunde und Apothekenpraxis, einschließlich EDV [13].

PTA versus Apothekerassistent

Nach Einführung des Pharmazeutischen Assistenten konnten Vorexaminierte einen Antrag stellen, um die Bezeichnung PTA zu führen. Da diese Abitur hatten, PTAs aber nur den Realschulabschluss benötigten und die Vorexaminierten außerdem weitergehende Rechte in der Apotheke besaßen, fühlten sich diese benachteiligt. Die „Notgemeinschaft Vorexaminierter“ legte daher 1969 Verfassungsbeschwerde gegen die im PTA-Gesetz vorgenommene Kompetenzminderung und Zurückstufung ihrer Tätigkeit ein. Das „Gesetz über die Rechtsstellung vorgeprüfter Apothekeranwärter“ von 1973 erlaubte allen Vorexaminierten eine Tätigkeit unter der Bezeichnung „Apothekerassistent“. Damit verbunden war die Berechtigung zur Vertretung des Apothekenleiters für die Dauer von bis zu vier Wochen pro Kalenderjahr [14]. Der Studienplan für Apotheker von 1971, der einen Wegfall des Vorpraktikums und des Vorexamens verfügte, ließ die Vorexaminierten zu einer „aussterbenden Spezies“ werden [15].

Entwicklung in der DDR

In der DDR gab es andere mittlere pharmazeutische Berufe, zunächst den Apothekenassistenten. Seine Ausbildung erfolgte seit 1951 an einer Fachschule in Leipzig. 1971 erhielt diese den Status einer „Ingenieurschule für Pharmazie“. Die dort ausgebildeten Pharmazieingenieure durften den Apotheker vertreten, ja sogar Zweigapotheken oder Arzneimittelausgabestellen leiten [16]. Nach der Wende sollten sie den PTAs gleichgestellt werden. Mit dem Einigungsvertrag erhielten sie aber ähnliche Rechte wie die Apothekerassistenten und durften Apotheker bis zu vier Wochen vertreten [17]. 1989, noch zu DDR-Zeiten, war die Ausbildung der Ingenieure zugunsten der eines „Pharmazeutischen Assistenten“ eingestellt worden, weshalb auch die Pharmazieingenieure ein aussterbender Beruf sind.

Was gibt das PTA-Reformgesetz her?

cn | Wenn es um die Kompetenzerweiterungen für PTA geht, wird seit Jahren auch immer wieder eine Vertretungsbefugnis für PTA thematisiert. Derzeit dürfen sich Apothekenleiter laut § 2 der Apothekenbetriebsordnung nur von anderen Apothekern, Apothekerassistenten oder Pharmazieingenieuren vertreten lassen. Mit dem im Januar 2020 in Kraft getretenen PTA-Reformgesetz wurde zumindest eine Lockerung der Beaufsichtigung von PTA festgelegt. Die Konkretisierung in § 3 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sieht nach dem derzeitigen Entwurf so aus, dass Apothekenleiter unter folgenden Voraussetzungen auf die Beaufsichtigung ganz oder teilweise verzichten können:

Der/die PTA muss

  • die staatliche Prüfung mindestens mit dem Gesamtergebnis ‚gut‘ bestanden haben,
  • seit mindestens einem Jahr in der Apotheke beschäftigt sein und insgesamt eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit in Apotheken als PTA ausgeübt haben und
  • eine regelmäßige Fortbildung nach definierten Kriterien durch ein gültiges Fortbildungszertifikat einer Apothekerkammer nachweisen.

Doch keine Regel ohne Ausnahme: Besonders verantwortungsvolle Aufgaben bleiben weiterhin aufsichtspflichtig. Etwa die Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung und die Abgabe von Betäubungsmitteln und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid sowie von Arzneimitteln im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO, dahinter stecken unter anderem Einzelimporte. Auch sollen die Regelungen nicht ganz starr sein: Ist die Prüfungsnote nicht so gut ausgefallen, kann dies durch eine um zwei Jahre längere Berufserfahrung kompensiert werden. Bei PTA mit ausländischer Ausbildung, Berufserfahrung oder Fortbildung kann auf die Aufsicht verzichtet werden, wenn ein vergleichbares Qualifikationsniveau nachgewiesen wird.

Damit Klarheit besteht, bestimmt ein neuer Absatz 5a des § 3 ApBetrO, dass auch eine Erweiterung der Befugnisse einer PTA durch Verzicht auf die Beaufsichtigung schriftlich oder elektronisch festgelegt werden muss. Diese Festlegung muss auch bestimmen, in welchen Fällen ein Apotheker hinzugezogen werden muss. Überdies wird klargestellt, dass die Ausübung von Tätigkeiten, die nach der Verordnung einem Apotheker vorbehalten sind, einer PTA nur übertragen werden dürfen, wenn dies in der Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist. Für rechtmäßig übertragene Aufgaben besteht dann aber grundsätzlich auch die Möglichkeit, auf die Beaufsichtigung zu verzichten.

In der Folge ergeben sich in der Apothekenbetriebsordnung weitere Änderungen. Beispielsweise werden die Anforderungen an die Abzeichnung eines Herstellungsprotokolls für Rezepturen und Defekturen sowie Prüfprotokolle präzisiert.

Eine tatsächliche Vertretung durch PTA ist nach dem zuletzt verabschiedeten PTA-Reformgesetz also offenkundig nicht möglich, scheint aber auch nicht hundertprozentig ausgeschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob es diesbezüglich aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels doch noch neue Regelungen geben wird.

Eigene Zeitschrift: „PTA heute“

Der Beruf der bzw. des PTA war in den 1980er-Jahren so gefestigt, dass sich der Deutsche Apotheker Verlag in Stuttgart entschloss, eine eigenständige Zeitschrift unter dem Titel „PTA heute“ herauszugeben, deren erste Nummer im Januar 1987 erschien und die seitdem auch als „Heft im Heft“ der Deutschen Apotheker Zeitung beiliegt.

Im Vorwort der ersten Ausgabe betonte die Redaktion: „Sie erscheint zwölfmal im Jahr und will das Forum für die PTA werden […] Wir freuen uns auf Ihre Beiträge. Wir wissen, dass die PTA für die Apotheke eine herausragende Rolle spielt, wir möchten diese Position unterstützen“ [18].

Auf der Feier zum 35-jährigen Bestehen der „PTA heute“ äußerte sich die langjährige Chefredakteurin, Apothekerin Reinhild Berger, die „Erfinderin“ und „Gründerin“ der Zeitschrift [19], optimistisch: „Ich prognostiziere der PTA weiterhin eine ganz blendende Zukunft – auch in Zeiten der Digitalisierung, denn wir werden immer Menschen brauchen, die das viele im Internet verfügbare Wissen einordnen und interpretieren und so verständlich an den Verbraucher weitergeben“ [20].

Fotos: DAV-Archiv

Mehr als nur die helfende Hand – Aus-, Fort- und Weiterbildung der PTA spielen im Selbstverständnis des Berufsstandes eine große Rolle.

Vertretungsbefugnis für PTA

Der Rückblick auf die Entstehung und Entwicklung des PTA-Berufs macht deutlich, dass sich vor allem die Ausbildungsreformen fast immer im Spannungsfeld zwischen den approbierten Apothekerinnen und Apothekern einerseits und den weiteren Assistenzberufen in den Apotheken andererseits abspielten. Aus akutem Anlass und langfristigem Bedarf gab es daher in all den Jahren und auch heute noch Vorschläge, den PTA eine Vertretungserlaubnis zu erteilen, um der Apothekenleitung vor dem Hintergrund knapper Personalressourcen ein wenig Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Die strengen Anforderungen an die Präsenzpflicht von Apothekeninhabern bzw. approbierten Angestellten wurde im 19. Jahrhundert beispielsweise als „Kettenhunddasein“ bezeichnet.

Foto: Alexander Krauß

CDU-Politiker Alexander Krauß meinte im August 2021, PTA mit entsprechender Berufs­erfahrung von mindestens fünf Jahren sollten Apothekerinnen und Apotheker stundenweise vertreten dürfen.

Mit dem Aussterben der Berufe Apothekerassistent und Pharmazieingenieur erhielten solche Vorschläge einen neuen Aufwind. Auch die Standesvertretung der PTA fordert seit vielen Jahren eine Aufwertung der PTA. Dieses Streben nach Besserstellung geht dabei wohl zwangsläufig mit der Frage nach Vertretungsbefugnis einher. Der zunehmende Imageschwund des PTA-Berufes und der daraus resultierende Nachwuchsmangel verstärken die Motivation für diese Forderung noch. Der Vorschlag des CDU-Politikers Alexander Krauß im vergangenen Sommer, PTA die kurzfristige Vertretung von Approbierten zu erlauben, kam für die Interessenvertretung der PTA daher gerade recht. Konkret schwebt Krauß vor, dass PTA mit entsprechender Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren die Apotheker zunächst stundenweise vertreten dürfen. „Durch eine entsprechende Berufserfahrung haben PTA ein Gespür entwickelt, inwieweit sie den Kunden helfen können.“ Für den CDU-Politiker sei auch denkbar, die Vertretung an eine Weiterbildung zu knüpfen.

Standespolitisches Tauziehen

Der Bundesverband PTA zeigte sich über die Ideen erwartungsgemäß hocherfreut: „Mit diesem Vorschlag trifft Krauß ins Schwarze.“ Der Verband hat eigenen Angaben nach auch schon ein erstes Konzept in der Schublade, das beschreibt, wie PTA für die neue Aufgabe qualifiziert werden könnten. Und der Bundesverband zeigt sich zuversichtlich, dass innerhalb eines Jahres die Weichen gestellt sein könnten – vorausgesetzt, die ABDA spielt mit.

Foto: imago images/Political-Moments

„Ein Vorschlag, den wir ernst nehmen, aber insofern dass wir uns kategorisch dagegen positionieren“ – Für ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kommt die Vertretung von Apothekerinnen und Apotheker durch PTA – auch stundenweise – nicht infrage.

Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Die Interessenvertretungen und Berufsverbände der Apotheker, einschließlich die für die Ausbildung der Pharmaziestudenten zuständigen Hochschullehrer, stehen diesem Vorschlag nach wie vor reserviert bis ablehnend gegenüber. Wie ­ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening unmittelbar nach den Aussagen Krauß‘ in ihrem regelmäßig stattfindenden Facebook-Live-Talk klarmachte, lehnt die ABDA auch eine stundenweise Vertretungsbefugnis für PTA kategorisch ab. Sie verwies dabei auf die Apothekenbetriebsordnung, die eindeutig regle, dass eine Apothekerin oder ein Apotheker zugegen sein müsse. Schließlich könne es jederzeit zu Nachfragen oder Interventionen kommen, bei denen profundes pharmazeutisches Wissen benötigt werde. Die Routine, die PTA über die Jahre erwerben, scheine diese Möglichkeit zu offenbaren, so Overwiening weiter. Aber das sei ein Trugschluss. „Für mich ist das ein Vorschlag, den wir zwar ernst nehmen, aber insofern ernst nehmen, dass wir uns kategorisch dagegen positionieren“, erklärte die ABDA-Präsidentin. Auch die Bundesapothekerkammer habe in ihrer Stellungnahme klargemacht, dass sie auch die stundenweise Vertretung von Apothekerinnen und Apotheker durch PTA als nicht zielführend ablehne, so Overwiening.

Die Bundesapothekerkammer hatte sich fast zeitgleich gegen den Vorstoß des Unionspolitikers ausgesprochen: „In der Apothekenbetriebsordnung ist eindeutig geregelt, dass immer ein Apotheker oder eine Apothekerin in der Apotheke anwesend sein muss. Diese Regelung dient der Arzneimittelsicherheit und damit vor allem der Patientensicherheit. Patientinnen und Patienten können sich darauf verlassen, dass immer eine approbierte Fachkraft anwesend ist, die möglicherweise auftretende Probleme zusammen mit der PTA lösen kann. Dieses pharmazeutische Sicherheitsnetz ist auch für berufserfahrene PTA unverzichtbar. Deshalb lehnen wir auch die stundenweise Vertretung von Apothekerinnen und Apothekern durch PTA als nicht zielführend ab.“

Pharmaziehistoriker warnen gleichfalls davor und erinnern an das Beispiel aus der Geschichte, als Helferinnen nach dem Ersten Weltkrieg als billigere Arbeitskräfte Apothekern die Arbeitsplätze streitig machten. Damals kam es zur Arbeitslosigkeit vieler Apotheker, zugleich aber auch zu einer weniger qualifizierten Tätigkeit in der Apotheke, die aus heutiger Sicht und vor dem Hintergrund der Arzneimitteltherapiesicherheit und einer evidenzbasierten Medizin höchst kontraproduktiv wäre.

Selbst CDU-Politiker Alexander Krauß relativierte im vergangenen August seinen Vorstoß, den PTA mehr Befugnisse, vor die Vertretung von Apothekern, zu übertragen. Denn unabhängig von einer entsprechenden Reform blieben seiner Ansicht die Länder in der Verantwortung, für ausreichend Pharmazie-Studienplätze zu sorgen. „Wenn wir die pharmazeutische Versorgung auf hohem ­Niveau sichern wollen, dann geht das nur mit genügend Berufsnachwuchs“, erklärte Krauss, der bei der Bundestagswahl 2021 sein Direktmandat in Sachsen verlor. |

Literatur

 [1] Friedrich C, Müller-Jahncke W-D. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart Eschborn 2005 (Geschichte der Pharmazie/R. Schmitz 2), S. 757

 [2] Rankenburg H. Die Apothekerausbildung im Spiegel der deutschen Prüfungs- und Approbationsordnungen von 1875 bis 1989, Frankfurt am Main 1996 (Pharmaziehistorische Forschungen; 1), S. 65-69

 [3] Kanold A, Müller-Jahncke W-D. Die Apothekenhelferin: Zum Werdegang eines nichtpharmazeutischen Berufs. In: Deutsche Apotheker-Zeitung 138 (1993), S. 9f., sowie Schiehorn D. Von der Apothekenhelferin zur Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA) – Zur historischen Entwicklung eines typischen Frauenberufes unter besonderer Berücksichtigung der ehemaligen DDR. Nat. Diss. Marburg 2003, S. 27-30

 [4] Schröder G. NS-Pharmazie. Gleichschaltung des deutschen Apothekenwesens im Dritten Reich, Stuttgart 1988, S. 211

 [5] Friedrich, Müller-Jahncke [wie Anm. 1], S. 763; Schierhorn [wie Anm. 3], S. 81-99

 [6] Kanold, Müller-Jahncke [wie Anm. 3], S. 10f.; Schierhorn [wie Anm.3], S. 220-226

 [7] Friedrich C. „Es wird an uns liegen, diesem Namen Inhalt zu geben“. Die Geschichte der ABDA von 1950 bis 2000. Eschborn 2000, S. 271

 [8] Alfred Schmitz. Die neue Ausbildungsordnung in Südbaden. In: Süddeutsche Apotheker Zeitung 88 (1948), S. 71-74

 [9] Schierhorn [wie Anm. 3), S. 244f.

[10] Schreiben des Ministers vom 19.4.1962, Schierhorn [wie Anm. 3), S. 245.

[11] Friedrich [wie Anm. 7], S. 270

[12] Schierhorn [wie Anm. 3), S. 249f.; Friedrich, Müller-Jahncke [wie Anm. 1], S. 765f.

[13] Friedrich [wie Anm. 7], S. 270f.

[14] Rankenburg [wie Anm. 2], S. 134f.

[15] Friedrich/Müller-Jahncke [wie Anm. 1], S. 760f.

[16] Taube, G: Die Ausbildung mittlerer pharmazeutischer Fachkräfte – Apothekenassistenten und Pharmazieingenieure. In: Vater, U, Friedrich, C (Hrsg.): Die Entwicklung des Apothekenwesens in der DDR. Jena, Quedlinburg 2010, S. 160–173

[17] Friedrich, C, Pieck, J: „So kann zusammenwachsen, was zusammengehört“. 20 Jahre wiedervereinigtes Apothekenwesen. In: Deutsche Apotheker Zeitung 150 (2010), S. 4480–4490, hier S. 4889

[18] PTA HEUTE. Zeitschrift für die Pharmazeutisch-technische Assistentin 1 (1987), Titelblatt und S. 3 (Editorial)

[19] Deutsche Apotheker Zeitung 162 (2022), S. 413

[20] Deutsche Apotheker Zeitung [wie Anm. 19]

Autoren

Prof. Dr. Christoph Friedrich studierte Pharmazie und Geschichte, Promotion 1983 und Habilitation 1987. Von 2000 bis 2021 ­Leitung des einzigen Instituts für Geschichte der Pharmazie in Marburg

Prof. Dr. Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Direktor des Hermann-Schelenz-Instituts Heildelberg

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