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Minijob: Arbeit zweiter Klasse?

Geringfügige Beschäftigung wird oft gering geschätzt

Über die Vor- und Nachteile von Minijobs und ihre Zukunft im Arbeitsmarkt wird häufig gestritten. Die Bedingungen von 450-Euro-Jobbern sind leider oft zweitklassig – obwohl sie laut Gesetzgeber den Teilzeit­arbeitskräften weitgehend gleichgestellt sind.

Es gibt viele Gründe, warum Menschen einen Minijob ausüben: Studierende neben dem Studium. Rentner, weil ihre Altersrente nicht ausreicht. Niedriglohnbeschäftigte, weil sie zwei oder drei Jobs brauchen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Eltern, weil sie die Kinderbetreuung nicht anders regeln können oder möchten. Angehörige von Pflegebedürftigen, die „hauptberuflich“ deren Pflege übernehmen …

Die Hoffnung, dass Minijobber nach einiger Zeit auf „normale“ sozialver­sicherungspflichtige Arbeitsstellen wechseln, bewahrheitet sich leider seltener als erwartet. Gerade Frauen – die Mehrheit der Minijobber – bleiben oft zu lange in diesen Stellen hängen. Finanziell mag das – gerade im Vergleich zu einer Arbeit in „kleiner Teilzeit“ bei Steuerklasse V – gar nicht so viel schlechter sein. Insbesondere dann, wenn man als Minijobberin auf die (freiwilligen) Rentenbeiträge verzichtet. Aber langfristig gesehen ist es natürlich ungünstig für die Altersvorsorge und für die Karriere.

Foto: magele-picture/AdobeStock

Zweierlei Maß – auch bei Männern

Dass auch Männer im Minijob manchmal finanzielle Nachteile haben, obwohl sie die gleiche Leistung erbringen wie ihre Kollegen in Teil- und Vollzeit, illustriert ein aktuelles arbeitsrechtliches Urteil (LAG München, Urteil vom 19.01.2022, Az: 10 Sa 582/21): Das Landesarbeitsgericht München sprach einem auf Minijob-Basis beschäftigten Rettungssanitäter den gleichen Stundenlohn zu, nämlich 17 Euro brutto pro Stunde – anstatt der 12 Euro, die sein Arbeitgeber ihm bisher als „nebenamtlicher“ Kraft zugestand.

Dazu ADEXA-Bundesvorstand Tanja Kratt: „Im Apothekenbereich ist es zum Glück eher unüblich, dass bei Minijobs andere Stundenlöhne zugrunde gelegt werden, gerade wenn es um tarifgebundene Arbeitsverhältnisse geht. Übertarifliche Zuschläge werden dagegen in Minijobs seltener bezahlt – es sein denn, man reduziert seine Arbeitszeit in einem bestehenden Arbeitsverhältnis, bei dem man den übertariflichen Anspruch festgelegt hatte.“

Aber trotzdem werden auch ADEXA-Mitglieder nicht immer gleichwertig behandelt und ihre Arbeitsleistungen häufig nicht richtig abgerechnet, weiß Rechtsanwältin Christiane Eymers aus der gewerkschaftlichen Rechts­beratung. „Oft hören wir, dass Minijobber nur für die Zeit bezahlt werden, die sie auch in der Apotheke arbeiten. Sie erhalten keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Feiertagsvergütung und keinen bezahlten Urlaub. Das ist falsch und unzulässig.“

Ansprüche auf Entgeltfort­zahlung und Urlaub

Fakt ist: Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) unterscheidet nicht zwischen geringfügig Beschäftigten und anderen Angestellten. Es gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eymers: „Wird eine Minijobberin krank, hat sie deshalb Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und muss die Arbeit nicht an einem anderen Tag nachholen.“

Unzulässig ist es auch, die Arbeitszeit um Feiertage so herumzubauen, dass die Minijobberin keinen Arbeitsausfall durch Feiertage hat, betont die Juristin. „Genau wie allen anderen Beschäftigten sind den Minijobbern an Feiertagen die Stunden gutzuschreiben, die sie gearbeitet hätten, wenn kein Feiertag gewesen wäre.“

Auch Urlaub steht der Kollegin im Minijob genauso zu wie allen anderen im Team, und zwar mindestens der gesetzliche Urlaubsanspruch von vier Wochen. Bei beiderseitiger Tarifbindung muss der höhere Urlaubsanspruch nach dem Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) bzw. Rahmentarifvertrag Nordrhein (RTV NR) gewährt werden. Eymers: „Es dürfen dann nicht weniger als 34 Tage Urlaub im Tarif­bereich des ADA bzw. 33 Tage in Nordrhein sein. Nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit steht Ihnen ein zusätz­licher Tag zu.“ Diese Zahlen beziehen sich auf eine Sechs-Tage-Woche und werden entsprechend der tatsächlichen Wochenarbeitstage umgerechnet.

Ausweitung auf 520 Euro

Zusammen mit der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde im Oktober plant die Ampelkoalition auch eine Anhebung der Minijobs auf 520 Euro im Monat. Das entspräche einer wöchentlichen Arbeitszeit von zehn Stunden, legt man den Mindestlohn zugrunde. Dazu Tanja Kratt: „Eine Ausweitung der Verdienstmöglichkeiten ohne Sozialabgaben und vor allem ohne eine verpflichtende Rentenversicherung finde ich sozialpolitisch kurzsichtig. Gerade Frauen sollten stärker für eine eigene, unabhängige Altersrente ansparen.“ |

Sigrid Joachimsthaler

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