Management

Sprachbarrieren meistern, Personalnot lindern

Wie ausländische Apothekerinnen und Apotheker ihren Weg in deutsche Apotheken finden

eda | Wenn in Deutschlands Apotheken Approbierte fehlen, dann liegt es gar nicht so fern, auch im EU- und weltweiten Ausland nach entsprechenden Fachkräften zu suchen. So mancher Apothekenbetrieb kann und konnte bereits auf diese Weise neue Angestellte finden. Der Wunsch, in Deutschland zu arbeiten, ist bei vielen ausländischen Apothekerinnen und Apothekern vorhanden. Doch bevor die Personalnot in den Betrieben gelindert werden kann, gilt es, Sprachbarrieren zu meistern. Eine Apothekerin und Dozentin für pharmazeutische Fachsprache und Kommunikation für Nicht-Muttersprachler im Beruf teilt ihre Erfahrungen mit uns.

Apothekerinnen und Apotheker aus dem Ausland sind als Arbeitskräfte hier in Deutschland willkommen – vor allem um die Personalnot in den Betrieben zu lindern. Voraussetzung sind allerdings Fachwissen und Sprachkenntnisse. Dafür existieren Prüfverfahren. Weil die sprachlichen Fähigkeiten in allen Beschäftigungsbereichen der Apotheke essenziell sind – beispiels­weise bei der Kommunikation mit Kunden, Patienten oder Ärzten – liegt ein Schwerpunkt im Anerkennungsverfahren auf der Fachsprache. Doch erst mit Arbeiten zu beginnen, wenn die deutsche Approbation vorliegt, müssen die ausländischen Kolleginnen und Kollegen auch nicht. Wenn Apotheker ihre Ausbildung in einem Drittland (nicht EU-, EWR-Staat oder Schweiz) absolviert haben, wird ihnen geraten, vor der Approbation eine Berufserlaubnis zu beantragen. So können sie bereits unter Aufsicht arbeiten und die Abläufe in einer deutschen Apotheke sowie ihre Sprachkenntnisse verbessern.

Wie lange eine Berufserlaubnis gültig ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Baden-Württemberg beispielsweise gilt sie zunächst für sechs Monate und wird nach bestandener Fachsprachenprüfung auf zwei Jahre verlängert. Sollten sich einzelne Ausbildungsinhalte der ausländischen Bildungs­abschlüsse von den hiesigen deutlich unterscheiden, wird zudem eine Kenntnisprüfung behördlich angeordnet. Für die Durchführung der Fachsprachenprüfungen sind die Apothekerkammern zuständig. Die Fachsprachenprüfung darf beliebig oft wiederholt werden, denn es geht nicht um Fachwissen, sondern um deutsche Fachsprachkenntnisse, die sich mit der Zeit verbessern können.

Fallbeispiele auswendig lernen bringt nichts

Die Fachsprachenprüfung besteht aus einem mündlichen und einem schriftlichen Teil und dauert ins­gesamt eine Zeitstunde. Als inhaltliche Grundlage dient beispielsweise die Fachinformation eines Fertigarzneimittels. Im mündlichen Teil werden Gespräche zwischen Apotheker und Patienten sowie Kollegen simuliert. Im schriftlichen Teil kann es darum gehen, eine E-Mail oder ein Fax an einen Arzt zu verfassen oder einen Meldebogen für die Arzneimittelkommission auszufüllen. Darüber hinaus existiert auch ein Übersetzungsteil, also eine Art Vokabeltest mit pharmazeutischen Fach­begriffen. Sowohl der Prüfungsablauf als auch die Bewertungskriterien sind standardisiert – der Inhalt der mündlichen Prüfung hängt also nicht von der jeweiligen Prüfungskommission ab.

Um die Prüflinge bestmöglich vorzubereiten, bieten die Apothekerkammern verschiedene Vorbereitungsprogramme an. So wird beispielsweise mit Sprachlehrinstituten und pharmazeutischen Lehrstühlen kooperiert. Ein C1-Deutschkurs für Apothekerinnen und Apotheker mit im Ausland erworbener Berufsqualifikation beträgt neun Wochen mit insgesamt 212 Unterrichtsstunden, die aus einem all­gemeinsprachlichen und einem fachsprachlichen Teil bestehen. Als Voraussetzung dient mindestens ein B2-Sprachzertifikat, das zum Beispiel am Goethe-Institut erworben werden kann. Letztendlich geht es darum, den ausländischen Fachkräften berufsbezogene kommunikative Fähigkeiten zu vermitteln. Es geht darum, dass sich die Apothekerinnen und Apotheker flexibel auf individuelle Gesprächs­situationen einlassen und sich spontan ausdrücken können. Lediglich Beratungsalgorithmen oder Fallbeispiele auswendig zu lernen, bringt also nichts. Am Ende müssen die ausländischen Kollegen dem hiesigen Berufsalltag nicht nur fachlich sondern auch sprachlich gewachsen sein.

Eine Apothekerin als Sprachtrainerin

Regina Tischtau ist Apothekerin und unterrichtet seit 2017 Apothekerinnen und Apotheker aus dem Ausland, bereitet sie auf Prüfungen vor und trainiert auch darüber hinaus bereits approbierte Kolleginnen und Kollegen.

Als Tischtau vor fünf Jahren von den Fachsprachenprüfungen erfahren hat, die alle ausländischen Apothekerinnen und Apotheker erfolgreich absolvieren müssen, bevor sie hier als pharmazeutisches Personal eingesetzt werden dürfen, schlug sie vor, die Kolleginnen und Kollegen bei der Prüfungsvorbereitung zu unterstützen. Sie hatte zuvor selbst mehrere Jahre als Apothekerin im außereuropäischen Ausland gearbeitet und konnte sich somit ausmalen, welche Schwierigkeiten die ausländischen Fachkräfte hier zu meistern haben würden.

Die pharmazeutische Fachsprache zu unterrichten, dafür reicht keinesfalls, nur deutsche Muttersprachlerin und Apothekerin zu sein. „Man muss schon eine sehr hohe Sprachaffinität mitbringen – auch ein feines Bewusstsein für die eigene Muttersprache sowie eine gewisse interkulturelle Sensibilität“, erklärt Tischtau gegenüber der DAZ. Sprache sei von jeher ihr Faible – sie habe selbst viele Fremdsprachen gelernt und könne sich an sehr guten Unterricht erinnern, genauso wie auch an das unangenehme Gefühl, inhaltlich und gedanklich weiter zu sein, aber sich in einer Fremdsprache noch nicht richtig ausdrücken zu können.

„Während meiner PR-Ausbildung im Anschluss an das Pharmaziestudium habe ich dann zusammen mit Germanisten die Feinheiten der deutschen Sprache im beruflichen Kontext der Unternehmenskommunikation kennengelernt – das hat mein Bewusstsein für den professionellen Umgang mit Sprache weiter geschärft“, verrät sie.

Ausländische Fachkräfte über mehrere Jahre begleiten

Darüber hinaus bereitet sie die aus­ländischen Kollegen auch auf weitere Abschlüsse vor, z. B. auf die Kenntnisprüfung oder auch auf Abschlüsse von Aufbaustudiengängen. Ihre Erfahrung hierbei: „Ich möchte hier ausdrücklich den Fleiß und Biss unserer Kolleginnen und Kollegen aus Drittstaaten hervorheben, die sich dem unterwerfen, um hier bei uns arbeiten zu dürfen. Ganz besonders freut es mich natürlich, wenn ehemalige Schüler wieder auf mich zukommen, um sich noch weiterzuentwickeln, oder wenn ich Schüler durch verschiedene Niveaus über mehrere Jahre begleiten darf und ihre Entwicklung sehe.“

Regina Tischtau ist davon überzeugt, dass die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland dazu beitragen können, den herrschenden Fachkräftemangel in Deutschlands Apotheken zu lindern. „Es sind viele fachlich sehr gute Kolleginnen und Kollegen dabei, die hierher kommen, um bei uns zu arbeiten.“ Natürlich gebe es verschiedene Talentausprägungen, wie hier­zulande auch in jedem Jahrgang. Deutsch als Fremdsprache sei zwar nicht ganz so einfach, doch viele Kolleginnen und Kollegen haben das Pharmaziestudium schon in einer Fremdsprache absolviert, z. B. auf Englisch oder Französisch. „Das macht es dann oft einfacher.“

Sollten Apothekeninhaberinnen und -inhaber in Erwägung ziehen, die Kollegen aus dem Ausland einzustellen, rät Tischtau, nicht zu kurzfristig vorzugehen. „Sie sollten dafür sorgen, dass die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland kontinuierlich in Theorie und Praxis unterstützt werden, so lange sie dies benötigen oder wünschen. Dieser Prozess kostet Ressourcen, darüber sollte man sich klar sein.“ Aber es lohne sich. Gegebenenfalls solle man sich externe Unterstützung holen.

In dieser und weiteren DAZ-Ausgaben möchten wir das Thema „Personalnot in Apotheken“ aus verschiedenen Blickwinkeln thematisieren. Wie ist die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt? Welche Möglichkeiten gibt es, neue Mitarbeiter­innen und neue Mitarbeiter zu finden? Diesmal liegt der Fokus auf dem Finden und Qualifizieren von ausländischen Fachkräften und auf der Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Abschließend hat sie noch einen Rat an die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland: „Bleiben Sie dran, auch, wenn es mal schwierig wird. Denken Sie daran: Andere kochen auch nur mit Wasser! Versuchen Sie, sich in die bestmögliche Position zu bringen – strukturieren Sie Arbeit, Lernen und Privates. Lassen Sie sich gegebenenfalls beraten. Schauen Sie nach vorne und nehmen Sie interessante Entwicklungsmöglichkeiten in den Blick.“ Dazu zählt Regina Tischtau die Leitung einer Filiale, eine Wei­terbildung oder auch ein Aufbau­studium. So baue man sich ein stabiles berufliches Fundament für die Zukunft auf. |

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