Kongresse

Lipidsenkende Arzneistoffe und ihr klinischer Nutzen

Ein Überblick über alte und neue Therapieoptionen

Die Hyperlipidämie zählt zu den Hauptrisikofaktoren für das Entstehen einer Atherosklerose und Folgeerkrankungen wie koronarer Herzkrankheit. Prof. Dr. Peter Ruth vom Institut für Pharmakologie in Tübingen erinnerte nicht nur an die Pathogenese und die Funktion verschiedener Lipoproteine. Er erläuterte auch die Unterformen der Hyperlipidämien und den klinischen Nutzen der verfügbaren Arzneimittel.
Foto: DAZ/dm

Prof. Dr. Peter Ruth

Eine Metaanalyse von 26 randomisierten kontrollierten klinischen Studien zeigte, dass pro 1 mmol/l Senkung von LDL-Cholesterol schwerwiegende vaskuläre Ereignisse um 22%, KHK-bedingter Tod um 20% und Schlag­anfall um 17% verringert werden. Der relative Nutzen sei dabei im ersten Jahr nur halb so groß wie in den Folgejahren, was für eine langfristige Therapie spricht.

Ezetimib hemmt das Niemann–Pick C1-Like-1-Protein (NPC1L1) in Entero­zyten des Dünndarms und damit die Resorption von diätetischem Cholesterol. In der IMPROVE-IT-Studie zeigte sich ein geringer, aber signifikanter Zusatzeffekt von Ezetimib in Kombination mit Statinen. Auch PCSK9-Antikörper (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) wie Evolocumab und Alirocumab seien sehr wirksame Arzneimittel, die LDL-Cholesterol-Spiegel und kardiovaskuläre Ereignisse noch über die Statin- und/oder Ezetimib-Therapie hinaus senken könnten (zusätzliche 46 bis 61%). Wegen der Behandlungskosten und begrenzten Daten zur langfristigen Sicherheit sollen sie aber nur bei Patienten mit sehr hohem Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen kosteneffektiv sein.

Neuartiges ­siRNA-Therapeutikum

Auch das neuartige siRNA-Therapeu­tikum Inclisiran ließ Ruth in seiner Einordnung nicht aus. Inclisiran kann mit einem Statin und anderen lipidsenkenden Therapien kombiniert werden, wenn mit der maximal tolerierten Statin-Dosis die Zielwerte für LDL-Cholesterol-Werte nicht erreicht werden. Bei Intoleranz eines Statins kann es zudem auch allein oder kombiniert mit anderen lipidsenkenden Therapien eingesetzt werden. Das Besondere daran: Es handelt sich um eine subkutane Injektion zu Behandlungsbeginn, nach drei Monaten und dann nur noch alle sechs Monate. Allerdings seien bislang keine relevanten Endpunkte wie kardiovaskuläre Morbidität oder Mortalität hinreichend untersucht worden. Eine Einordnung in die derzeit verfügbaren Optionen einer lipidsenkenden Therapie ist somit noch nicht möglich.

Die Bempedoinsäure, ein ATP-Citrat-Lyase(ACL)-Inhibitor, sei besonders für Patienten mit Statin-Intoleranz geeignet. Laut Phase-III-Studien kam es in Kombination mit Statinen zu keiner höheren Rate von Muskelbeschwerden im Vergleich zu Placebo, und der LDL-Cholesterol-Wert soll um 21 bis 28% gesunken sein – in Fixkombination mit Ezetimib um 36%. Allerdings wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) weder für Bempedoinsäure allein noch in Kombination mit Ezetimib ein Zusatznutzen aus­gesprochen.

Neueinführung 2022?

Laut Ruth kann mit dem „althergebrachten“ Gallensäurebinder Colesevelam eine weitere Senkung der LDL-Cholesterol-Werte erreicht werden – in Kombination mit Statinen oder dreifach kombiniert mit Ezetimib. Ob das zu einer klinisch relevanten Senkung von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität führt, sei jedoch nicht untersucht. Ein Gallensäurebinder solle nur als Reservemedikament eingesetzt werden. Auf dem deutschen Markt noch nicht verfügbar ist Evinacumab (Evkeeza®). Es könnte aber noch 2022 eingeführt werden und ist für die homozygote familiäre Hypercholesterolämie zugelassen. Es wird monatlich i. v. verabreicht. Der Antikörper gegen Angiopoietin-like 3 soll dazu führen, dass das Very Low Density Lipoprotein (VLDL) abgebaut wird, bevor es zu Low Density Lipoprotein LDL werden kann.

Auch die Fibrate zählen zu den lipidsenkenden Arzneistoffen, reduzieren jedoch vor allem die Triglycerid-Spiegel und werden nicht mit Statinen kombiminiert – gemeinsam erhöhen sie das Risiko für Myopathie und Rhabdomyolyse. |

dm

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