Wirtschaft

Österreich: Staat soll Rohstoffe kaufen

Apotheken wollen Kinder-Antibiotikasäfte herstellen / Politik: Nicht kurzfristig umsetzbar

cha | Auch in Österreich machen Lieferengpässe die Versorgung der Patienten schwer. Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr hat nun im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA gefordert, dass der Staat Antibiotika-Rohstoffe kauft, damit die Apotheken die Kindersäfte selbst herstellen können.

Laut Mursch-Edlmayr haben derzeit weder Großhandel noch Apotheken Vorräte an Antibiotika-Säften, außerdem gebe es Wartelisten mit mehr als 23.000 Packungen, heißt es in der Meldung. Damit habe sich der seit Herbst besonders akute Lieferengpass bei bestimmten Medikamenten noch einmal bei Antibiotika für Kinder verschärft. Die Kammerpräsidentin nennt auch konkrete Zahlen: 2019 wurden in Österreich etwa 130.000 Packungen an Kinder-Antibiotikasäften verbraucht, 2022 wurden rund 80.000 Packungen abgegeben, mehr standen nicht zur Verfügung.

Die österreichischen Apotheker stehen bereit, um diesen Mangel auszugleichen: „Wir wissen, es gibt Rohstoff am Markt zur Zeit und wir wissen genau, wie viel Rohstoff wir brauchen für diese Produkte“, betonte die Präsidentin. Die Kammer habe dem Gesundheitsministerium angeboten, die Säfte in den Apotheken frisch zuzubereiten – in sogenannter Magistraler Rezeptur. Der Staat müsse für die Rohstoffbeschaffung im Ausland eine Abnahmegarantie geben und die Finanzierung sichern, der Großhandel könne dann für die Verteilung auf Apotheken sorgen.

Doch statt sich über das Angebot der Apotheker zu freuen, wird es von der Politik rundweg abgelehnt.„Der Vorschlag der Apothekerkammer ist aus Sicht des Gesundheitsministeriums kurzfristig leider nicht umsetzbar. Es fehlt die gesetzliche Grundlage, damit der Bund Wirkstoffe ankauft“, heißt es in einem Statement gegenüber der APA. Zudem fehle in Österreich die Möglichkeit der Wirkstoffverschreibung.

Gegenwind kommt auch von der Industrie. Alexander Herzog, Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie (Pharmig), sagte im „Ö1“-Mittagsjournal, dass die Apotheken zwar über ein „bewährtes System der Magistralen Zubereitung“ verfügten, das gelte aber für eine kleine Stückzahl. Für Antibiotika brauche es „teilweise hochexplosive Zusatzstoffe“. Sollten Apotheker das überhaupt können, dann sicherlich nicht großflächig.

Kinderärzte für sichere Herstellung in Apotheken

Unterstützung bekommen die Apotheker dagegen von den Kinderärzten. So äußerte der Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) Reinhold Kerbl: „Das wird von unserer Seite natürlich völlig unterstützt, dass man die Rohsubstanzen kauft.“ Dann könnten die Mittel in allen Apotheken in Österreich in gleicher Rezeptur sicher hergestellt werden.

Mursch-Edlmayr plant nicht nur für Antibiotika: „Wir fordern ganz klar Rohstofflager in Österreich.“ Dann könnten bei Bedarf auch Medikamente für Erwachsene produziert werden. Das Problem der Lieferengpässe wird uns noch weiter begleiten und die Rohstoffe haben eine lange Haltbarkeit, betonte die Präsidentin. |

Das könnte Sie auch interessieren

Höhere Preise im Ausland führen zu Lieferengpässen bei Rx-Medikamenten

Österreich leidet unter Deutschland-Exporten

Lieferengpässe in der Alpenrepublik

Deutschland kauft Österreich leer

Wohnzimmertests in Österreich

Am Wochenende wird umgepackt

Lieferengpässe in Österreich

Frühwarnsystem gefordert

Österreich startet Abgabe von kostenlosen Selbsttests in der Apotheke

Umpacken am Wochenende

Lieferengpässe bei Kinderarzneimitteln (Teil 1): Der Apotheker

„Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Pharmazeuten sein dürfen”

Mursch-Edlmayr folgt auf Wellan

Österreich: Neue Präsidentin

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.