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Management

Druck „von unten“

Wie man mit Intrigen gegen Führungskräfte umgehen sollte

In einer wertschätzenden Arbeitsumgebung ist es möglich und erwünscht, dass nicht nur der Apothekenleiter kritisiert, sondern umgekehrt auch dieser von den Mitarbeitern konstruktive Kritik erfährt. Was aber, wenn diese Kritik und dieses Vorgehen in ein mobbingähnliches „Staffing“ ausarten? Wie kann sich der Apothekenleiter dagegen zur Wehr setzen oder dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommt?

Von dem Phänomen „Mobbing“ hat wohl schon jeder gehört oder es selbst erfahren, etwa in der Schule oder am Arbeitsplatz. Bei Letzterem ist von „Bossing“ dann die Rede, wenn der Verursacher der Schikanen der Vorgesetzte selbst ist – und das ist besonders bitter, weil das Mobbing ausgerechnet von der Person ausgeht, an die sich ein Mitarbeiter bei Problemen vertrauensvoll wenden soll. Führungskräfte, die Bossing betreiben, können oft schalten und walten, wie sie wollen, weil sie am längeren Hebel sitzen. Hilfreich ist oft nur eine gemeinsame Aktion, bei der sich möglichst viele Mit­arbeiter solidarisieren und zusammen gegen die mobbende Führungskraft vorgehen.

Zuweilen verläuft das Mobbing in umgekehrter Richtung: Von „Staffing“ sprechen wir, wenn Mitarbeiter gegen die Führungskraft mobbingartig sticheln, intrigieren und Machtspielchen betreiben. In einer Apotheke ist das beispielsweise dann der Fall, wenn ein Mitarbeiter versucht, den Apothekenleiter bloßzustellen, ständig seine Entscheidungen unterläuft sowie Vereinbarungen und Anweisungen nicht nur hinterfragt – dies kann ja durchaus richtig und zielführend sein –, sondern sie in informellen Gesprächen mit Kollegen schlechtredet. Der Mit­arbeiter agitiert gegen den Apothekenleiter.

Dieses Verhalten ist auch oft zu beobachten, wenn der Apothekenleiter eine weitere Hierarchieebene eingezogen hat, es beispielsweise einen approbierten Apotheker mit Führungsverantwortung gibt. Oder wenn der Apothekenleiter einem langjährigen und sehr erfahrenen Mitarbeiter als seiner „rechten Hand“ im Backoffice Führungsverantwortung über­tragen hat.

Gerüchte streuen, Informationen zurückhalten

In all diesen Beispielen wird Staffing, mithin Mobbing von „unten nach oben“ betrieben, um einer Führungskraft zu schaden. Typische Beispiele sind, dass ein Mitarbeiter Gerüchte streut, Informationen bewusst nicht weitergibt und oft nur Dienst nach Vorschrift leistet, also nur das Notwendigste tut, sodass es zwar keinen handfesten Anlass zur Klage gibt, die Prozesse und Abläufe in der Apotheke aber dennoch gestört sind. Welche Möglichkeiten gibt es, Staffing zu verhindern oder es einzudämmen?

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Bei Anzeichen von Staffing sollte schnellstmöglich das Gespräch gesucht werden, um die Gründe für das Verhalten herausfinden. Ein für Feedback offenes Betriebsklima hilft, Staffing von vorneherein zu verhindern, und stärkt das Team.

Impuls 1: Sofort ansprechen

Sobald die Führungskraft Anzeichen oder Symptome des Phänomens wahrnimmt, sollte sie das Problem sofort thematisieren. Dazu verschafft sie sich einen Überblick, analysiert die Situation, stellt fest, wer an dem Staffing beteiligt und wie weit es voran­geschritten ist. Wie geht der Mit­arbeiter vor? Wie streut er die Gerüchte? Versucht er, Frak­tionen zu bilden, also Teile des Apothekenteams auf seine Seite zu ziehen?

Entscheidend ist die Frage: Was motiviert ihn dazu? Denn nicht immer ist es böser Wille, der ihn dazu bewegt, gegen die Führungskraft zu agitieren. Manchmal glaubt er, angemessen zu handeln: „Der Chef macht einen Fehler und liegt eindeutig daneben!“ Statt jedoch die Führungskraft direkt darauf anzusprechen, schlägt der Mitarbeiter den falschen Weg ein und versucht, das Problem „hinten herum“ in den Fokus zu rücken – aus seiner Sicht völlig zu Recht und mit guten Gründen.

Insbesondere wenn die Situation (noch) nicht aus dem Ruder ge­laufen ist, sollte die Führungskraft sofort einschreiten und mit dem betroffenen Mitarbeiter ein Gespräch unter vier Augen führen. Handelt es sich um eine Führungskraft aus der zweiten Ebene, sollte sie gegebenenfalls den Apothekenleiter mit ein­beziehen – eine Option, die dieser nicht hat, wenn die Agitation gegen ihn selbst gerichtet ist. Verpasst die Führungskraft den richtigen Zeitpunkt des Einschreitens, kann sich das kontraproduktive Verhalten des Mit­arbeiters so weit verselbststän­digen, dass eine produktive Lösung kaum noch im Bereich des Möglichen liegt.

Impuls 2: Gespräch führen

Wie das Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter konkret abläuft, ist immer von den Gründen für das Mitarbeiterverhalten und dem Stand der Dinge abhängig. Abzuraten ist von einer Reaktion nach dem Motto: „Ich bin in der besseren Position und schlage jetzt mit der Kraft meiner Vorgesetztenmacht zurück!“ Das führt zur Verhärtung der Fronten. Und eine Trennung sollte nur als Ultima Ratio in Betracht gezogen werden.

Zielführender ist es, dem Mitarbeiter im Gespräch klar und eindeutig die Grenzen aufzuzeigen, dabei jedoch immer sachlich zu bleiben, die Fakten auf den Tisch zu legen, die Ursachen für das Staffing herauszufinden, Argumente statt Beschuldigungen vorzutragen und konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten. Das funktioniert, wenn beide Seiten zur Kooperation bereit sind. Die Führungskraft kann den Gesprächsverlauf beeinflussen, indem sie wie folgt argumentiert: „Ich bin mit Ihrem Verhalten (es klar benennen) nicht einverstanden, weil … Und es ist mir sehr daran gelegen, die Gründe für Ihr Verhalten zu erfahren. Vielleicht finden wir auf dieser Basis einen gemeinsamen Weg, der aus der vertrackten Situation hinausführt.“ Das weitere Agieren der Führungskraft fällt je nach Reaktion des Mitarbeiters aus – zum Beispiel:

  • Es kommt zu einer Einigung, indem die Führungskraft den sachlichen Kern des Staffings aufnimmt und der Mitarbeiter daraufhin sein Verhalten ändert.
  • Führungskraft und Mitarbeiter einigen sich auf einen Kompromiss, mit dem die Beteiligten leben können. Das destruktive Verhalten des Mitarbeiters findet sofort ein Ende.
  • Jene Ultima Ratio tritt in Kraft.

Impuls 3: Klima für offenes Feedback schaffen

Ideal wäre es, wenn es gar nicht erst zum Staffing käme. Hilfreich sind eine offene und transparente Unternehmenskultur sowie ein Betriebsklima, bei dem Kritik grundsätzlich sachlich angelegt ist und es zum guten Ton gehört, sie nicht nur „von oben nach unten“ auszusprechen, sondern auch „von unten nach oben“. Das heißt: Den Mitarbeitern ist es möglich, ihre Bedenken und kritischen Ansichten zu äußern, etwa in der Teamsitzung. Und auch im Mitarbeitergespräch ist ein bilaterales Feedback üblich. Allerdings müssen sich die Mit­arbeiter dabei genauso verhalten wie die Führungskräfte: Die Kritik wird sachlich, problemlösungsorientiert und themenbezogen vorgetragen, ohne Personen anzugreifen.

Des Weiteren ist es klug, grundsätzliche Spielregeln für den Umgang miteinander aufzustellen. Das gesamte Apothekenteam begegnet sich unter den Geboten der Fairness, der Toleranz und des Respekts. Das gemeinsame und von allen legitimierte Vorhaben besteht darin, die Apothekenziele zu erreichen. Jeder fragt sich, ob das eigene Verhalten dazu einen Beitrag leistet.

Das mag idealistisch gedacht sein, reduziert aber die Wahrscheinlichkeit, dass Mobbing, Bossing und Staffing entstehen können. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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