Gesundheitspolitik

Ministerium hat kein Interesse am „letzten Kittel“

Kampagne schließt mit lautstarker Demonstration von Apothekern, Ärzten, Zahnärzten und Therapeuten vor dem BMG

gbg | Mit der Aktion „Der letzte Kittel“ wollen die IG Med, die Freie Apothekerschaft, die Ver­einigung unabhängiger Vertragszahnärzte und die Vereinten Therapeuten auf ihre Belange aufmerksam machen. Höhepunkt der Kampagne sollte am vergangenen Mittwoch die Übergabe der mit den Forderungen und Kritikpunkten beschrifteten Kittel an Bundesgesundheits­minister Karl Lauterbach sein. Doch die Demonstranten standen vor verschlossenen Türen.

Fragt man Heilberufler in Deutschland nach ihren größten beruflichen Sorgen, fallen drei Stichworte ganz sicher: überbordende Bürokratie, mangelnde Honorierung und permanent drohende Vergütungskürzungen für ordnungs­gemäß erbrachte Leistungen. „Das sind Probleme, die uns alle einen“, sagte Ilka Enger, Vorsitzende der Ärzteorganisation IG Med, am vergangenen Mittwoch bei der Pressekonferenz vor der geplanten Kittelübergabe. Geladen hatten neben der IG Med auch die Freie Apothekerschaft, die Vereinigung unabhängiger Vertragszahnärzte und die Vereinten Therapeuten. Sie wollten dem Bundesministe­rium für Gesundheit ihre letzten Kittel überreichen – bereits im Vorfeld hatten die Organisationen ihre Kollegen dazu aufgerufen, ihre „letzten Kittel“ als Sinnbild für die Aufgabe einer Praxis oder Apotheke an das Ministerium zu schicken.

Foto: privat

Die Demonstranten machten vor dem Bundesgesundheitsministerium lautstark auf ihre Forderungen aufmerksam, doch Lauterbach ließ sich nicht blicken.

Verantwortlich für die aktuelle Misere im Gesundheitssektor machen die Initiatoren der Protestaktion den Bundesgesundheits­minister. Daniela Hänel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, fasste es aus Apothekersicht so zusammen: „Die Büchse der Pandora wurde geöffnet, als das Rx-Versandverbot fiel.“ Berater der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) war seinerzeit Lauterbach. Und auch Enger kritisierte den Minister deutlich: „Er wollte immer eine Zwei-Klassen-Medizin verhindern, schafft aber genau das mit dem, was er gerade macht.“

Dass die Honorare der Heilberufler in den vergangenen 30 Jahren kaum angepasst wurden, macht allen gleichermaßen zu schaffen. „Sehe ich aus wie eine Porsche fahrende Großverdienerin?“, fragte Hänel in Anspielung auf das leider noch immer weit verbreitete Klischee vom reichen Apotheker. „Nein. Ich bin eine bodenständige Mutter und Chefin eines hochengagierten Teams.“ Zudem müssen alle fürchten, dass die Krankenkassen im Nachhinein ordnungsgemäß erbrachte Leistungen doch nicht bezahlen – oft wegen unbedeutender formaler Fehler. Zusammen mit der Bürokratie, die den Gesundheitsberuflern inzwischen über den Kopf wächst, könnte das zur Lawine werden, warnt Enger – „und wenn Lauterbach nicht aufpasst, könnte er zum Lawinenopfer werden“.

Fest steht für die Heilberufler, dass sie sich nicht mehr gegen­einander ausspielen lassen wollen, sondern von nun an geschlossen auftreten werden. Das, unterstrichen die Initiatoren mehrfach, tun sie auch für ihre Patienten. Denn letztlich ginge es zu ihren Lasten, wenn die Praxen und Apotheken in Bürokratie erstickten und wegen mangelnder Vergütung letztlich sogar schließen müssten.

Trotz Ankündigung nimmt keiner die Kittel entgegen

Zur Kittelübergabe versammelten sich die Heilberufler dann vor dem Bundesgesundheitsministerium, wo sie lautstark und mit Plakaten sowie Reden auf ihre Forderungen aufmerksam machten. Zudem gab die „singende Apothekerin“ Doreen Wegner ihre Apotheken-Version des Grönemeyer-Hits „Was soll das“ zum besten. Doch trotz Ankündigung wollte niemand die Kittel entgegennehmen, sie wurden daher am Eingang des BMG deponiert. Ein Video zur Demonstration kann mit dem Webcode E6DV4 auf DAZ.online abgerufen werden. |

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