Wirtschaft

Lebenswerk abgeben – aber wie?

Herausforderungen beim Apothekenverkauf

Für jeden Apothekeninhaber kommt irgendwann früher oder später die Zeit, die Apotheke abzugeben. Allerdings ist die Nachfolgersuche kein Selbst­läufer und scheitert selbst bei wirtschaftlich gesunden Apo­theken. Was es zu beachten gilt und welche Fehler unbedingt vermieden werden sollten, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Die Abgabe selbst einer gut gehenden Apotheke ist längst kein Selbstläufer mehr. Immer öfter bleiben Apotheken ohne Nach­folger, weil Inhaber vergeblich nach einem Interessenten für ihr Lebenswerk suchen. Auch dies ist ein Grund für das „Apotheken­sterben“ in Deutschland. Bekanntermaßen wurden 2022 nur noch 18.068 Apotheken gezählt. Das waren fast 400 weniger als im Jahr davor. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 21.592. In einigen ländlichen Regionen wird mittlerweile von Lücken in der Versorgung gesprochen, vor allem bei den Notdiensten.

Es soll hier nicht um die Gründe für das langsame Verschwinden von Apotheken gehen. Vielmehr soll hier beleuchtet werden, wie Inhaber für ihre Offizin auch unter ungünstigen Rahmenbedingungen noch einen Nachfolger finden können. Das ist für die Betroffenen durchaus eine Herausforderung. Denn machen wir uns nichts vor: Die meisten Inhaber haben keine Routine, wenn es um den Kauf oder den Verkauf einer Apotheke geht. Woher sollte die auch kommen? Schließlich ist eine Übernahme oder eine Abgabe nichts, was Apotheker regelmäßig managen. Vielmehr dürften viele in ihrem Leben genau eine Übernahme und eine Abgabe abwickeln. Eine irgendwie geartete Routine kann sich da nicht entwickeln.

Schon allein deshalb sollten Inhaber dem Verkauf der Apotheke(n) die nötige Zeit und auch Aufmerksamkeit widmen. Neben steuer­lichen Fragestellungen sind auch rechtliche sowie die Liquidität betreffende zu beachten – nicht zuletzt ist die Abgabe auch eine emotionale Sache. Schließlich ist es ein Lebenswerk, das hier gewissermaßen über den Ladentisch in neue Hände kommt. Wer viel Zeit und Herzblut in eine Apotheke gesteckt hat, möchte diese auch an einen verlässlichen Nachfolger übergeben, der das Lebenswerk zu schätzen weiß.

Foto: Minerva Studio/AdobeStock

Die Suche nach einem verlässlichen Nachfolger kann eine Herausforderung sein.

Früh mit der Planung beginnen

Die erste Regel lautet daher: Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Apothekenabgabe. Um eine möglichst optimale Übergabe hinzukriegen, sollte mindestens drei bis fünf Jahre vor dem gewünschten Verkaufszeitpunkt mit der Planung begonnen werden. So steht genügend Zeit zur Verfügung, um die richtigen Weichen zu stellen und alle Ziele und Wünsche, die mit dem Apothekenverkauf verbunden sind, zu erreichen.

Für viele Inhaber ist es aber oft gar nicht einfach, den richtigen Zeitpunkt für den Eintritt in den Ruhestand zu finden. Das ist eine Frage, bei der sehr viele – auch sehr persönliche – Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Aus finanzieller Sicht ist eine Ruhestandsplanung nötig. Das wäre daher auch die zweite Regel: Machen Sie eine Rentenplanung. Wann beantragen Sie optimalerweise die Rente? Ist ein Zeitraum zwischen Verkauf der Apotheke und Renteneintritt zu überbrücken? Wie hoch und wie liquide ist Ihr Vermögen? Reichen Ihre laufenden Einkünfte im Rentenalter aus, um Ihren gewohnten Lebensstandard zu erhalten? Welcher Apothekenverkaufspreis ist erzielbar und was verbleibt hieraus nach Steuern? So lauten Fragen, die beantwortet werden sollten.

Abgabe am besten zu Beginn eines Jahres

Neben der Ruhestandsplanung sollten auch steuerliche Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. Bekanntermaßen kann ab dem Erreichen des 55. Lebensjahres ein Betrieb nach aktueller Gesetzgebung steuerlich vergünstigt veräußert werden. Der Steuersatz beträgt 56 Prozent des Durchschnittssteuersatzes, der auf das gesamte Einkommen im Jahr der Betriebsaufgabe anfällt. Das führt zu Regel drei: Eine steueroptimierte Abgabe erfolgt zu Beginn eines Jahres. Denn im Jahr des Apothekenverkaufs kommen keine Gewinne aus der Apotheke aus dem laufenden Geschäftsjahr hinzu und erhöhen so nicht den Durchschnittssteuersatz. Aus­nahmen gibt es allerdings unter anderem bei einem abweichenden Geschäftsjahr. Eine Prüfung, ob vor Veräußerung noch auf das Kalenderjahr umgestellt werden sollte, kann sich daher lohnen.

Wer mehr als eine Apotheke verkauft, sollte zudem unbedingt einen weiteren Gesichtspunkt beachten: Beim Verkauf eines Apotheken­verbundes ist zu prüfen, ob es sich nach steuerlicher Definition um einen Betrieb handelt. Unter Umständen ist ein zeitlich größerer Vorlauf erforderlich, um die entsprechenden Weichen zu stellen. Den wenigsten ist die Problematik bei der Veräußerung mehrerer Apotheken bekannt oder bewusst.

Oft gehen Inhaber davon aus, dass für einen Verkauf nur der Wert der Apotheke ermittelt werden muss. Der Rest sei dann Verkaufsgeschick, so ein verbreiteter Irr­glaube. Für eine fundierte Einschätzung eines realistischen Verkaufspreises reicht das nicht. Der rechnerisch ermittelte Unternehmenswert muss mit den aktuell erzielbaren Marktpreisen abgestimmt werden. Regel vier lautet daher: Um einen realistischen Verkaufspreis zu bestimmen, sind neben der Durchführung einer fundierten Wertermittlung auch Branchenwissen und die Kenntnis des (regionalen) Apothekenmarkts erforderlich.

Kann der Wert der Apotheke gesteigert werden?

Ein Interessent wird nur zu einem Käufer, wenn er den Preis wenigstens für vertretbar hält und die Apotheke eine Zukunftsperspektive bietet. Deshalb Regel fünf: Inhaber sollten prüfen, welche Maßnahmen und Möglichkeiten sich zu ergreifen lohnen. Möglicherweise kann die Aufwertung einer unverkäuf­lichen Apotheke diese noch in eine verkaufbare verwandeln.

Alternativ können dem Käufer Eckdaten zur Verbesserung des Betriebsergebnisses dargestellt und auch rechnerisch abgebildet werden. Die Erstellung eines ausführlichen Exposés unter vollständiger Transparenz aller betrieb­lichen Kennzahlen erleichtert den Verkauf und verbessert das Verkaufsergebnis. In der Praxis wird gerade an dieser Stelle viel falsch gemacht, weil es an Transparenz und Know-how fehlt.

Das führt uns zur sechsten Regel: Legen Sie den Verkauf in professionelle Hände. Es gibt mindestens zwei Gründe, weshalb Inhaber den Verkauf nicht in Eigenregie durchführen sollten. Der erste ist die bereits erwähnte fehlende Routine. Doch es gibt noch einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt: Inhaber sind beim Verkauf ihres Lebenswerks immer auch emotional betroffen. Und wenn dann ein Käufer aus einer jüngeren Generation mit eigenen Wertvorstellungen und Zielen kommt, der dazu noch einen möglichst günstigen Verkaufspreis aushandeln will, kann es schnell einmal krachen. Das wird verhindert, wenn der Inhaber im Hintergrund bleibt und ein professioneller, routinierter Berater, die Gespräche im Sinne seines Auftraggebers führt.

Bei der Auswahl eines Beraters sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass er die nötige Qualifikation und Erfahrung mitbringt. Diese Kompetenz kann beispielsweise durch Referenzen belegt werden. Auf gar keinen Fall sollten Inhaber den Auftrag aus Gefälligkeit an einen Bekannten geben. Ein qualifizierter Berater wird nicht nur Unterlagen versenden und den Kontakt zu möglichen Kaufinteressenten herstellen. Wichtig ist es, den Käufer da ab­zuholen, wo er steht – menschlich und fachlich. Diese Aufgabe können professionelle Berater am besten meistern.

Der Kreis der Mitwisser sollte möglichst klein sein

Doch hier ist noch etwas zu beachten. Apotheker sollten sich einen Berater suchen – nur einen. Denn Regel Nummer sieben ist: Halte den Kreis derjenigen klein, die über die Verkaufsabsicht Bescheid wissen. Inhaber sollten zu jedem Zeitpunkt genau wissen, wer über den anstehenden Verkauf informiert ist. Die Diskretion ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Die Mit­arbeiter dürfen nicht über Dritte von Verkaufsabsichten erfahren. Das führt zu Verunsicherungen und schlimmstenfalls zu Kündigungen. Nicht selten kommt es vor, dass Apotheken lange nicht ver­äußert werden, weil der Kaufpreis zu hoch ist und zu viele Anbieter am Markt dieselbe Apotheke im Portfolio haben. Wenn dann nicht zügig verkauft wird, werden potenzielle Interessenten misstrauisch. Irgendeinen Grund muss es ja schließlich haben, dass sich die Apotheke nicht verkauft. Und schon ist die Apotheke „verbrannt“.

Kommen wir noch zu einem etwas heiklen Punkt: dem Verkauf innerhalb der Familie. Oft wird unterschätzt, dass eine Weitergabe der Apotheke an ein Familienmitglied – als Verkauf oder als Schenkung – zu Unfrieden innerhalb der Familie führen kann. Denn es gibt innerhalb einer Familie durchaus ein empfindliches Sensorium für Verteilungsgerechtigkeit. Deshalb sollten immer alle betroffenen Familienmitglieder, auch die nicht direkt involvierten Kinder, in den Prozess der Übergabe einbezogen werden. Nur so können Streitigkeiten vermieden werden. Die Unterstützung durch einen versierten, empathischen Berater kann hier ebenfalls hilfreich sein. |

Corinna Renz, Geschäftsführerin der Finanzberatung für Heilberufe GmbH, Esslingen, E-Mail: info@fhb-plus.de

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