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Gesundheitspolitik
Auslegung des ALBVVG: BMG bestärkt Kassen-Sicht
Abgaberangfolge, Retax und 50-Cent-Zuschlag: Absage an DAV-Interpretation
Während der Deutsche Apothekerverband (DAV) sie weit auslegen will – schließlich sollen sie Apotheken den Arbeitsalltag erleichtern – hat der GKV-Spitzenverband eine gewohnt enge Lesart. Der DAV entschied daher, das Bundesgesundheitsministerium als „Schiedsrichter“ einzuschalten: Er bat Mitte September in vier konkreten Fragen um Auslegungshilfe. Die Antworten aus dem Hause Lauterbach sind inzwischen eingetroffen, aber ernüchternd: Hier liegt man ganz auf der restriktiven Kassenlinie.
Zum einen wollte der DAV wissen, wie die neue Regelung zum Austausch bei Nichtverfügbarkeit abweichend von den Vorgaben im Rahmenvertrag zu verstehen ist. Der DAV interpretierte sie so, dass die Apotheke nur die erste Stufe der Abgabereihenfolge zu prüfen hat, die der Rahmenvertrag vorgibt. Ergebe diese Prüfung, dass das abzugebende (Rabatt-)Arzneimittel nicht verfügbar sei, sei die Apotheke in der Auswahl frei und könne das abzugebende gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Denn aus DAV-Sicht sollte gerade die aufwendige Prüfung der Abgabereihenfolge erleichtert werden. Die neue Möglichkeit, von ihr abzuweichen, sollte sogar bereits greifen, wenn ein einziges nach Rahmenvertrag abzugebendes Arzneimittel nicht verfügbar ist. Doch das BMG sieht den Fall so wie der GKV-Spitzenverband. Sie sei so zu verstehen, dass sie erst greife, wenn nach den Regelungen des Rahmenvertrages zur Abgabereihenfolge kein verfügbares Arzneimittel vorhanden ist. Und so bleibt die Abgaberangfolge nach Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 2 SGB V unverändert, informiert etwa der Apothekerverband Schleswig-Holstein seine Mitglieder. Eine Erleichterung der Arzneimittelabgabe besteht somit lediglich bei der Auswahl von Packungsgrößen, Packungsanzahl, Abgabe von Teilmengen und der Wirkstärke.
Retaxverbot nur für neue Beanstandungsverfahren
Und auch die Frage, ab wann die neuen Regeln des Retaxationsausschlusses anzuwenden sind, hat das BMG im Sinne der Kassen beantwortet: Erfasst seien nur Beanstandungen, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens (also ab dem 27. Juli 2023) ausgesprochen werden, nicht hingegen Beanstandungsverfahren, die noch nicht abgeschlossen sind. Der DAV hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Neuregelung alle noch laufenden Beanstandungsverfahren, unabhängig vom Zeitpunkt der Arzneimittelabgabe oder dem Beginn des Verfahrens, umfasse.
Klargestellt wurde unter anderem auch: Das Retaxverbot bei fehlender Dosierungsanweisung auf der Verordnung gilt nicht bei BtM- und Rezeptur-Verordnungen.
Nur einmal 50 Cent
Ein weitere Frage betraf die 50-Cent-Vergütung. Der DAV ging davon aus, dass bei der Verordnung von zwei Packungen in einer Zeile auch zweimal der Zuschlag anfallen müsse. Die Kassenseite hält ihn nur für einmal abrechenbar. Und letzteres meint auch das BMG: „Dem BMG zufolge sprechen der Wortlaut und der Regelungsstandort im Ergebnis für einen singulären Zuschlag in Höhe von 50 Cent pro verordnetem Arzneimittel und nicht pro abgegebener Packung“, bestätigte ein DAV-Sprecher.
Die letzte Frage betraf die Abrechnung von Teilmengen, die größeren Packungen entnommen werden. Die wortgetreue Lesart der neuen Vorgabe führt laut DAV zu absurden Konstellationen, weil stets die kleinste Packungsgröße maßgeblich sein soll. Doch die Regelung ist aus Sicht des BMG so zu verstehen, „dass in Fällen, in denen die verschriebene und abgegebene Packungsgröße eine N2 ist und als Teilmenge aus einer N3 abgegeben wird, die N2 als in diesem Sinne kleinste im Verkehr befindliche Packung gemeint ist und entsprechend zu berechnen wäre“. |
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