Schneller wieder nüchtern?

mp | Ist genügend Alkohol im Spiel, tritt irgendwann ein Zustand der Bewusstlosigkeit ein. Gegen dieses Koma gibt es bislang kein medizinisches Gegenmittel, außer zu warten.

Das Hormon FGF21 könnte diese Tatsache vielleicht ändern. Es wird in der Leber gebildet, Ethanol kurbelt die Produktion an. Bei Affen und Mäusen scheint es das Bedürfnis zu hemmen, mehr Alkohol zu trinken. Viel mehr war über das Hormon bisher nicht bekannt. Pharmakologen aus Dallas wollten mehr wissen. Sie experimentierten mit Mäusen. Bei einigen Tieren blockierten sie genetisch die FGF21-Produktion. Dann legten sie die Tiere mit einer hohen Dosis Alkohol ins Koma – zusammen mit Mäusen, deren Leber nach wie vor FGF21 produzieren konnte. Einigen Nagetieren injizierten sie zusätzlich FGF21. Dann warteten sie: Welche alkoholisierten Mäuse benötigen am längsten, um ihren Rausch auszuschlafen? Bei Mäusen ohne FGF21 dauerte es am längsten. Schneller ging es, wenn die Tiere das Hormon produzieren konnten. Und am raschesten wieder wach wurden Mäuse nach einer FGF21-Spritze. Aber wie lässt sich das erklären? Eine Spur führte die Forscher zum Locus caeruleus. Das ist die Hirnregion, in der am meisten neuronales Noradrenalin gebildet wird. Bekannt war, dass Ethanol diese Region stimuliert. Doch die Pharmakologen fanden nun heraus: Ohne FGF21 bleibt diese Stimulation aus. Im Umkehrschluss musste das Hormon das noradrenerge System direkt stimulieren und deswegen die Tiere schneller erwachen lassen.

Kann das Hormon beim Menschen ähnlich wirken? Falls ja, könnte es Patienten, die vom Alkohol ausgeknockt wurden, schneller wieder ansprechbar machen. Diese Hoffnung sprach auch David Mangelsdorf gegenüber „Science News“ aus. Er wirkte an den Experimenten mit. Es wäre „phänomenal“, sagte er, ein für Alkohol vergleich­bares Arzneimittel zu haben, das wie Naloxon für Patienten mit Opioid-Überdosierungen genutzt werden könnte. |