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Skonto: Großhandels-Mindestpreis darf nicht unterschritten werden

Oberlandesgericht Brandenburg hält Skonto von Haemato Pharm für unzulässig

ks/ral | Welche Rabatte und Skonti dürften Pharmagroßhändler und Pharmaunternehmen, die ihre Arzneimittel im Direktvertrieb anbieten, Apotheken gewähren? Der Gesetzgeber wollte diese Frage eigentlich klar regeln – dennoch beschäftigt sie die Rechtsprechung bereits seit Jahren. So auch aktuell wieder. Ein direktvertreibendes Pharma­unternehmen hat Apotheken für eine vorfristige Zahlung ein Skonto angeboten und damit den Großhandels-Mindestpreis unterschritten. Das ist unzulässig, hat das Oberlandes­gericht Brandenburg entschieden.

Seit Mai 2019 stellt § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) klar: Großhändler müssen bei der Arzneimittelabgabe an Apotheken einen Festzuschlag von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) erheben. Zusätzlich dürfen sie auf den ApU „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro“ erheben. Nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags dürfen Rabatte gewährt werden.

Wettbewerbszentrale klagt gegen Haemato Pharm

Umstritten ist jedoch, wie es um handelsübliche Skonti, speziell Preisnachlässe, die für eine vorfristige oder fristgerechte Zahlung gewährt werden, bestellt ist. Sind diese auch erlaubt, wenn damit der Mindestpreis von ApU plus 70 Cent plus Umsatzsteuer unterschritten wird? Die Wettbewerbszentrale will dies in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren gegen Haemato Pharm klären lassen. Das Unternehmen, das importierte Arzneimittel im Direktvertrieb in die Apotheken bringt und damit die Vorgaben für die Großhandelspreisspannen einhalten muss, hatte in einer Preisliste für die Apotheken das Diabetes-Präparat Abasaglar mit einem Rabatt von 3,04% auf den Apothekeneinkaufspreis von 48,66 Euro und 3% Skonto bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen auf den in der Tabelle als „Preis öff. Apotheke“ bezeichneten Betrag von 47,20 Euro an geboten.

Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV und damit wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet. Der Mindestpreis liege bei 47,20 Euro (ApU von 46,50 Euro plus 0,70 Euro Festzuschlag) – und dieser werde bei einer Skontogewährung in Höhe von 3% (45,78 Euro) unterschritten. Auch ein Rabatt von 3,04% auf den Apothekeneinkaufspreis von 48,66 Euro falle unter diesen Mindestbetrag und sei damit unzulässig. Beides dürfe das Unternehmen nicht anbieten.

Skonto war unzulässig

Das Landgericht Cottbus gab der Wettbewerbszentrale im Oktober 2021 in beiden Punkten recht. Haemato Pharm legte daraufhin Berufung beim Brandenburgischen Oberlandesgericht ein. Dieses hat das Cottbuser Urteil jetzt abgeändert. Das Oberlandesgericht gab Haemato Pharm recht, soweit es um den Rabatt von 3,04% ging. Denn das Unternehmen habe den Apotheken das Arzneimittel tatsächlich für 47,20 Euro angeboten – und nicht für 47,18 Euro (48,66 Euro minus 3,04%). Nur 47,20 Euro (= „Preis öff. Apotheke“) sei aus der Preistabelle ersichtlich gewesen. Die angegebenen 3,04% waren damit fehlerhaft. Als solche könne diese Angabe zwar irreführend sein, aber dieser Frage ging das Gericht nicht weiter nach, weil sich die Wettbewerbszentrale darauf nicht berufen hatte.

Was die weitaus spannendere Frage betrifft, den 3-prozentigen („echten“) Skonto für eine Zahlung innerhalb von 14 statt 30 Tagen, gab aber auch das Berufungsgericht der Wettbewerbs­zentrale recht. Haemato Pharm dürfe keine Skonti ankündigen und/oder gewähren, die zu Bruttopreisen führen, die unter dem Wert liegen, der sich aus dem ApU, dem Festzuschlag von 0,70 Euro sowie der Umsatzsteuer ergibt.

Das, so das Gericht, ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV, aber auch aus dem Sinn und Zweck der Norm. Sie diene nämlich insbesondere der Gewährleistung eines funktionsfähigen Großhandels, und letztlich der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in der Fläche. Die 70 Cent seien daher ein Festzuschlag für diese besondere Funktion des Großhandels und „weniger ein Entgelt für das Arzneimittel“. Sind sie jedoch kein Entgelt, komme auch ein Skonto auf diesen Preisbestandteil nicht in Betracht.

Revision zugelassen

Das letzte Wort ist damit sicher noch immer nicht gesprochen. Das Ober­landesgericht hat die Revision „wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Fortbildung des Rechts“ zugelassen. Der Skonto-Frage, komme „im Hinblick auf ihr tatsächliches und wirtschaftliches Gewicht für den Geschäftsverkehr zwischen Apothekengroßhandel und Apotheken grundsätzliche Bedeutung zu“. Zudem gebe es in der juristischen Literatur unterschiedliche Rechtsauffassungen hierzu.

Urteil des Brandenburgischen Ober­landesgerichts vom 6. Juni 2023, Az.: 6 U 86/21 |

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