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Die Seite 3
Kämpferisch und dialogbereit bleiben!
8000 Teilnehmer in Düsseldorf, 5000 in Berlin, insgesamt über 20.000 Apothekerinnen und Apotheker, PTA und PKA auf der Straße – auch nach einer Woche kann der Protesttag am 14. Juni als großer Erfolg und tiefe Zäsur bezeichnet werden. Als Erfolg, weil der „Apothekenstreik“ in der Öffentlichkeit weitgehend auf Verständnis, ja Sympathie gestoßen ist, aber auch weil die meisten Medien – Ausnahmen à la Stern bestätigen die Regel – differenzierter als in der Vergangenheit über die Situation der Vor-Ort-Apotheken berichteten. Dass die üblichen Verdächtigen der Krankenkassen pflichtschuldigst versuchten, altbackene Ressentiments vom „reichen Apotheker“ zu mobilisieren, so what? Nein, diese erwartbaren Querschläger konnten niemanden mehr beeindrucken.
Beeindruckend war am 14. Juni dagegen die Geschlossenheit der Apothekenbranche: Dass circa 90 Prozent der öffentlichen Apotheken am Protesttag geschlossen waren, zeigt, dass der Frust bei den Apothekenteams gewaltig ist. Über die Jahre hat sich hier ein immenser Druck aufgebaut. Der Protesttag war deshalb auch ein Befreiungsschlag der kollektiven Selbstachtung. Dass der 14. Juni eine berufspolitische Zäsur darstellen könnte, ist das Verdienst vieler: einer guten Vorbereitung des Protesttags durch Kammern und Verbände, die dabei die Apothekenbasis miteinbezogen und zu vielfältigen Aktionen animierten; einer gelungenen Mischung aus zentralen und dezentralen Demos und Kundgebungen und einer ABDA, deren Vorsitzende im Vorfeld auf empathische Weise stets die richtigen Worte fand.
Und die Politik? Einmal mehr zeigte sich, dass es „die“ Politik nicht gibt. Während sich viele Landespolitiker, aber auch etliche Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU, Grünen, FDP und Linken in den sozialen Medien positiv zum Protesttag äußerten, twitterte Karl Lauterbach ein Foto, das er aus seinem Büro hoch oben im BMG aufgenommen hatte und das den Demonstrationszug aus der Vogelperspektive zeigt – versehen mit dem Text: „Sie skandieren ,… wir sind viele, wir sind laut, weil er uns die Kohle klaut ...‘“ (was im Übrigen nicht stimmte, die Parole lautete „… weil er uns die Zukunft klaut“). Ein Bild mit Symbolkraft, das typisch für die Kommunikationsunwilligkeit (jenseits von Talkshows) und Distanziertheit des Ministers ist – frei nach dem Motto: lieber einen Tweet heraushauen als mit den Betroffenen in den Dialog treten. Aber so kennen wir ihn, den Herrn Minister. Ganz anders der hessische Ministerpräsident Boris Rhein. Er trat spontan als „Überraschungsgast“ auf der Kundgebung in Wiesbaden vors Demo-Publikum und hielt ein fulminantes Plädoyer pro Vor-Ort-Apotheke. Ok, es ist Wahlkampf und für die jetzt bedauerte Ausdünnung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung vor Ort trägt die Union gehörige Mitverantwortung, aber dennoch: Welch ein Kontrast!
Wie geht es jetzt weiter? Wie lässt sich vermeiden, dass die spür- und sichtbar gewordene Energie wieder verpufft? Was tun, wenn sich Lauterbach weiterhin als Teflon-Minister erweist, an dem alle Forderungen und Argumente folgenlos abperlen? Und welche Reaktionen sollten folgen, wenn das Lieferengpassgesetz ALBVVG unverändert im Bundestag verabschiedet wird? Einzelne Vertreter von Kammern, Verbänden und ABDA haben für diesen Fall weitere „Eskalationsstufen“ angekündigt. Aber was ist damit gemeint? Weitere, noch lautere Protesttage? Mehrtägige Apothekenschließungen? Aktionen (auch) gegen Krankenkassen, deren Retax-Schurigeleien inzwischen inakzeptable Ausmaße angenommen haben?
Wichtig dürfte es jetzt sein, sich nicht zu verzetteln. Eine Konzentration auf die wesentlichen und konkret umsetzbaren Forderungen ist das Gebot der Stunde. Wir müssen den Protest am Kochen halten und dabei dialogbereit und kämpferisch bleiben.
Ein Anfang ist gemacht. Nach dem Protest ist vor dem Protest.
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