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Ungeliebter Abschlag

Foto: Philip Kottlorz Fotografie

Julia Borsch, Chefredakteurin der DAZ

Der Kassenabschlag war und ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Zuletzt war dies im Zuge des Finanzstabi­lisierungsgesetzes der Fall, als er heran­gezogen wurde, um kurzfristig die Einnahmen für die gesetzlichen Krankenkassen zu erhöhen. Er stieg von 1,77 Euro auf 2 Euro, befristet für zwei Jahre. Bei den Apothekerinnen und Apothekern ist er nicht sonderlich beliebt. Das ist wenig verwunderlich. Schließlich wirkt sich der Abschlag direkt auf den Rohertrag der Apotheke aus. Die Idee, die dahintersteckt (siehe Seite 20), ist besser zu verstehen, wenn man den offiziellen Namen verwendet – Apothekenabschlag. Der Begriff impliziert, dass Apotheken analog zu den Herstellern mit ihrem Herstellerabschlag bei der Abgabe von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung einen Extrabeitrag zur solidarischen Finanzierung des Gesundheitssystems leisten müssen. Bei Arzneimitteln, die von der privaten Krankenversicherung oder von den Ver­sicherten selbst bezahlt werden, fällt deswegen auch kein Abschlag an.

Das Problem ist also weniger die bloße Existenz des Abschlags – die ist in der Logik der GKV-Finanzierung nachvollziehbar. Das Problem besteht vielmehr darin, dass der Apothekenabschlag immer wieder missbräuchlich eingesetzt wird, um mehr Geld in die Kassen der GKV zu spülen, was ihn für die Apotheken zu einem unkalkulierbaren Posten macht. In Zeiten, in denen viele Apotheken jeden Cent umdrehen müssen, ist das mehr denn je ein unhalt­barer Zustand und muss sich ändern. Insbesondere vor dem Hintergrund der apothekerlichen Honorarforderungen sollte hier dringend Klarheit geschaffen werden, damit diese nicht mit dem Streit um den Abschlag vermengt werden.

Der Apothekenabschlag erfüllt aber noch eine weitere Funktion. Er sorgt dafür, dass die Kassen pünktlich zahlen. Denn begleichen sie nicht innerhalb von zehn Tagen nach der Abrechnung ihre Außenstände für die Versorgung der Versicherten, fällt der Abschlag weg. Das Konzept, dass nur einmal im Monat mit den Kassen abgerechnet wird, bedarf allerdings dringend der Überarbeitung. Denn aufgrund der wachsenden Zahl an hochpreisigen Arzneimitteln in Kombination mit steigenden Zinsen lässt die Vorfinanzierung durch Banken die Rechenzentren an ihre Grenzen stoßen (siehe Seite 84). Die Lösung kann eigentlich nur darin liegen, dass Apotheken öfter als einmal im Monat mit den Kassen abrechnen können, die dann wiederum innerhalb einer festgelegten Frist zahlen müssten. Auf jeden Fall ist es nötig, die Kassen stärker in die Pflicht zu nehmen, damit die Apotheken ihren Versorgungsauftrag erfüllen können, ohne mit der Zwischenfinanzierung übermäßig belastet zu werden. Dabei dürfen die Apothekerinnen und Apotheker auch gerne mal darauf hinweisen, dass sie mit ihrem Abschlag seit Jahrzehnten einen stolzen Solidarbeitrag leisten.

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