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Medizinalcannabis: Was wird sich ändern?
Ohne Vorgaben des BtMG: Was fällt weg, was bleibt aufwendig?
Am 6. November fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages die öffentliche Anhörung von Verbänden und sonstigen Experten zum Cannabisgesetz statt. Durch das Gesetz soll u. a. der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zu Genusszwecken straffrei werden. Es wird möglich, zu nicht-kommerziellen Zwecken Marihuana entweder in Eigenregie oder in Anbauvereinen zu züchten.
Zuspruch und Kritik
In der Anhörung befürworteten Drogenforscher, Suchtmediziner und Psychotherapeuten die Entkriminalisierung. Denn bislang beschränkte sich das „Hilfsangebot“ der Politik für Konsumierende auf die Strafverfolgung der Betroffenen. Nun könne die Suchthilfe gezielt eingreifen, zudem könnten anders als auf dem Schwarzmarkt Konsumenten aufgeklärt und die Sicherheit der Produkte kontrolliert werden.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hingegen lehnte das Gesetz im Einklang mit Bundesärztekammer-Chef Klaus Reinhardt ab. „Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Legalisierung die Prävalenz von Cannabiskonsumstörungen deutlich zunehmen lässt“, sagte Overwiening. Die Erfahrungen stammen etwa aus den USA. In Washington State, wo Cannabis seit 2012 aus kommerziellen Lieferketten legal ist, nehmen Freizeitkonsum und Konsumstörungen einer Umfrage zufolge zu. Doch eine derartige Legalisierung wäre ohnehin erst in einer zweiten Säule vorgesehen und noch nicht im ersten Aufschlag des Cannabisgesetzes. Und auch dann nur in Regionen, die sich für Modellvorhaben bereit erklären.
Doch die Säule eins ist bereits recht weit gediehen – auch wenn mittlerweile unsicher ist, ob das Gesetz bereits zum Jahreswechsel in Kraft treten kann. Einige Fragen sind noch zu klären, einen Termin für die abschließende Lesung im Bundestag gibt es noch nicht. Der 1. Januar 2024 könnte bestenfalls gehalten werden, wenn sich der Bundesrat am 15. Dezember mit der Vorlage beschäftigen könnte.
Ende der BtM-Dokumentation
Wann auch immer es so weit sein wird: Mit Inkrafttreten des Gesetzes wird Medizinalcannabis nach den gegenwärtigen Plänen nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Weder die BtM-Dokumentation ist dann vorgeschrieben, noch die Lagerung im Tresor. Das spart Apotheken Zeit. Die Bundesregierung schätzt, dass pro Verordnung fünf Minuten weniger Bearbeitungszeit nötig seien. Das würde Apotheken bundesweit jährlich über 2 Mio. Euro an Personalkosten sparen. Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands Cannabisversorgender Apotheken (VCA) hält diese Einschätzung für realistisch. „Dass das Medizinalcannabis aus dem BtMG fällt, erleichtert vieles“, sagt sie.
Nicht alles wird leichter
Deutlich einfacher wird die Arbeit mit Cannabis dadurch aber nicht. „Da müssten wir an die Identitätsprüfung ran – etwa validierte Schnelltests statt der Dünnschichtchromatografie. Hier bräuchten wir eine bundesweite Lösung“, sagt Neubaur. In Deutschland variieren die Anforderungen, die Pharmazieräte zur Identitätsprüfung von Cannabisblüten vorsehen, teilweise von Landkreis zu Landkreis. In einigen Orten genügt die Prüfung mittels Infrarotspektrometer oder Schnelltests. Andernorts, in Berlin etwa, ist für jede gelieferte Blüten-Charge eine DC-Prüfung vorzunehmen.
Viel mehr Verordnungen?
Wenn Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz fällt, bedeutet das nicht nur eine Erleichterung für Apotheken, sondern auch für verschreibende Ärzte. Daher vermutet ein Teil der Cannabisbranche, dass sich die Zahl der Cannabisverordnungen in Deutschland sogar vervierfachen könnte.
Auf eine so hohe Schätzung möchte sich Neubaur nicht festlegen. Doch auch sie sagt: „Die Anzahl der Privatrezepte wird sich auf jeden Fall erhöhen.“ Die Verordnung für Ärzte werde leichter. Das betreffe auch viele Online-Arzt-Dienste, die für Patienten mit einfachen Cannabis-Privatverordnungen werben.
Hinzu kommt: Apotheken haben hinsichtlich Cannabis einen Preisvorteil, der zukünftig legales Cannabis oder eine Mitgliedschaft in einem Anbauverein übertrumpfen könnte. „Bei den Medizinalcannabis-Blüten stellen wir einen Preisverfall fest“, sagt die VCA-Geschäftsführerin. „Wir liegen mittlerweile unter dem Schwarzmarktpreis.“
Dieses günstige Medizinalcannabis wird auch nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes offiziell nur Patienten zur Verfügung stehen, nicht den Freizeitkonsumenten. „Ich hoffe, diese Rezepte landen in der Apotheke vor Ort“, sagt Christiane Neubaur. „Doch dafür braucht es viel mehr Apotheken, die sich der Versorgung annehmen. Wir wollen mehr Apotheken dazu ermuntern, sich mit dem Thema zu beschäftigen.“ |
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