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Deutsche leben ungesund
Präventionsprogramme zu wenig auf Zielgruppen zugeschnitten
Dass Präventionsprogramme in Deutschland kaum greifen, liegt möglicherweise an einer fehlenden Zielgruppenanalyse: Gerade besonders ungesund lebende Menschen werden nur selten erreicht. Hier sind Ärzte, Apotheker und Arbeitgeber gefragt.
"25 Prozent der Erwachsenen rauchen mindestens eine halbe Schachtel Zigaretten am Tag, 24 Prozent treiben nie Sport, 23 Prozent nur unregelmäßig", umreißt Karsten Neumann von Roland Berger Strategy Consultants die Ergebnisse der Umfrage aus seinem Hause. "Die Folge ist, dass 15 Prozent der Bevölkerung nach der medizinischen Definition stark übergewichtig sind, mit einem Body Mass Index (BMI) über 30. Weitere 35 Prozent sind übergewichtig mit einem BMI zwischen 25 und 30". Die Studie habe aber gezeigt, dass die Bürger Prävention nicht grundsätzlich ablehnten. Sie würden sich im Gegenteil sogar sehr offen zeigen und auch bereit sein, für ihre Gesundheit privat Geld auszugeben. Wichtig sei nun, diese Offenheit zu nutzen. Wenn 94 Prozent bereit sind, sich von einem Vertreter der Gesundheitsberufe oder auch von Krankenversicherung oder Arbeitgeber über Prävention und gesunde Lebensweise informieren zu lassen, dann müsse das auch getan werden.
Dr. Joachim Kartte, Leiter des Kompetenzzentrums Healthcare bei Roland Berger, betonte, dass dabei nicht etwa ein Mangel an Präventionsprogrammen das Problem sei, es gebe im Gegenteil zahlreiche Angebote. "Allerdings wurde bislang keine echte Zielgruppenanalyse durchgeführt." Das habe zur Folge, dass genau die Menschen, die am meisten profitieren würden, nicht von den vorhandenen Angeboten erführen. Der Studie zufolgen lebt etwa ein Drittel der Deutschen besonders ungesund. In dieser Gruppe sind mit zwei Dritteln besonders viele Männer und insgesamt überdurchschnittlich viele Menschen mit einem niedrigen Bildungsniveau zu finden. Interessanterweise lässt sich mit dem Faktor Einkommen kein derartiger Zusammenhang nachweisen. "Das deutet darauf hin, dass Bildung einer der Schlüssel ist, um die negativen Folgen eines niedrigen sozialen Status' auf die Gesundheit abzufedern."
Dabei könnten in Deutschland alle Beteiligten von einer wirksamen Gesundheitsprävention profitieren: Am meisten die Bürger selbst, aber auch die Gesellschaft durch ein preiswerteres Gesundheitswesen und die Unternehmen, die künftig darauf angewiesen sein werden, die Leistungsfähigkeit immer älterer Mitarbeiter zu erhalten. Gleichzeitig müssten die Krankenkassen weniger teure Krankheitsverläufe finanzieren.
Um gezielt auf die besonders gefährdete Gruppe zugehen zu können, müsse man den Studienautoren zufolge "Präventionskanäle" identifizieren, d. h. die Orte eingrenzen, an denen man sie gut erreiche. Kranke könnten dabei am besten beim Arzt aber auch in der Apotheke angesprochen werden. Gesunde erreicht man am Arbeitsplatz."Wichtig war uns eine Präventionsstrategie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und so die optimale Wirkung auf das Gesamtsystem Gesundheitswesen entfaltet", fasst Kartte zusammen und Neumann ergänzt: "Nur wenn die Zielkunden erreichbar sind - sowohl physisch wie emotional - kann Vorsorge funktionieren." Aufgabe der Politik sei es nach Ansicht der Experten nun, einen Handlungsrahmen für Prävention zu erarbeiten und für eine solide Finanzierung zu sorgen.
Berlin - 21.07.2009, 17:58 Uhr