Zelluläre Proteinproduktion

Neuer Ansatzpunkt für Zytostatika

Berlin - 18.01.2010, 06:45 Uhr


Berliner Forscher konnten mit Hilfe gentechnisch veränderter Mäuse jetzt erstmals nachweisen, dass ein evolutionär konservierter Regulationsmechanismus der Proteinproduktion auch in

Proteine sind die Grundbausteine jeder lebenden Zelle. Ihre Baupläne liegen verschlüsselt in der DNA von Genen vor. Diese Baupläne werden zunächst in Boten-RNA umgeschrieben, die dann als Vorlage zur Proteinsynthese dient. Manche RNAs besitzen so genannte kurze offene Leserahmen (upstream open reading frames, uORF), die die Proteinproduktion abhängig von der jeweiligen Zellphysiologie steuern. Solche uORF-Kontrollbereiche kommen in sämtlichen Lebewesen von der Hefe bis zum Menschen vor. Sie sind vor allem in den Boten-RNAs wichtiger Regulatorproteine anzutreffen, die für die Teilung, die Spezialisierung, den Stoffwechsel und die Stressbewältigung von Zellen entscheidend sind.

Die Forscher haben jetzt erstmalig in einem Mausmodell die physiologische Relevanz eines bei allen Wirbeltieren, einschließlich dem Menschen, konservierten uORF nachweisen und messen können. Dabei stellten sie fest, dass Mäuse, denen der uORF eines wichtigen Regulatorproteins fehlt, eine gestörte Leberregeneration und ein verändertes Knochenwachstum aufweisen. Diese Ergebnisse, verbunden mit dem Vorkommen von uORFs in zahlreichen weiteren Boten-RNAs, lassen den Schluss zu, dass entwicklungsgeschichtlich konservierte uORFs weit reichende Regulationsfunktionen im lebenden Organismus haben.

Die Forscher vermuten, dass die Steuerung der Proteinproduktion durch uORFs im Zusammenhang mit vielen Krankheiten, insbesondere auch Krebserkrankungen steht, da beispielsweise Wachstumsfaktoren oder Onkogene häufig uORFs besitzen. Bisher gibt es keine Arzneimittel, die spezifisch auf die Kontrolle der Proteinproduktion durch uORFs einwirken. Nachdem die regulatorische Funktion der uORFs jedoch höchst relevant ist, wäre es sinnvoll, nach Arzneimitteln zu suchen, die die Funktion der uORFs beeinflussen können. Diese Erkenntnisse könnten dabei helfen, neue Therapien und Arzneimittel gegen Erkrankungen wie beispielsweise Krebs zu entwickeln.

Quelle: Wethmar, K., et al. Genes & Development 2009; DOI: 10.1101/gad.557910



Dr. Bettina Hellwig