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Hirntumoren
Schlüsselmolekül für die Krebsentstehung entdeckt
Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg wiesen jetzt zum ersten Mal nach, dass bösartige Hirntumoren direkt aus Hirn-Stammzellen entstehen
Die „Wiege“ neuer Nervenzellen im erwachsenen Gehirn ist gut bekannt: Es ist die so genannte subventrikulare Zone, eine Gewebeschicht entlang der seitlichen Hirnkammern. Hier sind die neuralen oder Hirn-Stammzellen angesiedelt, die im Bedarfsfall für die Bildung neuer Nervenzellen sorgen. Die subventrikulare Zone gilt lange schon auch als Keimzelle für eine bestimmte Art bösartiger Hirntumoren - die Gliome, deren gefährlichster Vertreter das Glioblastom ist.
Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum zeigten kürzlich bei Mäusen, dass Hirn-Stammzellen in der subventrikularen Zone durch ein bestimmtes Molekül gekennzeichnet sind: Das Protein Tlx, ein so genannter Transkriptionsfaktor, regt die Aktivität verschiedener Gene an. Beim erwachsenen Tier wird Tlx ausschließlich in Hirn-Stammzellen gebildet und sorgt hier dafür, dass aus Gewebe-Stammzellen neue Nervenzellen entstehen. Schalteten die Wissenschaftler das Protein Tlx aus, so ließen sich keine Stammzellen im Gehirn mehr nachweisen und die Neubildung junger Nervenzellen versiegte. Das Funktionieren der Stammzellen ist offenbar von der Anwesenheit dieses Proteins abhängig.
Zuviel Tlx regt hingegen bei Mäusen die Bildung bösartiger Hirntumoren aus Hirn-Stammzellen an. Durch einen molekularbiologischen Trick veranlassten die Forscher die Hirn-Stammzellen von Mäusen zur Tlx-Überproduktion. Die Folge war, dass die Zellteilungsaktivität in der subventrikulären Zone anstieg, die Zellen ihre angestammte Umgebung, die so genannte Stammzellnische, verließen und Glioblastom-ähnliche Gewebeveränderungen ausbildeten. Schalteten die Wissenschafter zusätzlich noch das Protein p53 als wichtigste Krebsbremse experimentell aus, so entstanden aus den Krebsvorläufern invasiv wachsende Glioblastome. Darüber hinaus entdeckten die Wissenschaftler, dass Stammzellen mit gesteigerter Tlx-Produktion die Gefäßneubildung anregen. Dies ermöglicht den Zellen, in weiter entfernte Bereiche des Gehirns einzuwandern und so das typische korallenstockartige Wachstum des Glioblastoms zu erzeugen.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie auf der Basis dieser Ergebnisse aus der zellbiologischen Grundlagenforschung neue Therapien gegen das gefährliche Glioblastom entwickeln können.
Tlx scheint nicht nur im Mäuse-Gehirn eine verhängnisvolle Rolle zu spielen: Im Tumorgewebe von Glioblastom-Patienten ist das Tlx-Gen häufig vervielfältigt. Daher wird mehr Tlx-Protein gebildet. Offenbar sind auch beim Menschen die Hirntumor-Stammzellen auf Tlx angewiesen, meinen die Forscher. Sie wollen nun versuchen, Therapien zu entwickeln, die sich ganz spezifisch gegen Tlx-produzierende Zellen richten. Mit den Mäusen, deren Hirnstammzellen zuviel Tlx produzieren, steht ihm ein ideales Modellsystem für solche Untersuchungen zur Verfügung.
Quelle:
Liu H., et al: Genes & Development, 1. April 2010.
Heidelberg - 13.04.2010, 10:17 Uhr