Anhörung im Gesundheitsausschuss

Arzneimittelsparpaket: Pro und Kontra hielten sich die Waage

Berlin - 20.05.2010, 11:16 Uhr


Bei der Anhörung zum Arzneimittelsparpaket im Gesundheitsausschuss des Bundestages hielten sich am Mittwoch Pro und Kontra die Waage: Die von den Koalitionsfraktionen geplanten Maßnahmen

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) forderte bei der öffentlichen Anhörung am 19. Mai eine Änderung des Inkasso-Verfahrens, um das mit dem höheren Herstellerrabatt verbundene Ausfallrisiko zu beherrschen. Bislang leisten die Apotheken beim Abzug des derzeit gültigen Rabatts von sechs Prozent Vorkasse. Die Krankenkassen behalten diesen Anteil bei der Abrechnung ein. Die Apotheken müssen sich den Rabatt von den Herstellern zurückholen.

Die ABDA schlug in der Anhörung eine Änderung des Verfahrens vor: Erst wenn die Hersteller den auf sechzehn Prozent erhöhten Zwangsrabatt geleistet haben, soll die Abrechnung mit den Krankenkassen erfolgen. Dadurch sollen Zahlungsausfälle für die Apotheke etwa bei der Insolvenz eines Herstellers ausgeschlossen werden.

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, kritisierte vor allem die Koppelung eines rückwirkenden Preismoratoriums mit der geplanten Heraufsetzung des Herstellerrabatts für neue Medikamente und stellte die zukünftigen Forschungsaktivitäten der pharmazeutischen Industrie infrage: Dadurch betrage der neue Rabatt nicht 16, sondern sogar 19 Prozent. „Das beschneidet die Investitionen in den Bereichen Forschung und Entwicklung“, betonte die Yzer auf Fragen der CDU/CSU- und der FDP-Bundestagsfraktion.

Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, unterstützte hingegen die Pläne. Das von der Koalition bezifferte jährliche Einsparvolumen von 1,15 Milliarden Euro sei „realisierbar“, sagte Pfeiffer. Dieses reiche aber nicht aus, „die finanziellen Probleme der Krankenkassen zu lösen“. Es müssten mindestens weitere Sparmaßnahmen im Umfang von fünf Milliarden Euro im Jahr 2011 erfolgen, um Beitragsanstiege in der GKV zu vermeiden. 

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hermann Kortland, forderte in der Anhörung eine Härtefallklausel, um die Überforderung gerade mittelständischer Pharmaunternehmen zu verhindern. Unternehmen, die im Wesentlichen nur ein Medikament anböten, müssten künftig bis zu 22 Prozent ihres Umsatzes für den Herstellerrabatt aufbringen. Dies sei unverhältnismäßig, sagte Kortland.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung sieht durch die Anhebung des Rabatts die Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen gefährdet. Für Hersteller von in geringen Mengen produzierten Spezialarzneimitteln für seltene Erkrankungen (so genannte Orphan Drugs) müsse es die Möglichkeit geben, eine Verringerung des Rabatts zu beantragen, antwortete die Referatsleiterin Gesundheitspolitik der Organisation, Siiri Ann Doka auf Fragen der Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Auf Nachfrage der SPD-Fraktion erläuterte der Einzelsachverständige Frank Dörje, für die Krankenhäuser seien die Koalitionspläne problematisch. Die Kliniken hätten nämlich keinen Anspruch auf den Herstellerrabatt, sagte der Chefapotheker des Universitätsklinikums Erlangen. Auch der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, verlangte diesbezüglich eine gesetzliche Klarstellung.


Lothar Klein