Autoimmunerkrankungen

Wie Viren zu Diabetes führen

Berlin - 15.09.2010, 06:55 Uhr


Signalwege, die an der Entstehung von Typ-1-Diabetes beteiligt sind, überlappen mit Signalwegen, die durch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus angeschaltet werden.

Ob ein Gen abgelesen und in das entsprechende Proteinprodukt übersetzt wird oder nicht, hängt unter anderem von Transkriptionsfaktoren ab. Diese binden an regulatorische Regionen eines Gens und können es auf diese Weise stilllegen oder in der gewünschten Stärke ablesen lassen. Die Forscher haben nun bei Ratten einen Transkriptionsfaktor identifiziert, der ein Gennetzwerk steuert, in das mehrere bekannte Risikogene für Typ-1-Diabetes eingebunden sind, den Transkriptionsfaktor IRF7 (interferon regulatory factor 7).

Das Netzwerk, das die Forscher iDIN (IRF7-driven inflammatory network) genannt haben, enthält 305 Gene. Darunter sind mehrere Gene, die insbesondere in Makrophagen eine Rolle spielen. Diese sind an der Bekämpfung von Viren, aber auch an der Entstehung des Typ-1-Diabetes maßgeblich beteiligt.

Die neuen Untersuchungen zeigen, dass die in den Makrophagen aktivierten Signalwege, die an der Entstehung von Typ-1-Diabetes beteiligt sind, mit Signalwegen überlappen, die durch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus angeschaltet werden. So konnten die Wissenschaftler das Gen Ebi2 (Epstein-Barr virus-induced gene 2) identifizieren, das die Expression des Transkriptionsfaktors IRF7 und damit das Gennetzwerk iDIN beeinflusst. Ebi2 kodiert für ein Rezeptormolekül, das von den Forschern auf Makrophagen verschiedener Gewebe der Maus nachgewiesen werden konnte. Sie konnten im Maus- und im Rattenmodell zeigen, dass Tiere, die weniger EBI2-Protein bilden, mehr Makrophagen haben als Kontrolltiere.

Um eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu überprüfen, wurde auf Daten der Mainzer Gutenberg-Herz-Studie (GHS) zurückgegriffen. Die Forscher analysierten genomweite Expressionsdaten von isolierten Monozyten, die von 1.490 gesunden Personen stammen. Monozyten sind im Blut zirkulierende Immunzellen, die ausreifen und sich zu Makrophagen entwickeln können. Den Forschern gelang es, ein von dem Transkriptionsfaktor IRF7 gesteuertes Gennetzwerk beim Menschen nachzuweisen, das dem iDIN Gennetzwerk der Ratte stark ähnelt. Zusätzlich wurden Daten von 758 Personen aus dem EU-Projekt Cardiogenics in die Analyse einbezogen. Diese Daten zeigten, dass die iDIN Gene das Risiko für Typ-1-Diabetes tatsächlich beeinflussen und dass der Rezeptor EBI2, der die iDIN Gene reguliert, eine Rolle bei der Entstehung dieser Autoimmunerkrankung spielt.

Quelle: Heinig, M., et al.: Nature 2010, Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1038/nature09386.


Dr. Bettina Hellwig