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Zentrales Nervensystem
Taxol fördert Regeneration im Rückenmark
Nach einer Verletzung des Rückenmarks kann das Zytostatikum Taxol Regenerationshürden verringern. Dazu gehören das destabilisierte Zellskelett, das ein erneutes Auswachsen unmöglich macht, und das entstehende Narbengewebe, das eine Barriere zwischen den getrennten Zellenden aufbaut.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried fanden zusammen mit einem internationalen Team aus den USA und den Niederlanden heraus, dass das Zytostatikum Taxol an beiden Stellen eingreift und diese Regenerationshürden verringert.
Beim Wachstumsstopp einer Nervenzelle spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Verschiedene Stoffe im Umfeld der verletzten ZNS-Nervenzellen stellen eine Art Stoppsignal für ein erneutes Auswachsen dar. Doch auch das Zellskelett aus Mikrotubuli gerät in den verletzten Zellenden völlig durcheinander, was ebenfalls ein erneutes Wachsen der Zellen verhindert. Und nicht zuletzt verhindert das Narbengewebe, das sich nach einer Verletzung im Rückenmark bildet, dass die Nervenzellen ihre ehemaligen Anknüpfungsstellen wieder erreichen.
Die Wissenschaftler untersuchten die Mechanismen, die für den Wachstumsstopp der Nervenzellen verantwortlich sind. Sie wollten die Zellen dazu bringen, weiterzuwachsen und die „Stoppzeichen“ in ihrer Umgebung zu ignorieren. Dabei konzentrierten sich die Neurobiologen auf die Rolle der Mikrotubuli. Diese Proteinröhrchen sind an der Spitze einer auswachsenden Nervenzelle parallel angeordnet. Sie stabilisieren die wachsende Zelle und fördern ihr Wachstum, indem sie das Zellende aktiv vorwärts schieben.
Das Zytostatikum Taxol fördert die Regeneration verletzter ZNS-Nervenzellen auf zwei Arten: Taxol stabilisiert die Mikrotubuli, sodass ihre Ordnung bestehen bleibt und eine verletzte Nervenzelle wieder auswachsen kann. Zudem verhindert Taxol die Bildung eines hemmenden Stoffs im Narbengewebe. Zwar wird das Narbengewebe noch gebildet und kann seine Schutzfunktion übernehmen. Es ist jedoch schwächer ausgeprägt und für wachsende Nervenzellen deutlich einfacher zu überwinden.
Die Wirkung von Taxol konnten die Forscher in Versuchen an Ratten bestätigen. Nach einer teilweisen Verletzung von Nervenzellen im Rückenmark wurde mit Hilfe einer kleinen Gewebepumpe die betroffene Stelle mit Taxol versorgt. Bereits nach einigen Wochen zeigten die Tiere eine deutliche Verbesserung in ihrem Laufverhalten. Als nächstes wollen die Forscher untersuchen, ob Taxol seine Wirkung auf das Narbengewebe auch dann noch entfalten kann, wenn es es mehrere Monate nach einer Verletzung hinzugegeben wird.
Da für die Behandlung von Rückenmarksverletzungen deutlich niedrigere Taxol-Mengen als bei der Krebstherapie benötigt werden und nur direkt an die Verletzungsstelle gegeben werden, sollten die Nebenwirkungen geringer ausfallen.
Literatur: Hellal, F., et al.: Science 2011, Online-Veröffentlichung, 27. Januar 2011, doi: 10.1126/science.1201148
Martinsried - 09.02.2011, 06:28 Uhr