Berliner Modellprojekt zur Verblisterung

Zahl und Dauer der Krankenhausaufenthalte sinkt

Berlin - 13.05.2011, 13:29 Uhr


Patienten in Berliner Pflegeeinrichtungen, die am Modellprojekt der AOK Nordost und der 7x4 Pharma GmbH zur patientenindividuellen Arzneimittelverblisterung teilgenommen haben, wurden seltener und weniger lange stationär behandelt als Heimbewohner, die ihre Medikament manuell gestellt bekamen. Zu diesem Ergebnis kommt die begleitende wissenschaftliche Evaluation des Projektes.

Das Berliner Modellprojekt ist in diesen Monat ausgelaufen. Doch die Beteiligten sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Auswertung. Bereits im Februar hatten sie erste Teilergebnisse vorgestellt: Danach befürwortete das Pflegepersonal die industriell gestellten Blister und sah sich hierdurch entlastet. Zudem waren Einsparungen von rund 10 Prozent errechnet worden, die aufgrund des geringeren Verwurfs realisiert werden konnten.

Nun kommt eine weitere Erkenntnis hinzu: Während die Anzahl der Krankenhausaufenthalte in den sechs Monaten vor der der Umstellung auf die 7x4-Blister in der untersuchten Gruppe bei 277 lag, fiel sie bereits in den sechs Monaten nach der Umstellung auf 166. Das ist ein Rückgang von knapp 27 Prozent. Auch die Aufenthaltsdauer bei stationären Behandlungen sank durchschnittlich von 10,6 auf 7,8 Tage und damit um 26 Prozent. Und jeder nicht im Krankenhaus verbrachte Tag, spart der Krankenkasse Kosten.

Prof. Rainer Düsing von der Medizinischen Poliklinik am Universitätsklinikum Bonn findet dieses Ergebnis „spannend“, aber auch „plausibel“. Er erklärt sich den raschen Einbruch der Hospitalisierungsrate  vor allem damit, dass der Umstellung auf Blister  eine kritische Evaluation der Medikation vorausgeht. Allein dies führe sicherlich dazu, dass es zu weniger Komplikationen und damit Krankenhauseinweisungen kommt.

Für Harald Möhlmann, Geschäftsführer Versorgungsmanagement der  AOK Nordost, sind die Ergebnisse bestechend: Es sei geradezu eine „Sternstunde“, wenn die beiden Ziele einer Krankenkasse – eine gute Versorgungsqualität und hohe Wirtschaftlichkeit – zusammenkommen, wie es in diesem Projekt der Fall sei. „Es ist so einfach, dass man sich fragt: Warum machen das nicht alle?“. Und: Wenn schon in einem so geordneten Umfeld wie einem Pflegeheim solche Einsparungen zu erreichen sind – wie groß könnten die Effekte erst in der ambulanten Versorgung sein? Dennoch wurde unter das Projekt erst einmal ein Schlussstrich gezogen. Die Politik müsse nun klären, wie es weiter geht, so Möhlmann. Es müsse eine Lösung gefunden werden, die „Freiwilligkeit mit Nachhaltigkeit paart“. Er setzt dabei weiterhin auf Verträge, statt auf starre gesetzliche Vorgaben. Doch es müsse angepasste Abrechnungsmöglichkeiten und Gestaltungsoptionen bei der Zuzahlung geben – so sollte auf die Patientenzuzahlung verzichtet werden können.


Kirsten Sucker-Sket