Ovarialkarzinom

Neue Peptide zur Überwindung von Medikamentenresistenz

Heidelberg - 12.08.2011, 10:13 Uhr


Italienische und deutsche Forscher haben Peptide entwickelt, die gegen die Protein-Protein-Kontaktfläche eines Schlüsselenzyms der DNA-Synthese gerichtet sind: des Enzyms Thymidylat-Synthase, das für das Krebswachstum wichtig ist.

Weltweit werden jedes Jahr bei mehr als 200.000 Frauen Ovarialkarzinome diagnostiziert. Die Industrieländer sind stärker betroffen: Ovarialkarzinome sind dort sogar die fünfthäufigste durch Krebs hervorgerufene Todesursache bei Frauen. Die Sterblichkeitsrate bei Ovarialkarzinomen ist hoch, da sie häufig erst spät diagnostiziert und schnell gegen Medikamente resistent werden. Einige häufig in der Chemotherapie eingesetzte Zytostatika hemmen die Thymidylat-Synthase, ein Schlüsselenzym der DNA-Synthese. Der Einsatz dieser Mittel führt jedoch häufig zu einer Medikamentenresistenz, so dass neue Verbindungen mit anderen Wirkmechanismen benötigt werden.

Forscher aus Italien und Deutschland haben jetzt Oktapeptide entwickelt, die spezifisch an die Protein-Protein-Kontaktfläche der Thymidylat-Synthase binden. Die Thymidylat-Synthase ist ein Homodimer: Sie besteht aus zwei identischen Polypeptidketten. Die Peptide stabilisieren die inaktive Form des Enzyms. Damit können sie das Zellwachstum sowohl medikamentenempfindlicher als auch medikamentenresistenter Krebszelllinien hemmen.

Die Forscher entdeckten Peptide, welche die Thymidylat-Synthase hemmen, indem sie die Protein-Protein-Interaktionen modulieren. Die Peptidsequenzen entsprechen Teilen der Protein-Protein-Kontaktfläche des Enzyms und hemmen die Enzymaktivität, indem sie an eine bisher unbekannte allosterische Bindungsstelle binden und nicht wie die klassischen Thymidylat-Synthase-Inhibitoren an das aktive Zentrum. Mit einer Kombination aus experimentellen und computergestützten Ansätzen konnten die Forscher zeigen, dass der Hemmmechanismus die inaktive Form des Enzyms stabilisiert, anders als bisher bekannte Inhibitoren, die Protein-Protein-Kontaktflächen blockieren.

Mit den neuen Peptiden ist es möglich, die Aktivität der intrazellulären Thymidylat-Synthase und das Karzinomzellwachstum zu hemmen, ohne dabei die Konzentration des Enzyms zu erhöhen. Dadurch unterscheiden sie sich von bereits vorhandenen Wirkstoffen zur Behandlung von Ovarialkarzinomen; sie könnten die Medikamentenresistenz überwinden helfen. In weiteren Schritten müssen jetzt die gefundenen Verbindungen optimiert und ihr zellulärer Aktionsmechanismus im Detail analysiert werden.

Das interdisziplinäre Projekt wurde von Forschern der Universität Modena und Reggio Emilia (UNIMORE), der Universität Siena (UNISI) und des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS) geleitet. Die Kooperation war Teil des LIGHTS-Projekts („LIGands to interfere with human TS“), das vom 6. EU-Rahmenprogramm für Forschung, Technologische Entwicklung und Demonstration (FP6) gefördert wurde.

Literatur: Cardinale D., et al: Proc. Natl. Acad. Sci. 2011, Online-Vorabpublikation doi: 10.1073/pnas.1104829108.


Dr. Bettina Hellwig