Immunsystem

Bakteriengeißeln gegen Allergien

Langen - 03.09.2011, 13:01 Uhr


Mit einem Fusionsprotein ist es Forschern des Paul-Ehrlich-Instituts gelungen, bei Mäusen die Entstehung einer Lebensmittelallergie gegen Hühnereiweiß zu verhindern. Das Fusionsprotein besteht aus dem Bakterienprotein Flagellin und dem Allergen des Hühnereiweiß.

Der Hauptbestandteil von Flagellen oder auch Geißeln ist das Protein Flagellin, von dem bekannt ist, dass es als Fremdprotein eine immunologische Reaktion hervorruft. Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen gingen der Frage nach, ob sich der Einfluss des Flagellins auf das Immunsystem für Therapie und/oder Prophylaxe von Allergien nutzen lässt. Sie wählten die Allergie gegen Hühnereiweiß als Modell. Flagellin A (flaA), mit dem die Forscher arbeiten, stammt von dem Bakterium Listeria monocytogenes. Die Immunreaktion wird ausgelöst, indem der Toll-like-Rezeptor 5 (TLR5), der unter anderem auf Zellen des angeborenen Immunsystems vorkommt, das Flagellin erkennt und nachgeschaltet das Immunsystem aktiviert.

Die Forscher fusionierten mit gentechnischen Verfahren das Flagellin A mit dem Hühnereiweiß Ovalbumin. Zunächst untersuchten sie die Wirkung des Fusionsproteins in Zellkulturen dendritischer Zellen von Mäusen. Diese Zellen steuern, in welche Richtung sich T-Lymphozyten des Immunsystems entwickeln, ob aus ihnen Zellen werden, die allergische Reaktionen verursachen, oder Zellen, die für die normale schützende Immunantwort verantwortlich sind. Die Wissenschaftler wiesen nach, dass das Fusionsprotein die Freisetzung des Botenstoffs Interleukin 10 (IL-10) induziert. IL-10 ist ein körpereigenes Zytokin, das die Aufgabe hat, überschießende Immunantworten zu bremsen, indem es die T-Lymphozyten beeinflusst. Genau dieses Bremsen einer überschießenden Immunantwort ist das Ziel in der Behandlung von Allergien.

Sowohl in Zellen, die aus allergischen Mäusen isoliert wurden, als auch in gentechnisch veränderten Zellen, die spezifisch Hühnereiweiß erkennen, wurde durch die Gabe des Fusionsproteins aus Flagellin und Hühnereiweiß die Aktivierung der T-Lymphozyten und damit die allergische Reaktion gebremst.

Um die vorbeugende Wirkung gegen die Eiweißallergie zu testen, injizierten die Wissenschaftler Mäusen zweimal das Fusionsprotein. Anschließend wurden die Mäuse gegen Hühnereiweiß sensibilisiert. Die nicht vorbehandelten Tiere entwickelten erwartungsgemäß eine Allergie mit starkem Abfall der Körpertemperatur, Gewichtsverlust und Durchfall. Dagegen zeigten die vorbehandelten Tiere keine Symptome – sie waren durch die „Impfung“ geschützt.

Auch erste Ansätze, das Fusionsprotein zur Behandlung einer bestehenden Allergie einzusetzen, verliefen erfolgversprechend.

Quelle: Schülke, S., et al.: J. All. Clin. Immunol. 2011, im Druck, Online-Publikation am 29. August 2011.


Dr. Bettina Hellwig