Gehe-Boykott-Verfahren vom Tisch

Auch Landesapothekerverbände sind entlastet

Berlin - 08.09.2011, 14:08 Uhr


Nicht nur bei der ABDA, auch beim Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) freut man sich, dass das Bundeskartellamt das Kartellverfahren gegen den LAV und dessen Präsidenten Fritz Becker „aus Opportunitätsgründen“ eingestellt hat. Der Verband sieht sich in seiner von Anfang an bestehenden Einschätzung bestätigt.

Im Juli 2009 hatte das Bundeskartellamt Geldbußen in Höhe von insgesamt 1,22 Millionen Euro gegen die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), den LAV, den Berliner Apotheker Verein, den Thüringer Apothekerverband sowie fünf Einzelpersonen verhängt. Ihnen wurde vorgehalten, gegen den Großhändler Gehe zum Boykott aufgerufen zu haben. Auslöser war die seinerzeitige Übernahem von DocMorris durch den Gehe-Mutterkonzern Celesio. Sämtliche Betroffenen hatten gegen die Bußgeldbescheide Einspruch eingelegt – nunmehr sind alle Verfahren eingestellt worden.  

Beim LAV ist man nicht überrascht, aber sicherlich erleichtert über die Entscheidung des Bundeskartellamtes. „ Wir waren uns vom ersten Augenblick an sicher, dass wir als Interessenvertretung der baden-württembergischen Apotheker richtig gehandelt haben und der Vorwurf des Boykottaufrufes nicht haltbar sein wird“, so LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth. Einer der damaligen Kritikpunkte sei die erste DocMorris-Apotheke in Fremdbesitz in Saarbrücken gewesen. Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass das in Deutschland geltende Fremdbesitzverbot für Apotheken zulässig ist und besagte Saarbrücker Apotheke unrechtmäßig betrieben wurde. Hofferberth: „Unserer Ansicht nach besteht für einen Berufsverband im Gesundheitswesen für den Schutz der Verbraucher und der Apotheker geradezu die Pflicht, solche Ereignisse und Entwicklungen dezidiert zu beobachten, zu bewerten und gegebenenfalls auch öffentlich zu kritisieren. Unsere Argumente und unser Handeln waren nötig und unbedingt berechtigt.“

Einen „Freispruch erster Klasse“ können die Apothekerverbände allerdings nicht für sich verbuchen. „Die Einstellung erfolgte aus Opportunitätsgründen“, hieß es aus dem Bundeskartellamt. Gänzlich von der Unschuld überzeugt ist die Behörde nicht – doch angesichts der bestehenden Gemengelage sah sie sich letztlich veranlasst, die Verfahren zu beenden. Schließlich liegen die verfahrensgegenständlichen Handlungen inzwischen über vier Jahre zurück, die Bußgeldbescheide mehr als zwei Jahre. Zudem hat sich die damals öffentlich ausgetragene Kontroverse um das Fremdbesitzverbot zwischenzeitlich beruhigt. Die Behörde verwies darauf, dass die Entscheidung des EuGH nur kurze Zeit vor Erlass der Bußgeldbescheide ergangen sei, „so dass damals die weitere Entwicklung noch nicht absehbar war“.


Kirsten Sucker-Sket


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