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Verwaltungsgericht Köln
Haut- und Händedesinfektionsmittel sind Biozid-Produkte
Haut- und Händedesinfektionsmittel sind als Biozid-Produkt einzustufen und fallen damit unter die Regelungen des Chemikaliengesetzes, so die Meinung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln. Nach Auffassung des Gerichts entspricht die bisherige Einordnung als Arzneimittel nicht den neuen, durch die 15. AMG-Novelle im Jahre 2009 eingeführten, Regelungen des Arzneimittelgesetzes.
Im vorliegenden Verfahren konnte das Gericht die Klärung der Abgrenzungsfrage eigentlich offen lassen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte das Produkt, das vor vielen Jahren als Arzneimittel zugelassen worden war, bereits als solches „nachzugelassen“ (§ 2 Abs. 4 AMG). Danach gilt ein Mittel solange als Arzneimittel, solange es als Arzneimittel zugelassen ist. Dennoch führten die Richter aus, dass das vorliegende Haut- und Händedesinfektionsmittel nicht den Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffes in der aktuellen Fassung des Arzneimittelgesetzes (AMG) entsprechen dürfte.
Die alte Gesetzeslage definierte als Arzneimittel die Stoffe und Zubereitungen, die dazu bestimmt waren, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 AMG alte Fassung). Der aus einer Richtlinie (Art. 1 Nr. 2 lit. b) RL 2001/83/EG) abgeleitete, mit der 15. AMG-Novelle eingeführte neue Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG setzt jedoch voraus, dass das Produkt in Gestalt eines Präsentationsarzneimittels als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt ist, oder als Funktionsarzneimittel im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht wird, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.
Die Annahme eines Präsentationsarzneimittels setzt voraus, dass ein Erzeugnis ausdrücklich als Arzneimittel bezeichnet oder empfohlen wird bzw. bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig der Eindruck erweckt wird, das Erzeugnis habe in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften. Bei dem vorliegenden Haut- und Händedesinfektionsmittel konnten die Richter eine solche Präsentation nicht erkennen. Das Produkt entspreche als Desinfektionspulver zur Zubereitung in den teilweise großen Gebinden schon nicht der üblichen Erscheinungsform eines Arzneimittels, so die Richter. Darüber hinaus weise das Anwendungsgebiet „auch im Seuchenfall“ nicht auf die Verhütung (konkreter) menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden hin.
Der Annahme eines Funktionsarzneimittels stand laut Gericht entgegen, dass der Vorgang der Desinfektion nicht auf die Beeinflussung physiologischer Funktionen des menschlichen Körpers gerichtet ist. Und auch an einer pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung fehle es. Letztendlich schlossen die Kölner Richter auch die Arzneimitteleigenschaft aufgrund der Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG aus: Sei bereits die Einordnung unter den Arzneimittelbegriff nicht möglich, komme die Zweifelsfallregelung nicht zur Anwendung.
Das Haut- und Händedesinfektionsmittel dürfte von seiner Produktbeschaffenheit daher als Biozid-Produkt einzuordnen sein und damit unter die Regelungen des Chemikaliengesetzes fallen. Nach dessen § 3b sind Biozid-Produkte Wirkstoffe, die dazu bestimmt sind, auf chemischen oder biologischem Wege Schadorganismen zu zerstören, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.
Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 6. Dezember 2011, Az. 7 K 5708/08
Köln - 11.01.2012, 17:12 Uhr