- DAZ.online
- News
- AOK-Chef sieht PKV vor ...
Krankenversicherung
AOK-Chef sieht PKV vor dem Ende
AOK-Chef Jürgen Graalmann hat die Politik aufgefordert, die private Krankenversicherung (PKV) in ihrer heutigen Form nicht künstlich am Leben zu erhalten. Die PKV selbst und die FDP warfen ihm einen Fehltritt vor. Die SPD sieht sich hingegen bestätigt. In Deutschland sind neun Millionen Menschen privat versichert. Zuletzt hatten viele von ihnen hohe Beitragssprünge verkraften müssen.
„Die Lage der PKV ist ganz offensichtlich bedrohlich“, sagte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands der Nachrichtenagentur dpa. „So wie es aussieht, bekommen die Versicherer diese Krise nicht selbst unter Kontrolle“. Ein einheitlicher Versicherungsmarkt sei die logische Konsequenz. Die Politik solle dabei auf einen Ausgleich für die PKV-Unternehmen verzichten. „Wenn das heutige Geschäftsmodell der PKV gescheitert ist, darf es keine politischen Kompensationsgeschäfte geben“, forderte Graalmann.
Der PKV-Verband reagierte heftig. „Wider besseres Wissen erfindet Herr Graalmann ein Horrorszenario, das durch nichts belegt ist“, sagte Direktor Volker Leienbach. „Dass der Repräsentant einer privilegierten öffentlich-rechtlichen Körperschaft wie der AOK wahrheitswidrig einen privatwirtschaftlichen Wettbewerber schlechtredet, ist eine üble Entgleisung.“
Der FDP-Gesundheitsexperte Heinz Lanfermann sagte: „Einen ganzen Wirtschaftszweig als bedroht hinzustellen, halte ich für unseriös.“ Graalmann dürfe bewusst sein, dass es die AOK heute in dieser Form nicht mehr gäbe, wenn die Politik nicht über Jahre geholfen hätte.
Der Aufsichtsratschef des AOK-Verbands und Sozialexperte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Volker Hansen, sagte der dpa: „Das ist nicht die Forderung des Aufsichtsrats des AOK-Bundesverbandes und (...) in keiner Weise mit dem Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes rückgekoppelt, geschweige denn abgestimmt.“ Die PKV sei unverzichtbar im Gesundheitswesen.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bestätigte Graalmann hingegen: „Die heutige PKV ist am Ende. Jetzt ist es Zeit für die Bürgerversicherung.“ Die Privatisierung und damit Zerschlagung der gesetzlichen Kassen als Kompensation für ein einheitliches Versicherungssystem werde es mit der SPD nicht geben. Der Linken-Experte Harald Weinberg kritisierte, ohne massive Beitragserhöhungen könne die PKV ungebremste Kostensteigerungen nicht schultern.
Zuletzt hatte der CDU-Gesundheitsexperte im Bundestag, Jens Spahn, mit der Äußerung für Aufsehen gesorgt, er halte die Trennung von PKV und GKV für nicht mehr zeitgemäß.
Berlin - 28.03.2012, 16:41 Uhr