Todesstrafe in den USA

Oklahoma geht das Gift aus

Berlin - 07.05.2012, 16:56 Uhr


Kein Pharmaunternehmen ist bereit, Arzneimittel für Hinrichtungen an US-Justizbehörden zu liefern. Oklahoma meldet als erster US-Bundesstaat, nur für eine weitere Hinrichtung ausreichend Betäubungsmittel vorrätig zu haben. Die Behörden wissen nicht, wie sie Exekutionen zukünftig durchführen sollen.

Nach dem Produktionsende für Thiopental des US-Konzerns Hospira und einem EU-Handelsembargo für langwirksame Barbiturate mussten die Vereinigten Staaten 2010 bereits Alternativen für den ersten Wirkstoff ihrer tödlichen Giftkombination finden. Oklahoma war im Dezember 2010 der erste US-Staat, der Pentobarbital als Ersatz für Thiopental zu Hinrichtungszwecken zuließ. Menschenrechtsorganisationen protestierten lautstark, da keinerlei Studien für diese „Indikation“ vorlagen. Pentobarbital wird hauptsächlich zum Einschläfern von Tieren verwendet und kommt nur in seltenen Fällen zur Behandlung von starken epileptischen Anfällen beim Menschen zum Einsatz. Dennoch änderten 15 weitere US-Bundesstaaten ebenfalls ihre strikten Hinrichtungsprotokolle und verwenden mittlerweile Pentobarbital.

Das dänische Pharmaunternehmen Lundbeck, der einzige Pentobarbital-Hersteller in den USA, sah die Entwicklung mit Besorgnis. Im Sommer 2011 sprach sich das Unternehmen erstmals offiziell gegen einen Einsatz seines Arzneimittels bei Hinrichtungen aus. Am 22. Dezember 2011 trat Lundbeck ein „Portfolio von Arzneimitteln“, darunter auch Pentobarbital, an den amerikanischen Pharmakonzern Akorn ab. In der offiziellen Begründung hieß es, Lundbeck wolle sich verstärkt auf neuere Produkte konzentrieren. Akorn Pharma wurde im Vertrag mit Lundbeck verpflichtet, die Einschränkungen für den Vertrieb in den USA aufrechtzuerhalten und das Arzneimittel weiterhin nicht an amerikanische Vollzugsbehörden zu verkaufen. Nun scheinen deren Vorräte zur Neige zu gehen.

Die Todesstrafe gilt als eines der umstrittensten Themen der amerikanischen Rechtsprechung. In 34 der 50 US-Bundesstaaten ist sie Teil der Verfassung. Die tödliche Injektion ist die häufigste Hinrichtungsmethode in den USA und wurde 1982 eingeführt. Bis zum November 2011 sind in den USA 1103 Menschen durch letale Injektion hingerichtet worden.

Die meisten US-Staaten lassen nacheinander drei verschiedene Substanzen verabreichen: Die erste Spritze enthält ein Betäubungsmittel, entweder Thiopental oder Pentobarbital, das den Todeskandidaten bewusstlos macht. Mit der zweiten Spritze wird ein atemlähmendes Muskelrelaxans verabreicht. Die dritte und letzte Spritze enthält Kaliumchlorid, welches durch Depolarisation zum Herzstillstand führt. Einige Staaten, wie z. B. Ohio, verabreichen nur die Betäubungsmittelspritze, die – überdosiert – allein tödlich ist.


Almuth Schmidt