Mediator-Skandal

Prozessbeginn in Frankreich

Berlin - 15.05.2012, 15:53 Uhr


Der Prozess um den umstrittenen Lipidsenker Mediator® hat begonnen. Das Benfluorex-haltige Arzneimittel des französischen Pharmakonzerns Servier soll für den Tod von mindestens 500 Menschen verantwortlich sein. Der Firmengründer Jacques Servier und vier ehemalige Führungskräfte stehen seit Montag vor Gericht.

In diesem ersten Strafprozess  werden die Angeklagten beschuldigt, das Medikament zur Gewinnmaximierung als Diabetes-Mittel ausgezeichnet zu haben, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Auch der Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung über die Zusammensetzung von Mediator ® steht im Raum. Den Angeklagten drohen wegen schweren Betrugs bis zu vier Jahre Haft und ein Berufsverbot. Über 350 Hinterbliebene und Geschädigte fordern bei dem Gericht in Nanterre bei Paris Schadensersatz ein. Der Prozess wird sich wahrscheinlich noch bis zum sechsten Juli hinziehen.

Es ist abzusehen, dass auf Jacques Servier ein zweites Verfahren zukommt: Darin wird er wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung angeklagt. Die näheren Ermittlungen dazu sind noch nicht abgeschlossen.

1976 kam Mediator® auf den Markt, unter anderem in Frankreich, Spanien und Italien – nie aber in Deutschland. Das Arzneimittel war zugelassen zur Behandlung von Hypertriglyceridämie und  zur Gewichtsreduktion bei Diabetes mellitus Typ-2. Aber viele Ärzte verschrieben Mediator® auch Gesunden als Schlankheitsmittel, da Benfluorex den Appetit bremst.

Aufgrund von Berichten über schwere Nebenwirkungen, vor allem über Herzklappenfehler, hob 2009 die Europäische Arzneimittelagentur die Mediator®-Zulassung auf. Das gefährliche Arzneimittel war über 30 Jahre im Handel – Anlass für das EU-Parlament, die Arzneimittelüberwachung zu verbessern. Letzte Woche beschloss der Gesundheitsausschuss Änderungen des europäischen Pharmakovigilanzsystems.


Svenja Schwob/dpa