Versandapotheken

Bundesgerichtshof verhandelt über Vitalsana

Karlsruhe - 19.07.2012, 14:06 Uhr


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute über das Geschäftsmodell der Vitalsana-Versandapotheke – einst als Schlecker-Apotheke bekannt – verhandelt. Heute Nachmittag werden die Karlsruher Richter vermutlich ihr Urteil verkünden. Möglich ist aber auch, dass sie lediglich einen Verkündungstermin festsetzen.

Schlecker ist pleite – doch die holländische Apothekentochter Vitalsana lebt auch noch ohne ihren großen Kooperationspartner. Ihr Geschäftsmodell ist umstritten und beschäftigt die Gerichte schon seit längerer Zeit. Heute morgen um 9 Uhr war nun die Verhandlung in Karlsruhe anberaumt. Doch der zuständige 1. Zivilsenat hatte im Anschluss noch mehr zu verhandeln. Daher ist noch nicht absehbar, ob und wann heute eine Entscheidung in der Sache ergeht.

In der Berufungsinstanz hatte das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) zugunsten der gegen die holländische Kapitalgesellschaft Vitalsana klagenden Wettbewerbszentrale entschieden. Es hielt unter anderem die den Kunden angebotene kostenpflichtige Telefonberatung zu Arzneimitteln für mit der Apothekenbetriebsordnung (alte Fassung) unvereinbar. Zudem vertrat das OLG die Auffassung, dass eine ausländische Versandapotheke einer deutschen Apothekenerlaubnis bedarf, wenn sie Arbeitsgänge in Deutschland ausführen lässt, die dem pharmazeutischen Bereich der Apotheke zuzurechnen sind – sei es unmittelbar oder weil sie Auswirkungen auf die Arzneimittelsicherheit oder die Volksgesundheit haben können. Auch die gemeinsame Werbung mit Schlecker hielt das Gericht für irreführend. Unangemessen sei zudem, dass für alle Rechtsstreitigkeiten laut den AGB niederländisches Recht zur Anwendung kommen sollte.

Wie von Prozessbeobachtern zu erfahren war, hat der Vorsitzende Richter während der Verhandlung in vielen Punkten durchscheinen lassen, dass er die Auffassung der Vorinstanz teilt. So etwa hinsichtlich der kostenpflichtigen Telefon-Hotline, die heute jedoch von den Vitalsana-Anwälten weiterhin verteidigt wurde. Sie sei Bestandteil der Mischkalkulation, die Vitalsana vornehme. Ohnehin halten die Vitalsana-Anwälte die Apothekenbetriebsordnung – die in ihrer neuen Fassung ausdrücklich vorschreibt, dass die telefonische Beratung durch Versandapotheken ohne zusätzliche Gebühren zu erfolgen hat – nicht für anwendbar, da es sich bei Vitalsana um eine niederländische Apotheke handelt.

Was die höchst interessante Frage betrifft, ob Vitalsana einer deutschen Betriebserlaubnis bedarf, ist denkbar, dass diese heute unbeantwortet bleibt. Offenbar hält der Senat den Antrag der Klägerin für nicht bestimmt genug. Dann hätte das OLG aber über die ebenfalls gestellten Hilfsanträge entscheiden müssen. Daher ist es möglich, dass die Sache in diesem Punkt zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen wird.


Kirsten Sucker-Sket