Chronisch lymphatische Leukämie

Blutkrebszellen starten Signalkaskade

Freiburg - 24.08.2012, 11:13 Uhr


Wissenschaftler der Universität Freiburg haben einen neuen Mechanismus entdeckt, der bewirkt, dass hilfreiche Immunzellen in bösartige Krebszellen umgewandelt werden. Bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), eine der häufigsten Blutkrebserkrankung in der westlichen Welt, tragen die Zellen den Schlüssel für die krankhaften Veränderungen in sich selbst.

Das Verständnis dieser zugrunde liegenden Mechanismen könnte neue Therapien mit geringeren Nebenwirkungen ermöglichen.

Bei einem gesunden Menschen haben B-Lymphozyten die Aufgabe, Antikörper zur Abwehr von Infektionen zu produzieren. Spezielle Rezeptormoleküle der B-Lymphozyten erkennen Krankheitserreger und schalten daraufhin die Produktion von Antikörpern ein. Bei der CLL hingegen führen ungewöhnliche Formen dieser Rezeptoren dazu, dass sich die krankhaften B-Lymphozyten unkontrolliert vermehren und dadurch die gesunden Zellen des Immunsystems verdrängen.

Bisher wurde vermutet, dass körpereigene Substanzen an diese Rezeptoren andocken und so die CLL-Lymphozyten aktivieren. Die Forscher konnten nun zeigen, dass interne Bausteine der Rezeptoren für die Entstehung von CLL verantwortlich sind. Bei B-Lymphozyten von CLL-Patienten sind die Rezeptor-Bausteine HCDR3 und FR2 so geformt, dass sie Schloss und Schlüssel des Rezeptors darstellen. Hierdurch aktivieren sich benachbarte Rezeptoren derselben Zelle gegenseitig und lösen eine Signalkaskade aus, die schließlich zur unkontrollierten Teilung der Krebszellen führt.

Als Behandlung für CLL stehen derzeit Ansätze wie eine Chemotherapie zur Verfügung, welche auf relativ unspezifische Weise die Symptome der Leukämie unterdrücken. Möglicherweise können in Zukunft vielfache Kopien des Schlüssels FR2 an die Rezeptoren andocken und verhindern, dass benachbarte Rezeptoren aneinander binden. Dies stoppt die folgenreiche Signalkaskade. Damit könnte deutlich früher als bisher und ohne größere Nebenwirkungen in den Krankheitsverlauf eingegriffen werden.

Literatur: Dühren-von Minden, M., et al.: Nature 2012, Online-Vorabveröffentlichung: doi: 10.1038/nature11309.


Dr. Bettina Hellwig