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Frühe Nutzenbewertung
Hecken zieht positive Zwischenbilanz
Vor zwanzig Monaten trat das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz in Kraft – seitdem gelten für neue Arzneimittel neue Regeln: Sie müssen sich der frühen Nutzenbewertung unterziehen. Nun hat der seit Juli amtierende unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, eine positive Zwischenbilanz gezogen.
Auch wenn man nun schon einige Monate Erfahrungen sammeln konnte – die frühe Nutzenbewertung befindet sich noch immer in einem Stadium, in dem alle Beteiligten dazulernen. Einige Fälle haben für einigen Wirbel gesorgt, weil sie im Zuge des Verfahrens vom Markt genommen (Trobalt ®) bzw. gar nicht erst eingeführt (Trajenta®) wurden.
Dennoch ist Hecken zufrieden. Vorwürfe aus der Industrie, die Bewertungen des G-BA verzögerten oder verhinderten in Deutschland die Versorgung von Patienten mit innovativen Präparaten, weist er als „haltlos“ zurück. „Die Zahlen der bisherigen Bewertungspraxis widerlegen diese Behauptung ganz eindeutig. Sinn und Zweck der frühen Nutzenbewertung ist es nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers, echte Innovationen von Scheininnovationen systematisch zu trennen und bei tatsächlichen Neuerungen dafür zu sorgen, dass anschließend eine faire und für alle Seiten vertretbare Preisbildung erfolgt“, so der G-BA-Vorsitzende.
Hecken hat keine Zweifel: Das Verfahren sei „transparent, rechtssicher und im Ablauf für alle Beteiligten berechenbar“. Die Entscheidungen erfolgten nach klaren und evidenzbasierten Kriterien. Bei der Bestimmung der – von Unternehmen oftmals kritisierten – Vergleichstherapie stehe der patientenrelevante Zusatznutzen im Mittelpunkt. Gesetzgeberischen Nachbesserungsbedarf kann Hecken daher aktuell nicht erkennen.
Bislang wurden 25 Verfahren der frühen Nutzenbewertung fristgerecht abgeschlossen. Bei 64 Prozent der Wirkstoffe (16 Präparate) erkannte der G-BA einen positiven Zusatznutzen – wenn auch in unterschiedlich starkem Ausmaß. So ließ sich der Zusatznutzen bei drei Bewertungen zwar nicht quantifizieren, war aber dennoch positiv. Immerhin bei vier Präparaten (16 Prozent) wurde er als „beträchtlich“ eingestuft. Die höchste Stufe eines „erheblichen“ Zusatznutzens erreichte allerdings noch keine Substanz. Bei drei Präparaten konnte kein patientenrelevanter Zusatznutzen festgestellt werden. Zwei davon wurden direkt einer Festbetragsgruppe zugeordnet. In sechs Verfahren befand der G-BA die seitens der Unternehmen eingereichten Nachweise für unvollständig – insbesondere mit Blick auf die zuvor bestimmte zweckmäßige Vergleichstherapie.
Mit dieser Bilanz, so Hecken, liege das deutsche Verfahren insgesamt deutlich im positiven Bereich. Es entspreche im europäischen und internationalen Vergleich den Ergebnissen von Arzneimittel-Bewertungen in Frankreich, Großbritannien, Kanada oder Australien. „Der G-BA leistet mit der Bewertung von Arzneimitteln einen unverzichtbaren Beitrag, die knappen Beitragsgelder der Solidargemeinschaft sinnvoll einzusetzen“, sagte Hecken.
Derzeit befinden sich sieben weitere Wirkstoffe im Verfahren der frühen Nutzenbewertung. Beim G-BA setzt man darauf, dass die Zusammenarbeit mit der Industrie künftig noch besser läuft. Dazu sei ein fortlaufender Erfahrungsaustausch zu spezifischen, fachlichen Fragestellungen etabliert worden, der großen Zuspruch erfahre. Auch das gesetzlich vorgesehene Beratungsangebot werde mittlerweile häufiger in Anspruch genommen als zu Beginn. Bis jetzt gab es laut G-BA 87 Anfragen für eine Beratung vor Einreichung eines Dossiers. Im Jahr 2011 waren es insgesamt 42, bis Mitte August verzeichnete der G-BA in diesem Jahr bereits 45 Beratungsanforderungen.
Spannend wird auch, wie die ersten Nutzenbewertungen im Bestandsmarkt ausgehen werden. Als erste Substanzklasse sollen sich die Gliptine dem Verfahren unterziehen.
Berlin - 03.09.2012, 11:07 Uhr