Nacht- und Notdienst

Die Probleme mit der neuen Pauschale

Berlin - 17.09.2012, 13:47 Uhr


Insgesamt 310 Millionen Euro zusätzliches Honorar sollen die Apotheker ab 2013 erhalten. Das hat die Koalition nach langem Hin und Her letzte Woche zugesagt. Das Fixhonorar wird um 25 Cent auf 8,35 Euro erhöht. Zudem soll es 120 Millionen Euro für den Nacht- und Notdienst geben.

Derzeit rauchen im Bundesgesundheitsministerium die Köpfe der Apothekenexperten, wie die politische Vorgabe der Gesundheitspolitiker von Union und FDP in die Praxis umgesetzt werden kann: In Paragraf 6 der Arzneimittelpreisverordnung ist derzeit der Nacht- und Notdienstzuschlag von 2,50 Euro als „Kann-Regelung“ geregelt. Aber nicht alle Apotheken erheben den Zuschlag. Wie und wo soll jetzt die neue Pauschale geregelt werden?  Die Politik hat entschieden, die Beamten müssen rechnen und die Details abstimmen.

Laut ABDA werden jährlich in Deutschland 730.000 Nacht- und Notdienste geleistet und dafür acht Millionen Euro Gebühren eingenommen, also weniger als ein Zehntel des in Rede stehenden Betrages. Rein rechnerisch ergibt der 120 Millionen Euro-Zuschlag auf dieser Basis eine Nacht- und Notdienstpauschale in Höhe von 164,40 Euro. Im BMG will man sich aber erst einmal selbst Klarheit über die Zahl der Nacht- und Notdienste verschaffen und eine Abgrenzung zum Spät- und Frühdienst ziehen.

Die Anzahl der Nacht- und Notdienste ist zudem keine Vorgabe des Verordnungs- oder Gesetzgebers, sondern wird von den Apothekerkammern geregelt. Sollte die neue Pauschale zu lukrativ ausfallen, könnte sich die Zahl der Dienste deutlich erhöhen, so die Sorge im BMG. Wie also lässt sich der versprochene Betrag tatsächlich auf 120 Millionen Euro begrenzen?

Einer neuen Nacht- und Notdienstpauschale in der Arzneimittelpreisverordnung müssten die Bundesländer zustimmen. Dort verfügen Union und FDP aber über keine eigene Mehrheit – ein politisches Risiko. Im BMG existiert die Sorge, dass die Bundesländer bei dieser Gelegenheit eine weitere Erhöhung des Fixhonorars auf die Tagesordnung setzen könnten, wie es einige Flächenländer in ihren Stellungnahmen gefordert hatten.

Auf dem letzten Apothekertag im Oktober 2011 in Düsseldorf hatte die ABDA die Erhöhung des Nacht- und Notdiensthonorars auf 192 Millionen Euro gefordert. Das entsprach laut ABDA einer Pauschale von 263 Euro/Notdienst. Zugesagt hat die Koalition jetzt mit den 120 Millionen Euro 62,5 Prozent dieser ABDA-Forderung.

Zusätzlich hatte die ABDA auf dem DAT 2011 137 Millionen Euro für die Herstellung von Rezepturen und nochmals 19 Millionen Euro für die Abgabe von Betäubungsmitteln gefordert, zusammen also 348 Millionen Euro Honorarerhöhung. Gemessen daran erfüllt die Koalition mit dem Gesamtbetrag von 310 Millionen Euro jetzt immerhin 89 Prozent dieser ABDA-Wünsche.

Ende März 2012 legte die ABDA nach und stockte ihre Forderung auf 624 Millionen Euro auf. Neben den bekannten Forderungen zum Nacht- und Notdienst, zur Rezeptur und zur BtM-Abgabe forderte die ABDA die Erhöhung des Fixhonorars auf 9,14 Euro. Gemessen daran erfüllt die Koalition jetzt mit den zugesagten 310 Millionen Euro knapp 50 Prozent der ABDA-Wünsche.


Lothar Klein