Notdienstpauschale

„Ein vergiftetes Geschenk“

München - 20.09.2012, 16:05 Uhr


Apothekerin Gabriele Aures macht sich Sorgen zur Umsetzung der Nacht- und Notdienstpauschale. Wie sollen die für diesen Dienst von den Gesundheitspolitikern von Union und FDP zugesagten 120 Mio. Euro in die Praxis umgesetzt werden?

Mit ihren Gedanken und Bedenken zur Umsetzung der Nacht- und Notdienstpauschale dürfte Aures nicht allein sein. Wie sie in dem Schreiben an den BAV ausführt, schätzt sie die Pauschale von 200 Euro pro Dienst als „ein vergiftetes Geschenk“ ein: Es sei nur vordergründig ein angemessener Betrag.

So gebe es noch viele Unklarheiten, die es zu klären gilt. Wörtlich schreibt sie in ihrem Brief:

„1. Bei einem Sonntags/Feiertagsdienst über 24 Stunden beträgt der Stundenlohn gerade mal 8,33 Euro brutto. Ein ungelernter Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk bekommt einen Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde – das ist inakzeptabel (siehe diesen Link).

Selbst bei Zugrundelage der bisher gültigen Notdienstzeit, in der die Kassen den "noctu-Aufschlag" bezahlen, also den zehnstündigen Zeitraum zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr, bekäme eine approbierte Kraft gerade mal 20 Euro pro Stunde.

Unklar bleibt mir auch, warum die ABDA-Berechnung auf einem achtstündigen Notdienst basiert. Selbst Apotheken, die erst ab 20.00 Uhr geschlossen haben, sind 12 Stunden dienstbereit.

2. Unklar ist, soweit ich das u. a. den Äußerungen von Herrn Michael Hennrich entnehme, ob die Noctu-Rezeptgebühr von 2,50 Euro weiterhin von den Kassen erstattet wird oder nicht. Ob bei Non-RX-Verkäufen im Notdienst ein Aufschlag erhoben wird oder nicht, liegt wohl allein im Ermessen des Diensthabenden.

Sollte diese Notdienstgebühr auf Rezepte wegfallen, so verringert sich die Pauschale mit jedem Kassenrezept - ab dem 81. Rezept ein Minusertrag.

Selbst in kleineren Apotheken werden an Feiertagen mehr als 80 Kassenrezepte vorgelegt !

3. Ich sehe die Gefahr, dass die Verantwortlichen (Politik und/oder Kassen) eine Pauschale von 200 Euro als Maximalbetrag ansehen, im Umkehrschluss im "normalen" Wochentagsdienst also nur 8 Stunden à 8,33 Euro = 66,64 Euro bezahlt werden. Rechenwege sind zuweilen verschlungen!

4. Die ABDA hat einen „Sollbetrag" von 263 Euro errechnet, auch hier sollen wir uns wieder ohne Widerstand mit einem Bruchteil zufrieden geben. Das geht aber nicht mehr!

5. Die Berechnung der Notdienstpauschale muss folgendermaßen erfolgen:

Grundlage: Stundenlohn Approbierte/r  2.- 5. Berufsjahr 79,65 Euro, Wochendienst: 8 Stunden - wenn man sich der ABDA-Rechnung von 8 Stunden Dienst anschließen will  – ergibt:  637,20 Euro pro Nacht an einem normalen Arbeitstag. In anderen Branchen ist der Nachtschichtzuschlag im Übrigen steuerfrei.

Für Samstag Nachmittag bis Sonntag früh 8.00 Uhr sowie gesondert Sonntag 8.00 Uhr bis Montag 8.00 Uhr sind entsprechende Zusatzvergütungen zu berechnen, was in anderen Branchen gang und gäbe ist. 
Feiertage: auch hier gibt es in anderen Berufen noch mal einen Zuschlag.“


DAZ.online